Gehört die Zukunft der Smartcard?

Thomas Hübner
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Gleiche Größe, ähnliche Materialeigenschaften: Rein äußerlich haben sich die Plastikkarten in den vergangenen 25 Jahren kaum verändert. Ihre Anwendungsmöglichkeiten hingegen sind fast explodiert. Smartcards von heute eröffnen Möglichkeiten, die in den Anfangsjahren der Chipkarten-Technologie undenkbar erschienen.

Stunde für Stunde betreten mehr als 150.000 Menschen die Londoner U-Bahn. 18 Millionen Passagiere machen mehr als eine Milliarde Fahrten pro Jahr. Wie überall auf der Welt bilden sich lange Schlangen an den Fahrkartenautomaten. Und im hektischen Berufsverkehr entstehen minutenlange Wartezeiten vor Drehkreuzen und anderen Zutrittsmöglichkeiten, an denen die Tickets in einen Schlitz eingeführt werden müssen.

Die Benutzung der Bahnen und Busse im Großraum London wird in Zukunft schneller, einfacher und bequemer werden. Denn den klassischen Fahrausweis wird es bald nicht mehr geben. Stattdessen erhalten die Passagiere intelligente Chipkarten, die in einem Abstand von bis zu zehn Zentimeter zum Lesegerät Drehkreuze und Türen berührungslos öffnen. Die Umrüstung basiert auf der sogenannten Philips Mifare Technologie, welche Radiofrequenzen zur Datenübertragung nutzt und über hohe Sicherheitsstandards verfügt. Auch die Niederlanden haben sich für die Mifare Technologie entschieden und möchten diese bis 2007 in ihr öffentliches Verkehrsnetz intergrieren.

Vor 25 Jahren, als alles begann, testete man ausschließlich Anwendungen im Bankenbereich. Es folgte die vorausbezahlte Telefonkarte für öffentliche Kartentelefone. 1985 wurde schließlich die erste Prozessorchipkarte vorgestellt. Die erste wirkliche Massenanwendung von Smartcards in Deutschland waren 1991 die so genannten SIM Cards in den Mobiltelefonen der Telekom. Der entscheidende Durchbruch für die Smartcard erfolgte zwei Jahre später mit der erfolgreichen Einführung der elektronischen Krankenversicherungskarte. Dieses Projekt zeigte erstmals, wie vielfältig die Einsatzmöglichkeiten der Smartcard sein können und welche Vorteile sie bietet.

Seitdem haben Smartcards immer weitere Anwendungsbereiche erschlossen und sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken - in Form von Geldkarten, Telefonkarten, Krankenversicherungskarten und Stammkundenkarten, aber auch als Karten zur Berechtigungs- und Zutrittskontrolle. Weitere Massenanwendungen zeichnen sich ab, etwa bei der Erfassung von Autobahngebühren. Darüber hinaus hat die Smartcard in den nächsten Jahren eine Schlüsselfunktion an allen Schnittstellen der digitalen Kommunikation - als Netzwerkzugang und zur Identifikation, für die Datenverschlüsselung und als elektronische Signatur. Je enger die Vernetzung der Systeme und Geräte im virtuellen Raum, desto wichtiger werden die Sicherheitsaspekte. Das gilt auch und gerade für alle Bezahlfunktionen.

Derweil ist man bei Dual-Interface-Karten angelangt, die auf kontaktbehafteter und kontaktloser Chiptechnologie basieren. Dabei können Applikationen sowohl über die kontaktlose als auch über die kontaktbehaftete Schnittstelle mit den Lesegeräten kommunizieren. Ein Beispiel dafür ist die City-Card, die in Moskau getestet wird und ebenfalls die Technologie von Philips nutzt. Ihre Anwendungsbreite reicht von elektronischen Tickets im öffentlichen Nahverkehr, e-Government-Anwendungen bis zu Bezahlfunktionen im Einzelhandel. Kritik äußern an dieser Entwicklung derweil die Datenschützer, die in dem anfallenden Wust an Informationen eine Gefahr für die Rechte einzelner Personen sehen.