Siliziumcarbid: Lüfterlos in neue Taktregionen

Parwez Farsan
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Forschern der Toyota Central R&D Laboratories in Aichi, Japan, ist unter Leitung von Daisuke Nakamura ein Durchbruch bei der Herstellung von Wafern aus Siliziumcarbid (SiC) gelungen. Die neue Methode hat den Vorteil, Wafer mit einer sehr geringen Anzahl von Verunreinigungen in der Kristallstruktur hervorzubringen.

Siliziumcarbid, auch Carborund genannt, ist eine Verbindung aus gleichen Stoffmengen Silizium und Kohlenstoff und ist ebenso wie reines Silizium ein Halbleiter. Es zeichnet sich außerdem durch sehr gute Temperaturwechselbeständigkeit und sehr hohe Wärmeleitfähigkeit sowie extreme Härte, chemische Widerstandsfähigkeit, sehr gute mechanische Eigenschaften und hohe Verschleißfestigkeit selbst bei hohen Temperaturen aus. Die Eigenschaften des Materials ergeben sich dabei aus der diamantartigen Struktur. Die Härte des Materials und der mit 2700 Grad Celsius (Silizium: 1414 Grad Celsius) sehr hohe Schmelzpunkt sind aber auch dafür verantwortlich, dass SiC in der Elektronik bisher - abgesehen von einigen Blaulicht- und Laserdioden - kaum in Massenprodukten zum Einsatz kam, da es sehr schwer zu verarbeiten ist.

So kann beispielsweise das bei Silizium zur Herstellung hochreiner Wafer verwendete Zonenschmelzverfahren bei SiC aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften nicht zum Einsatz kommen. Beim neuen Verfahren der japanischen Forscher entstehen die einzelnen SiC-Schichten eines Wafers nun in mehreren Schritten aus einem Hochtemperatur-Gas, das nur auf hochreinen Oberflächen kristallisiert. Die Fehlerrate soll dadurch im Vergleich zu anderen Verfahren zwei bis drei mal niedriger sein. Die Größe der Wafer beträgt momentan nur 75 mm, so dass bis zum erreichen der heutigen Größe von Silizium-Wafern (300 mm) noch einiges an Forschungsarbeit geleistet werden muss.

Verglichen mit Silizium verträgt Siliziumcarbid viel stärkere elektrische Felder und weitaus höhere Temperaturen. Steuerelemente und andere Chips könnten in Zukunft aus viel dünneren Halbleitern bestehen, wodurch sich beispielsweise die Verlustleistung einer Motorsteuerung um 60 Prozent senken ließe. Aber auch mit Elektronik versehene Haushaltsgeräte würden so weniger Strom verbrauchen. Chips auf SiC-Basis ließen sich darüber hinaus auch weitaus höher takten und würden dabei sogar ohne Kühlung auskommen. Speziell in der Luft- und Raumfahrtindustrie würden die Gewichtsersparnis und die Robustheit der Chips große Vorteile mit sich bringen.

Steuerelemente für Jet-Turbinen und andere großen Belastungen ausgesetzte Elektronik ließen sich so ohne Probleme und gewichtssparend produzieren, da weder Kühlung noch umfangreiche Schutzvorrichtungen für die Elektronik benötigt würden. Im Bereich Consumer Electronics wären kleine, leistungsfähige und zugleich sehr unempfindliche Geräte möglich, die auch einen Trip ins Gelände schadlos überstehen. Nicht zuletzt könnten die Prozessor-Hersteller die Limits im Rennen um immer mehr Leistung noch ein Stück nach oben verschieben und damit das Herz so manchen Kunden höher schlagen lassen.

Bis zur Marktreife erster Produkte werden laut Masato Kimura, dem Pressesprecher des Forschungslabors, jedoch noch mindestens sechs Jahre vergehen, so dass sich die Halbleiterindustrie wohl vorerst mit der Optimierung der vorhandenen Technik begnügen muss.