Novell präsentiert OpenGL-Linux-Desktop

Update Steffen Weber
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Auf einer Konferenz in Paris hat Novell vergangene Woche erste Ergebnisse der Arbeit an einem hardwarebeschleunigten Linux-Desktop präsentiert. Was Apples Mac OS X schon kann und Microsoft mit Windows Vista plant einzuführen, könnte sehr bald auch Einzug in Linux-Distributionen halten.

Im Herbst des vergangenen Jahres hat Novell Entwickler angeheuert, um den lange herbeigesehnten hardwarebeschleunigten Linux-Desktop Realität werden zu lassen. Vorarbeit wurde über die vergangenen Jahre immer wieder von verschiedenen Projekten geleistet, jedoch haben die Endanwender davon bisher nicht viel zu spüren bekommen. Da Novell die Entwicklung zunächst hinter verschlossenen Türen vorantrieb, musste sich die 1983 gegründete Firma im Dezember heftige Kritik – unter anderem von KDE-Entwickler Aaron Seigo – gefallen lassen, veröffentlichte darauf hin jedoch im Januar die Ergebnisse der Arbeit.

Auf der „Solutions Linux“-Konferenz wurde im Rahmen einer Präsentation ein OpenGL-beschleunigter GNOME-Desktop gezeigt. Anwesende Zuschauer haben Videos ins Internet gestellt, die vielversprechende Effekte zeigen. Neben dem Aha-Effekt können diverse Effekte auch die Usability verbessern, wie Apple es mit Mac OS X vorgemacht hat.

XGL – Wobbelnde Fenster
XGL – Wobbelnde Fenster

Auf den qualitativ leider nicht sonderlich hochwertigen Videos ist unter anderem zu sehen, wie Fenster während des Verschiebens auf dem Desktop – auch wenn darin gerade ein Video abgespielt wird – Elastizität suggerieren. Das Hin- und Herschalten zwischen den Linux-Anwendern bekannten virtuellen Desktops wird anhand eines 3D-Würfels in Szene gesetzt. Ein Exposé-ähnliches Umschalten zwischen laufenden Anwendungen ist ebenso implementiert wie ein Zoom-Effekt.

XGL – Videowiedergabe
XGL – Videowiedergabe
XGL – Expose
XGL – Expose
XGL – Umschalten zwischen virtuellen Desktops
XGL – Umschalten zwischen virtuellen Desktops
XGL – Zoom
XGL – Zoom

Der von Novell entwickelte Programmcode wird aller Voraussicht nach in eine der nächsten Versionen des X.Org-Server einfließen. Höchstwahrscheinlich wird für die überwiegende Anzahl der Anwender mit ATi- und nVidia-Grafikkarten die Aktivierung der OpenGL-Beschleunigung nur bei Verwendung der nicht quelloffenen Herstellertreiber möglich sein. Denn die quelloffen verfügbaren Treiber für diese Grafikkarten unterstützen die Hardware-Beschleunigung oftmals nicht oder nur unzureichend. Das liegt wiederum nicht zuletzt daran, dass ATi und nVidia aus Angst vor neugierigen Blicken der Konkurrenz die notwendigen Spezifikationen geheim halten. Es gibt daher Befürchtungen, dass moderne Linux-Desktops zukünftig mit den Grafikkarten-Treibern zwangsweise auf einer unfreien Komponente aufbauen.

Es bleibt abzuwarten, ob die Verfügbarkeit eines OpenGL-beschleunigten Desktops und der damit einhergehend wachsenden Druck auf die Grafikkartenhersteller etwas an dieser Situation ändern werden. Die vier in der Summe knapp 15 Megabyte großen Videos stehen bei Linux Edge zum Download bereit. Wer nur limitierte Bandbreite zur Verfügung hat sollte auf Video 1 verzichten und weiter hinten einsteigen.

Update

Hochauflösendere Videos stehen direkt bei Novell zum Download bereit!