SteamVR Desktop Theater: Valves Heimkino für alle Spiele und Filme ausprobiert

Jan-Frederik Timm
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SteamVR Desktop Theater: Valves Heimkino für alle Spiele und Filme ausprobiert

Das steckt dahinter

Mit dem SteamVR Desktop Theater Mode werden sich auch herkömmliche Filme und Spiele auf kompatiblen VR-Brillen wie der HTC Vive wiedergeben lassen. Selbst Spiele, die nicht über Steam erworben wurden – vorausgesetzt, sie unterstützen Broadcasting in Steam.

Seit dem vergangenen Wochenende ist die Funktion für Spiele über die Beta des Steam Clients in Kombination mit der Beta des Tools SteamVR verfügbar, seit Montag gibt es die Erweiterung für Filme auf Steam. ComputerBase hat für einen ersten Test Platz genommen.

Ein Heimkino mit Lichteffekten

Platz genommen trifft es dabei gut, denn das Ambiente, in dem sich Anwender im SteamVR Desktop Theater Mode wiederfinden, ist aktuell immer ein kleiner, dunkel verkleideter Heimkinosaal mit einer kreisrunden Rückwand. Sessel gibt es in der virtuellen Welt zwar nicht, dafür angedeutete Leuchten im Boden und Dämmmaterialien an den Wänden. Der Raum ist schlicht, weil er kaum Rechenleistung kosten darf.

Für Atmosphäre sorgt allerdings in erster Linie die Beleuchtung: Auf dem metallisch glänzenden Boden schimmert ganz leicht der Inhalt der Leinwand und der gesamte Raum wird in Abhängigkeit der Helligkeit auf der Leinwand mal heller und mal dunkler dargestellt. Kommen die Controller der HTC Vive zur Navigation zum Einsatz und werden deshalb in die Welt projiziert, verhalten sie sich ebenfalls so – das gefällt.

Die Leinwand, auf der Spiele oder Filme dargestellt werden, befindet sich knapp zwei Meter vor dem Spieler, ihre Diagonale beträgt zwischen drei und vier Metern. Je nachdem, wo sich der Zuschauer genau befindet, reicht sie rechts und links aus dem Blickfeld hinaus. Ist der eigene Platz zu Hause ausreichend, können Spieler das Heimkino auch ablaufen.

Hinweis zum nachfolgenden Video: Es fängt das Ambiente gut ein, die erlebte Darstellungsqualität über die VR-Brille HTC Vive liegt aber niedriger. Schließlich wird der gezeigte Ausschnitt auf eine virtuelle Diagonale von mehreren Metern skaliert.

Der Raum kostet Rechenleistung

Wer ein Spiel im Heimkino genießen will, muss eventuell an den ansonsten genutzten Einstellungen drehen, denn die Projektion des Spiels in die virtuelle Welt kostet Rechenleistung auf GPU und CPU. In Dirt Rally sinken die FPS auf einem Core i7-4770K mit GeForce GTX 970 beispielsweise um knapp 12 Prozent, wenn das Spiel nicht nur auf dem Monitor sondern parallel im Desktop Theater Mode wiedergegeben wird.

Im Gegensatz zu VR-Spielen, in deren dreidimensionaler Grafik sich der Spieler bewegt, ist es bei Spielen im Desktop Theater Mode aber egal, wie hoch deren Bildwiederholrate ist – schließlich wird das klassisch berechnete Spiel lediglich auf die virtuelle Leinwand übernommen, der Spieler ist aber nicht Teil der Spielwelt. Wenn es stockt, stockt es eben auch auf der virtuellen Leinwand. Solange der Rechner parallel genug Leistung hat, um den virtuellen Raum selbst mit 90 FPS zu berechnen und so Bewegungen des Spielers schnell genug umzusetzen, gelingt die Immersion. Immer funktioniert das aber noch nicht.

So ließ sich Counter-Strike: Global Offensive auf dem Testsystem in Full HD bei maximalen Details und 4×MSAA ohne Probleme im Heimkino darstellen, auch beim Herumlaufen im virtuellen Raum blieb das Bild ohne spürbare Verzögerungen. Dirt Rally in hohen Einstellungen hingegen führte trotz dreistelliger FPS im Spiel selbst zu einem abgehackten Erlebnis: Bei Kopfbewegungen zuckte der Kinosaal stark.

Offensichtlich gelingt es SteamVR in diesem Spiel bisher nicht, die zur Berechnung des Raumes benötigten Ressourcen einzufordern, so dass das Spiel zwar perfekt läuft, dessen Einbindung mit 90 FPS im virtuellen Heimkino aber nicht gelingen will. Auch ein Problem mit VSync kann nicht ausgeschlossen werden. So oder so ist der VR-Heimkinosaal nicht mehr zu benutzen.

Ohne Frage eine Beta

Weil Valve selbst noch von einer „frühen Beta-Phase“ spricht, die Funktion nie im Zusammenhang mit dem Verkauf der HTC Vive beworben wurde und erste Spiele zeigen, dass es geht, lässt sich über diese und auch die weiteren Fehler allerdings noch hinwegsehen.

