IBM: Mit Baumstrukturen gegen Hitzeprobleme

Thomas Hübner
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Auf dem BroadGroup Power und Cooling Summit 2006 haben Forscher von IBM einen neuen, innovativen Ansatz zur Verbesserung der Kühlung von Computerchips vorgestellt. Das neue Verfahren, genannt „High Thermal Conductivity Interface Technology“, erlaubt eine zweifache Verbesserung in Wärmeabfuhr gegenüber derzeit gängigen Verfahren.

Die Forscher haben jetzt einen Heat-Spreader mit einem Netz von baumähnlich verzweigten Kanälen auf ihrer Oberfläche entwickelt. Das Muster wurde so entwickelt, dass im Falle einer Druckausübung die Wärmeleitpaste und der Druck über den Chip hinweg gleichmäßiger verteilt wird (siehe Grafik). Dies ermöglicht bei zweifach geringerem Druck einen zehnfach besserem Hitzetransport über die Schnittstelle zwischen Chip und dem Heat-Spreader, der den Chip schützt und die Wärme auf einer größeren Fläche verteilen soll, so dass normale Prozessorkühler eingesetzt werden können.

High Thermal Conductivity Interface Technology (Schaubild)
High Thermal Conductivity Interface Technology (Schaubild)

Dieses Design für Chipkühlung stammt aus der Biologie. Systeme hierarchischer Kanäle finden sich vielfach in der Natur, beispielsweise bei Blättern, Wurzeln oder im menschlichen Kreislauf. Diese bedienen sehr große Volumen mit geringer Energie, was für alle Organismen, die größer als einige Millimeter sind, äußerst bedeutsam ist. Altertümliche Wasserverteilsysteme hatten einen ähnlichen Ansatz. Der vorgestellte Prototyp (siehe Bild) ist Teil einer großen Anstrengung innerhalb der Forschungs- und Entwicklungsorganisation von IBM, um die Kühlleistung der nächsten und künftiger Generationen von Computersystemen zu verbessern.

ImaHigh Thermal Conductivity Interface Technology (HCTI) - Besondere Oberfläche der Heat-Spreader-Rückseite (Detailaufnahme)
ImaHigh Thermal Conductivity Interface Technology (HCTI) - Besondere Oberfläche der Heat-Spreader-Rückseite (Detailaufnahme)

Mit Blick jenseits der Grenzen von luftgekühlten Systemen haben die Züricher Forscher vor, ihr Konzept eines verzweigten Kanaldesigns weiter zu entwickeln. Dabei geht es um einen neuartigen Ansatz für Wasserkühlung. Unter dem Namen „Direct Jet Impingement“ wird dabei Wasser auf die Rückseite eines Chips verteilt und wieder abgesaugt in einem komplett geschlossenen System, das aus einer Aufstellung von bis zu 50.000 winzigen Ausbringungspunkten und einer komplexen baumartigen Rückführungsarchitektur besteht.

Direct Jet Impingement (JAC) - Wasser umfließt den Chip direkt über feine Kanäle
Direct Jet Impingement (JAC) - Wasser umfließt den Chip direkt über feine Kanäle

Durch die Entwicklung eines komplett geschlossenen Systems gibt es kein Risiko, dass Kühlflüssigkeit mit der Elektronik auf dem Chip in Berührung kommt. Darüberhinaus war das Team von IBM in der Lage, die Kühleigenschaften des Systems zu verbessern, indem Wege gefunden wurden, die Strukturen direkt auf der Rückseite des Chips aufzubringen und dadurch die Widerstand erzeugenden Wärmeschnittstellen zwischen Kühlsystem und Silizium zu vermeiden.

Direct Jet Impingement (JAC) - Dieser Wasserkühlblock wird umgedreht und direkt auf den Chip montiert
Direct Jet Impingement (JAC) - Dieser Wasserkühlblock wird umgedreht und direkt auf den Chip montiert

Das Team hat in ersten Laborergebnissen die Kühlung von Energiedichten von bis zu 370 Watt pro Quadratzentimeter mit Wasser als Kühlungsmittel nachgewiesen. Dies liegt weit jenseits der Grenzen gegenwärtiger Luft-Kühlungstechnologien, die circa 75 Watt pro Quadratzentimeter erreichen. Dennoch verbraucht das neue System viel weniger Energie für die Umwälzung als andere Kühlsysteme derzeit und steht damit noch am Anfang der Entwicklung.

Heutige Hochleistungschips erzeugen bereits eine Energiedichte von 100 Watt pro Quadratzentimeter – das entspricht bereits einer Größenordnung (i.e. Faktor 10) mehr als der einer typischen Kochplatte.

25 Jahre ComputerBase!
Im Podcast erinnern sich Frank, Steffen und Jan daran, wie im Jahr 1999 alles begann.