Infineon präsentiert Lötverfahren für Chips

Thomas Hübner
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Infineon Technologies hat einen Weg aus der drohenden Verdrahtungskrise der Halbleiterindustrie gefunden. Forschern des Münchener Unternehmens ist es nun gelungen, zwei unterschiedliche Chips - einen Logik-Chip und ein Speichermodul - gleich einem Sandwich zu einem Chipsystem zusammenzulöten.

Da die Leiterbahnen zur Verbindung der beiden Chips bei dieser Technologie im Chip-Inneren liegen und auf ein Minimum gekürzt sind, erfolgt die Datenübertragung zwischen den einzelnen Bausteinen entsprechend schneller. Das neue Verfahren mit dem Namen SOLID erlaubt eine weitere Miniaturisierung elektronischer Bauelemente und Geräte, eine wesentliche Steigerung der Komplexität von Chips auf kleinerer Fläche und für bestehende Produkte Preissenkungen von bis zu 30 Prozent.

Bei allen Halbleiter-basierten Applikationen, wie zum Beispiel Mobiltelefonen, tauschen verschiedene Chips elektronische Signale aus. Je länger die Leitungen zwischen den nebeneinander (planar) angeordneten Chips sind, desto mehr Zeit benötigt ein elektronisches Signal, diese Strecke zu überwinden, und desto langsamer ist entsprechend die Schaltung. Und die Anzahl der möglichen Leitungen bei planaren Verfahren ist auf engstem Raum stark begrenzt. Diese „Verdrahtungskrise“ führt dazu, dass sich Anwendungen, die hohe Frequenzen erfordern - wie zum Beispiel die Kommunikationstechnik - sich mit heutigen Taktraten nur schwer und damit sehr teuer realisieren lassen. Bei der SOLID-Technologie sind die Leitungen zwischen den Kontakten erheblich kürzer, da die Verbindungen nicht außen herum von einem Chip zum anderen gelegt werden, sondern eingeätzte Binnenkontakte die Signale direkt zwischen den einzelnen Segmenten eines Chips fließen lassen. Ein SOLID-Produkt kann bei der Inter-Chip-Kommunikation Taktraten von bis zu 200 GHz und mehr erreichen. Im Unterschied zu heutigen Chip-Systemen können hundertmal so viele Verbindungen auf gleicher Fläche untergebracht werden. Somit bietet sich auch Herstellern von elektronischen Geräten die Möglichkeit, kleinere Platinen einzusetzen und so neue und günstigere Produkte zu entwickeln. Schon bald werden Systeme entstehen, die komplexe Aufgaben sehr viel schneller auf weniger Raum bewältigen.

Der Name SOLID ist dem angewandten Lötverfahren, dem Diffusionslöten (englisch: solid-liquid interdiffusion), entlehnt. Vor dem Verlöten werden die Ober- und die Unterseite des `Sandwich‘-Chips mit einer hauchdünnen Kupferschicht überzogen. Das Lötzinn wird mit einer Stärke von nur 3 µm aufgebracht. Bei etwa 270°C und 3 bar Druck werden die beiden Chips dann zusammengelötet und haften dauerhaft aneinander. Die Chips werden dabei nicht höher als „normale“ Chips, da flache („gedünnte“) Siliziumscheiben als Grundlage dienen. Das „Chip-Sandwich“ erhält die gleiche Umhüllung für Halbleiterkomponenten aus Verbund- und Kunststoff wie normale Chip-Systeme - damit lassen sich fünfzig Prozent des Materials und der Kosten für Gehäuse einsparen.

Klingt alles schön und gut, jetzt muss die neue Technik nur noch in der Praxis eingesetzt werden. Laut Infineon wird im nächsten Jahr die Produktion eines Chipkarten-Controllers beginnen, der mit dieser Verdrahtungstechnik hergestellt werden wird. Übrigens, ein im SOLID-Verfahren hergestellter Chip beansprucht bis zu 50 Prozent weniger Platz als herkömmliche, nebeneinander angeordnete Produkte mit der gleichen Funktionalität.