Probleme zeigen sich aktuell beispielsweise auch noch beim Starten von Spielen in den SteamVR Desktop Theater Modus: Manchmal sind zwei oder gar drei Startversuche nötig, bis ein Titel nicht nur auf dem Monitor sondern parallel auch in der Brille wiedergegeben wird. Manchmal gelingt es auch gar nicht: „Connecting to Game“ steht dann auf der Leinwand im Headset, obwohl das Spiel auf dem Monitor längst läuft.

In der Theorie ist es dabei ganz einfach: Anwender können global oder je klassischem Spiel festlegen, ob es bei aktiviertem SteamVR im Theater Mode starten soll. Ist der Theater Mode gewählt, startet die Anwendung wie gehabt auf dem Bildschirm, parallel wird das Spiel aber auch auf der Leinwand im Headset dargestellt. Seit letzter Nacht stehen diese Optionen im Beta-Client von Steam sogar ohne Kommandozeilen-Parameter in der Verknüpfung der EXE-Datei zur Verfügung.

Extrem unausgereift zeigt sich aktuell noch die Möglichkeit, in Steam eingebundene Filme im VR-Heimkino abzuspielen. Jede Bewegung mit dem Kopf stockt und auf dem Monitor flimmern die Filme stark. Die Synchronisation der Bildwiederholrate des Films mit der VR-Umgebung scheint hier noch überhaupt nicht zu klappen.

Und auch Abstürze sind noch an der Tagesordnung. Sei es beim Aufruf des Steam Dashboards in VR, beim Beenden eines Spiels oder der Nutzung von Alt + Tab unter Windows.

Auch der Desktop wird sichtbar

Nicht nur Spiele und Filme, auch der Desktop aus Windows lässt sich mit der neuen Funktion über einen neuen Schalter im VR-Dashboard von Steam ausgeben. Und damit potentiell alles, was auf diesem dargestellt werden kann. Offiziell kommuniziert hat Valve das noch gar nicht. Alternativen wie das zuletzt in jeder Woche um eine Woche verschobene Tool Virtual Desktop könnten damit überflüssig werden.

Der Controller wird zur Maus

Die aktuelle Auflösung der VR-Brillen macht den gezielten Umgang mit dem Desktop allerdings zur Sisyphusarbeit. Gut wiederum ist, dass die Controller der HTC Vive die Maus und die Tastatur ersetzen können. Geklickt wird mit dem Trigger, auch Fenster lassen sich so verschieben. Und Tastatureingaben lassen sich über die beiden Touchpads der Controller, wie vom Steam Controller bekannt, tätigen. Alternativ lassen sich auch Tastatur und Maus nutzen, ohne sie zu sehen, fällt das aber schwer.

Schriften sind oft unleserlich

Definitiv nicht zu gebrauchen ist die Darstellung von Schriften, so wie sie vom Monitor bekannt sind: Ob in der Taskleiste, im Browser oder in Spielen, lesbar wird es oft nur bei auf die Schrift zentrierter VR-Brille und weniger Abstand zur virtuellen Leinwand. Das Problem ist teilweise noch deutlich stärker ausgeprägt als bei klassischen Spielen mit VR-Modus, weil die Leinwand im normalen Abstand nur einen Teil der in der Brille dargestellten Pixel nutzt.

Große Leinwand vs. Auflösung

Valves SteamVR Desktop Theater Modus ist eine weitere Spielwiese für frühe Käufer einer VR-Brille oder Inhaber der Oculus Rift im Development Kit 2. Das auf den ersten Blick sehr schlichte Ambiente fängt mit den stimmigen Lichteffekten die private Atmosphäre eines kleinen Heimkinos gut ein. Ob klassische Spiele von der Darstellung auf der virtuellen Leinwand profitieren, ist allerdings erneut vor allem eins: Ansichtssache.

Der wesentliche Vorteil gegenüber der Darstellung der Spiele oder Filme auf dem Monitor ist die Größe der virtuellen Leinwand. Der zu Anfang faszinierende Effekt, in einem virtuellen Raum zu sein, tritt schnell in den Hintergrund. Ob Theater Mode oder klassische Ausgabe ist damit mit der Wahl zwischen großer virtueller Bildschirmdiagonale und Klarheit der Darstellung auf einem Monitor gleichzusetzen.

Auch der Controller wird von der Leinwand angestrahlt
Auch der Controller wird von der Leinwand angestrahlt

Es kommt damit auf den Spieler, aber auch auf den Inhalt an, ob der Griff zur VR-Brille den herkömmlichen Monitor auch abseits echter VR-Titel bereits in 1. Generation ersetzten kann. Auf große Entfernung die nächste Kurve voraus zu ahnen oder Gegner in Counter-Strike in Deckung Ausfindig zu machen, ist beispielsweisen nicht möglich.

Durch die Implementierung des Desktops von Windows macht der SteamVR Desktop Theater Modus potentiell den Blick auf den Monitor komplett überflüssig. Aufgrund der extrem schlechten Darstellung der Schrift unter Windows ist das derzeit aber nur als Notlösung zu verstehen.

Beta derzeit wieder nicht verfügbar

Weitere Tests waren der Redaktion vorerst nicht möglich. Das letzte Update des Steam Client brachte die Option für den SteamVR Desktop Theater Modus zwar ohne Kommandozeilen-Parameter als globale Option und Option in Spielen, funktionieren tut sie vorerst aber nicht mehr.

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