Neue „Cybermafia“ blüht und gedeiht online

Sasan Abdi
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Eine vom Antiviren-Hersteller McAfee in Auftrag gegebene europaweite Studie zur Feststellung der Online-Kriminalität fördert Größenordnungen ungekannten Ausmaßes zu Tage. Noch nie wurde eine so umfangreiche Studie zum Thema „Cyber-Kriminalität“ in Auftrag gegeben - umso erschreckender und schlimmer als erwartet fällt alsdann das Ergebnis aus.

Die ausgemachten Aktivitäten umfassen eine Vielzahl von Straftaten, als da wären klassische Verbrechen wie Erpressung und Schutzgelderpressung, Betrug und Diebstahl ebenso wie neue, auf das Internet beschränkte Machenschaften globalen Ausmaßes. Die Studie wurde durch den unabhängigen Schweizer Internet-Sicherheits-Experten und Computerkriminologen Dr. Peter Troxler (Researcher des ETA Zürich, Eidgenössisches Technologie-Institut der Schweiz) mit Unterstützung führender europäischer Behörden zur Bekämpfung von Hightechverbrechen in Großbritannien, Frankreich und Deutschland sowie den Niederlanden, Spanien und Italien durchgeführt.

Die Untersuchung zeigt eine deutliche Weiterentwicklung der Internetkriminalität. Dabei geht der Weg weg vom isolierten Computerhacker, der von seinem Schlafzimmer aus Angriffe auf einzelne Rechner unternimmt, hin zu einer organisierten „Cybermafia“, die umfangreiche, unsichtbare Netzwerke mobilisiert, um im globalen Ausmaß Verbrechen zu begehen. In Russland zählte das Innenministerium im Jahr 2003 über 7.000 Fälle von Internetkriminalität, fast doppelt so viele wie 2002 (3.782). Im Jahr 2004 stieg diese Zahl dramatisch an und lag bereits im ersten Halbjahr bei 4.995 gemeldeten Straftaten.

Der Bericht zeigt außerdem, wie das Gesicht traditioneller krimineller „Schwergewichte“ der „Heimarbeit“ Platz macht, bei der Kinder zur Durchführung von Onlineangriffen eingespannt werden. Das organisierte Verbrechen hat sich mit großer Geschwindigkeit an die neue, technologisierte Welt angepasst. Körperliche Gewalt wurde gegen hoch entwickelte, unsichtbare Waffen wie Bot-Netzwerke eingetauscht. Bot-Netzwerke bestehen aus 20-30.000 illegal vernetzten Rechnern. Diese Roboternetzwerke werden für Angriffe auf Unternehmen und zu deren Erpressung genutzt.

Neben den Bot-Netzwerken gilt es, die weiteren Rubriken der Internetkriminalität zu bennen. Das „IT-Söldnertum“ beispielsweise bezeichnet den Vorgang der gezielten Einstellung von Hackern, Virenentwicklern und sogenannten „Script Kiddies“ um bösartigen Code für Phishing-, Kreditkarten- und Erpressungsmaschen zu schreiben. Ferner muss in diesem Zusammenhang der Online-Aktienbetrug genannt werden, wobei Angehörige des organisierten Verbrechens billig Aktien eines Unternehmens aufkaufen, über das Internet falsche Geschäftsinformationen verbreiten, um den Kurs nach oben zu treiben (Pumping), um dann die Aktien zu diesem überhöhten Preis (Dumping) wieder zu verkaufen.

Die Häufigkeit der Straftaten und die Verbreitung waren bis dato noch unbekannt gewesen. Troxlers Ergebnis überrascht, weil niemand zuvor so detailliert in ganz Europa Erhebungen zu diesem Thema vorgenommen hatte, um diese dann zu einem Gesamtbild zu verschmelzen. Die Studie wurde zwischen Juli und Dezember 2004 durchgeführt. Sie umfasst Großbritannien, die Niederlande, Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland. Troxler interviewte die wichtigsten Strafverfolgungsbehörden in jedem dieser Länder und ergänzte diese Informationen durch eigene Online- und Offlinerecherchen.