Mexiko-City: Bis 2008 mit Hotspots überzogen

Jirko Alex
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Marcelo Ebrard, Bürgermeister der 8,7 Millionen Einwohner zählenden Metropole Mexiko-City, scheint mit Begeisterung die Ausstattung der Großstadt mit modernster Technik vorantreiben zu wollen. So bietet er nicht nur PCs im Tausch für Schusswaffen, bis 2008 soll jedermann im Stadtgebiet auch per WLAN ins Internet gelangen können.

Hierzu werden in einem ersten Schritt Schulen, Behörden und tausende von Überwachungskameras der Stadt vernetzt. Den Schritt zur drahtlosen Verbindung sieht Mexiko-Citys Bürgermeister vor allem in der Anbindung der 4.000 Kameras in der Stadt: So verwies er auf die Unsinnigkeit, diese Zahl von Kameras per Glasfaserkabeln zu vernetzen, wenn doch jedermann WLAN besäße. Ähnlich wie bei der PC-gegen-Waffen-Tauschaktion sind es also wieder Sicherheitsfaktoren, die Marcelo Ebrard in der Euphorie der technischen Aufrüstung schwelgen lassen. Die Stadtverwaltung behandle das Hotspot-Projekt jedenfalls mit höchster Priorität, heißt es, und die erste Stufe des Netzausbaus sei bereits beschlossen. So wurde dem chinesischen Telekommunikations- und Netzwerkausrüster „ZTE-Group“ der Beginn des Ausbaus aufgetragen.

Mexiko-City wäre, bei einem erfolgreichen Ausbau, jedoch nur die zweite Stadt, die über ein flächendeckendes WLAN-Netzwerk verfügt. So gab bereits gestern Seouls Bürgermeister Oh Se-hoon bekannt, dass man in Kooperation mit der Korea Telecom einen stadtweiten Wireless-Broadband-Zugang (WiBro) geschaffen habe. Dieser würde selbst das U-Bahn-Netz abdecken und auch aus dem Auto heraus bei Geschwindigkeiten von bis zu 120 km/h erreichbar sein. Im Umkreis von einem Kilometer um einen Sendemast seien Geschwindigkeiten von bis zu 3 Mbit/s möglich, was in der Summe die Konkurrenzfähigkeit Seouls gegenüber allen Städten, die kein flächendeckendes WLAN bieten können, unterstreichen soll:

„Wir haben erreicht, was New York, London, Paris und Tokio nicht geschafft haben. Ich bin stolz darauf.“

Seouls Bürgermeister Oh Se-hoon

Die beiden ehrgeizigen Projekte rufen jedoch unterschiedliche Kritik hervor: Während in Seoul zwar bereits der WLAN-Zugang gebucht werden könne und zwischen acht und 32 Euro monatlich koste, seien bisher kaum Geräte auf dem Markt, die auch tatsächlich eine Verbindung herstellen können. Mobiltelefone setzen beispielsweise auf einen anderen Verbindungsstandard als die Korea Telecom, weshalb diese nunmehr ankündigte, in der nächsten Zeit kompatible Geräte wie Notebooks, Mobiltelefone oder Modems herausbringen zu wollen.

In Mexiko-City mache man sich unterdessen Sorgen um die Prioritäten des Bürgermeisters. So denke dieser statt an die marode Wasserversorgung an das Surfen im Netz für jedermann und statt an die Modernisierung des Stromnetzes an kabelloses Netzwerkvergnügen. Die Millionenmetropole jedenfalls kränkelt an einem überalterten Stromnetz, das selbst vornehme Viertel allzu oft in Dunkelheit versetzt. Zudem lecken viele Wasserleitungen, sind Pumpen überfordert und Teile der Stadt nur per Tankwagen an die Frischwasserversorgung angeschlossen. Vielleicht verspricht sich Marcelo Ebrard aber auch von den neuen Hotspots, Mexiko-Citys Einwohner würden friedlicher, wenn sie in den viel zu zahlreichen Staus im Stadtgebiet wenigstens auf das WLAN zugreifen können.