Deutschland blockiert Roaming-Gebührensenkung

Sasan Abdi
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Die vom Industrieausschuss der Europäischen Union angestrebte deutliche Senkung der intransparenten Gebühren für mobile Telefonate im Ausland (Roaming-Gebühren) wird nicht zuletzt auf Betreiben Deutschlands, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne hat, nicht stattfinden.

Mit einer gewünschten Obergrenze von 60 Cent pro ausgehender und 30 Cent pro eingehender Gesprächsminute torpediert Deutschland in Kooperation mit anderen EU-Mitgliedstaaten die Pläne des EU-Industrieausschusses. Dieser hatte gefordert, die Obergrenzen bei 40 Cent (ausgehend) beziehungsweise 15 Cent (eingehend) festzusetzen. Damit kommen Deutschland und seine Partner nicht zuletzt den immer lauter werdenden Wünschen der Telekommunikationskonzerne nach, die in der Obergrenze des Industrieausschusses eine zu brutale Regulierung des Marktes sehen und um Einnahmen im Millionenbereich fürchten.

Die neudefinierte Obergrenze soll nun dazu beitragen, im Hickhack um die Senkung der Roaming-Gebühren einen schnellen Kompromiss herbeizuführen. „Das ist die Basis, in die wir in die Gespräche am Dienstag mit Kommission und Parlament gehen“, erklärte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums. Bemerkenswert ist hierbei, dass die Verantwortlichen in der Politik der Wirtschaft auch in Hinblick auf den vertraglichen Aspekt der Problematik entgegenkommen. So werden die Kunden nicht automatisch in den wohl günstigeren, den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen entsprechenden Tarif gewechselt, sondern nur dann, wenn sie dies explizit fordern. Heißt konkret: Wer nicht aktiv wechselt, zahlt weiter wie gehabt – unter Umständen auch weitaus mehr, als die gesetzlich verordneten Obergrenzen legitimieren würden.

Außerdem bemerkenswert ist, dass die deutlich moderatere Senkung ausgerechnet von Deutschland vorangetrieben wird. Gerade hier hatte sich der Hauptverantwortliche, Bundeswirtschaftsminister Michael Glos, zu Beginn der CeBIT noch vollmundig für eine deutliche Senkung der undurchsichtigen Roaming-Gebühren ausgesprochen: „Ziel der Verordnung muss der sichere Schutz des Kunden vor überhöhten Roaming-Entgelten sein.“ Ob unter Umständen 60 Cent für eine Gesprächsminute im Ausland ohne Wissen des Telefonierenden tatsächlich einen „sicheren Schutz des Kunden“ darstellen, sei dabei dahingestellt. Fest steht aber, dass eine solche Grenze im besten Fall einen kleinen Durchbruch in der schon seit Jahren schwelenden Roaming-Problematik bringen würde, da nicht viele Provider wesentlich höhere Verbindungsentgelte verlangen.

Damit liegt die Verantwortung nun letztendlich beim EU-Parlament, das nun zu entscheiden hat, wie die Senkung tatsächlich aussehen soll. Aus Regierungskreisen wurde derweil bekannt, dass man grundsätzlich eine Einigung noch innerhalb der ersten Verhandlungsrunde anstrebt. Vor diesem Hintergrund scheint es auch möglich, dass sich der Grundtenor im Parlament durchsetzt, der mit 50 Cent und 25 Cent in etwa die Mitte zwischen dem Vorschlag des Industrieausschusses und dem von Deutschland markiert. Eine Lösung, die schon eher dem Schutz des Kunden zuträglich wäre.

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