UT 2003 und C&C Generals indiziert

Update 2 Joachim Schäfer
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Am nächsten Freitag, dem 28. Februar werden die beiden Onlinespiele Unreal Tournament 2003 und Command and Conquer Generals aufgrund ihrer Handlung und Darstellung indiziert. Die Gründe für die Indizierung von UT 2003 durch die BPjM scheinen klar zu sein.

Das Szenario, mit Raketenwerfern, Maschinenpistolen und Säure auf andere Lebewesen zu schießen, welche dann auch noch in realer Physik dahinscheiden, ist ein eindeutiger Indizierungsgrund. Dass das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend es erst jetzt indiziert ist jedoch merkwürdig.

Zusammen mit UT 2003 wird zudem auch noch das neue Echtzeitstrategiespiel aus dem Hause Westwood indiziert, da das darin aufgegriffende Thema nicht gerade unumstritten ist. Bei diesem Spiel handelt es sich jedoch nur um eine vorläufige Indizierung. Das Gremium des zuständigen Ministerium will Anfang März darüber entscheiden, ob es bei einer Indizierung bleibt.

C&C Generals verletzt "den ethischen Minimalkonsens, der in Deutschland herrsche", so die Vorsitzende. Da es außerdem gewalt- und kriegsverherrlichend ist, besitzt es schon hohes jugendgefährdendes Potential. Andere C&C Versionen fehlte der Realitätsbezug und wurden deshalb nicht indiziert.

Die vorläufige Listenaufnahme von »Command & Conquer Generals« ist anzuordnen. Die Frist zur Entscheidung über die endgültige Listenaufnahme wird gemäß Paragraph 15 III S. 2 GjS um einen Monat verlängert, weil der frühestmögliche Termin zur mündlichen Verhandlung des Zwölfergremiums der 03.04.2003 ist. [...]

Die Voraussetzungen des Paragraph 1 Abs. 1 GjS finden auf »Command & Conquer Generals« zweifelsfrei Anwendung. »Command & Conquer Generals« ist geeignet, Kinder und Jugendliche sittlich zu gefährden, da es Krieg verherrlicht und verharmlost. [...]

Eine jugendgefährdende Kriegsverherrlichung ist gegeben, wenn Krieg als reizvoll dargestellt oder als Möglichkeit beschrieben wird, zu Anerkennung und Ruhm zu gelangen. Allein Kriegshandlungen zum Spielinhalt zu machen reicht jedoch für die Bejahung von jugendgefährdender Kriegsverherrlichung nicht aus. [...]

Bei überwiegend symbolhaften, abstrakten, nur auf die technische/strategische Seite des Konfliktes bezogenen Spielinhalten kann daher grundsätzlich ein geringes Gefährdungspotential vermutet werden. Je realer das politische Konfliktmuster, je »personifizierbarer« die Akteure der Gegenseite, desto eher ist eine starke Identifikationsmöglichkeit des Spielers und damit ein erhöhtes Gefährdungspotential gegenüber Minderjährigen gegeben. [...]

»Command & Conquer Generals« hat neben dem Realismus, der ein großes Gefährdungspotential gegenüber Kindern und Jugendliche innehat, auch ein hohes Maß an allgemein kriegsverherrlichenden Elementen: »Generals« ästhetisiert militärische Gewalt. [...]

Die Spiel-Missionen von »Command & Conquer Generals« haben nicht nur militärisch-strategische Auseinandersetzungen zum Inhalt, sondern fordern den Spieler mitunter auch zum Krieg gegen die wehrlose Zivilbevölkerung auf: in einer Mission der GLA muss der Spieler UN-Hilfsgüter stehlen. [...]

An dieser Stelle fordert das Spiel dazu auf, die Zivilisten zu töten und ihre Häuser zu zerstören, um an die von ihnen bereits eingesammelten Hilfsgüter zu gelangen. Darin liegt eine besonders menschenverachtende Gesinnung, die umso schwerer wiegt, da die Mission ebenso lösbar ist, wenn der Spieler die Zivilbevölkerung nicht ermordet. Nichtsdestotrotz wird der Spieler wiederholt angewiesen, die fliehenden Zivilisten zu töten, wobei der einzige Vorteil gegenüber dem einfachen Diebstahl eine gewisse Zeitersparnis ist. [...]

Dem Langzeitspieler von »Command & Conquer Generals«, der Mehrspieler-Partien im Internet bestreitet oder sich in Spielervereinen, so genannten »Clans«, organisiert, geht es sicherlich nicht darum, etwaige Genozid-Fantasien im Spiel zu verwirklichen. Als Langzeitmotivation dient wohl eher die strategische Herausforderung. [...]

Zusammenfassend hat das Gremium der Bundesprüfstelle festgestellt, dass das glorifizierende Darstellen von realitätsbezogenen, grausamen Kriegsszenarien, insbesondere mit spielerischem Einsatz von Massenvernichtungswaffen und einer besonders menschenverachtenden Haltung gegenüber Nicht-Kombattanten, ein hinreichendes Indiz für eine verrohende Wirkung ist, die von diesen Spielen ausgeht. [...]

Ebenso läuft der Inhalt des Spiels einem weiteren im Grundgesetz verankerten Konsens entgegen: der Erziehung zur Friedensbereitschaft. »Generals« fördert stattdessen Kriegsbereitschaft in höchstem Maß und ist aus diesem Grund als jugendgefährdend einzustufen. Das Maß der Jugendgefährdung von »Command & Conquer Generals« ist somit im oberen Bereich der Skala anzusiedeln. Daher ist das 3er-Gremium zu der Überzeugung gelangt, dem Jugendschutz den Vorrang vor dem Kunstschutz einzuräumen. [...]

Teile der BPjM Begründung

Über die Endgültigkeit der Indizierung will das Gremium am 6. März 2003 entscheiden. Eine Stellungnahme von Seiten der Hersteller ist noch nicht bekannt.

Update

Laut GameStar war Electronic Arts nach eigenen Angaben von dem Indizierungsantrag völlig überrascht. Marketingleiter Frank Hermann betont, dass es in keinem anderen Land solch harte Regeln für Computerspiele gibt und das Deutschland das einige Land sei, wo es Probleme gibt. Die Vorsitzende der Bundesprüfstelle, Frau Elke Monssen-Engberding, erklärte inzwischen, dass der starke Bezug zur Realität, sowie der Einsatz von Massenvernichtungswaffen gegen Zivilbevölkerung, zur Indizierung geführt habe.

Update

Jetzt hat auch sich EA mit einer Erklärung auf den Indizierungsantrag zu Wort gemeldet. Der Geschäftsführer von Electronic Arts Deutschland, Dr. Jens Uwe Intat, verlas gestern folgendes:

Wir sind äußerst verwundert und auch betroffen über diesen beispiellosen Vorgang, da die Verlautbarungen des Familienministeriums in Person von Ministerin Schmidt zum Teil falsch und unsachlich sind. Es ist nicht akzeptabel, dass die Vielzahl von Spielerinnen und Spielern durch unüberlegte Pauschalurteile von Personen, die keinerlei Verständnis für neuere Medien haben, in Verruf gebracht werden. Wir wissen, dass die BPjS hier unter hohem politischen Druck steht, vertrauen aber ganz auf den Sachverstand und Objektivität des Gremiums und ihrer Vorsitzenden, die den Vorgang bald endgültig prüfen werden.

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