Landesverrat-Ermittlungen: Rechtsausschuss will Verfahren aufklären

Andreas Frischholz
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Landesverrat-Ermittlungen: Rechtsausschuss will Verfahren aufklären
Bild: Markus Winkler | CC BY 2.0

Die Landesverrat-Ermittlungen gegen Netzpolitik.org wurden zwar mittlerweile eingestellt, doch politisch ist der Fall noch nicht abgehakt. Nun hat sich auch der Rechtsausschuss des Bundestags im Rahmen einer Sondersitzung mit dem Verfahren befasst.

Bei dieser Sitzung ging es in erster Linie um den Streit zwischen Justizminister Heiko Maas und dem ehemaligen Generalbundesanwalt Harald Range, der infolge des Skandals seinen Hut nehmen musste. Im Kern geht es dabei um das Gutachten, das Range bei einem externen Sachverständigen in Auftrag gegeben hatte. Dieser sollte klären, ob es sich bei den von Netzpolitik.org veröffentlichten Verfassungsschutz-Dokumenten tatsächlich um Staatsgeheimnisse gehandelt hat, die eine Anklage wegen Landesverrat rechtfertigen.

Der Vorwurf von Range lautet nun: Nachdem Ende Juli bekannt wurde, dass die Generalbundesanwaltschaft wegen Landesverrat ermittelt, habe das Justizministerium Druck ausgeübt. Der Auftrag für das externe Gutachten sollte zurückgezogen werden, ansonsten müsse der Generalbundesanwalt seinen Hut nehmen – für Range ein politischer Eingriff, der die Unabhängigkeit der Justiz untergräbt.

Doch gegen diese Darstellung wehren sich sowohl Maas als auch die zuständige Staatssekretärin. Demnach habe sich das Justizministerium zusammen mit der Generalbundesanwaltschaft drauf verständigt, dass externe Gutachten zu stoppen, weil die Fertigstellung zu viel Zeit in Anspruch genommen hätte. Darüber hinaus sei Ranges Versetzung in den Ruhestand keine Konsequenz aus dem Ermittlungsverfahren selbst gewesen. Dieser Schritt sei vielmehr eine Folge von der Pressekonferenz, in der Range dem Ministerium einen „unerträglichen Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz“ vorgeworfen hatte. Damit sei keine vertrauensvolle Zusammenarbeit mehr möglich gewesen, so Maas.

Bereits vor der Sondersitzung im Rechtsausschuss hatten zahlreiche Juristen die Haltung von Range kritisiert. Denn bei diesem handele es sich letztlich nicht um einen klassischen Richter, sondern einen politischen Beamten, der an die Weisungen des Justizministeriums gebunden ist. Allerdings wird auch Maas vorgeworfen, dass er erst eingegriffen hat, als das Ermittlungsverfahren publik wurde – und nicht bereits in den Wochen zuvor.

Innenministerium und Verfassungsschutz stellen sich stumm

Derweil steht immer noch die Frage im Raum, inwieweit das Bundesinnenministerium in die vom Verfassungsschutz gestellte Anzeige involviert war. Dass Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen nicht selbst an der Sitzung teilnahmen, sondern lediglich Vertreter schickten, wurde vor allem von der Opposition kritisiert. Denn nach wie vor ist unklar, inwieweit im Innenministerium bekannt war, dass Ermittlungen sich nicht nur gegen Unbekannt richten, sondern auch auf Journalisten abzielen sollten. Ebenso umstritten ist die Rolle von Maaßen, der das Chaos mit seiner Anzeige erst ausgelöst hat.

Abgehandelt ist das Thema noch nicht. Nach der parlamentarischen Sommerpause will sich der Rechtsausschuss erneut damit befassen. Derweil hat die Generalbundesanwaltschaft das Verfahren an die Staatsanwaltschaft Berlin abgegeben. Denn bislang wurden nur die Ermittlungen gegen die Netzpolitik.org-Journalisten eingestellt – nach dem Whistleblower fahnden die Behörden immer noch.