ATi R700 – Wohin geht die Reise?

Sebastian Pesdicek
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Unerwartet kam der Entschluss von AMD / ATi, die bestehende Grafik-Generation Radeon HD 2000 förmlich abzusägen und durch die HD 3000 samt neuer Nomenklatur und einem neuen Satz an Produktlogos zu ersetzen. Nun kündigt sich mit dem kommenden ATi R700 möglicher Weise bereits die nächste Generation an.

Spekulationen zufolge könnte er zur Radeon-4000-Familie gehören, wobei künftig auf den Zusatz „HD“ eventuell verzichtet wird. R700-basierte High-End-Modelle sollen erstmals keinen einzelnen GPU-Kern mehr tragen, sondern einem nativen Multi-Core-Konzept zu Grunde liegen, was nicht mit Multi-GPU-Lösungen wie der Radeon HD 3870 X2 zu vergleichen ist. Obwohl Grafikchips durch eine Vielzahl an Pipelines prinzipiell ohnehin eine Art von Multi-Recheneinheiten darstellen, sollen sich R700-GPUs aus mehreren dedizierten Kernen zusammensetzen können, wie man es von Dual- oder Quad-Core-CPUs kennt. Ob AMD seine Erfahrungen im Multi-Kern-Design aus dem CPU-Bereich einfließen lassen könnte, oder ob die einzelnen Kerne via CrossFire miteinander kommunizieren werden, ist derzeit unklar.

Der R700 an sich sei demnach ein Mini-Kern, der als erster Grafik-Chip in einer Strukturbreite von 45 nm gefertigt wird und eine Oberflächengröße von lediglich 72 mm² aufweist. Ein in 45 nm gefertigter Chip ist gut 30 Prozent kleiner als ein 55-nm-Chip und knapp 50 Prozent kleiner als ein 65-nm-Chip. Im Einklang mit moderneren Strukturbreiten lässt sich auch ein nennenswerter Rückgang im Leistungshunger und somit letzten Endes in der Wärmeentwicklung erzielen.

Während der R700 als einzelner Kern einen Chip für Low-End-Grafikkarten darstellen würde, könnten mit zwei Kernen auf einem Die das Mainstream-Segment und mit vier oder mehr Kernen pro Die das Performance- und High-End-Segment bedient werden. Diese Spekulationen stellen zumindest eine mögliche Option dar, die jedoch aus einem bedeutenden Grund unwahrscheinlich ist: Je mehr Cores in einem Die platziert, desto größer wird der Chip und die Chipausbeute (Yieldrate) fällt exponentiell ab. Außerdem stellen größere Chips auch in allen Phasen der Entwicklung eine größere Herausforderung dar. Daher ist es wesentlich wahrscheinlicher, dass AMD das Gemini-Konzept der Radeon HD 2600 X2 oder der kommenden R680 (2x RV680) fortführt und Modular mit steigendem Leistungsbedarf mehr R700-Chips auf einem Grafikboard verbaut. So braucht man nur einen Chip zu fertigen, der alle Performance-Klassen auf einmal abdecken kann. Abweichend vom Gemini-Konzept könnte AMD aber wie vermutet auch mehrere R700-Dies auf einem Package unter bringen (wie Intel mit seinen Core 2 Quad), um auch die High-End-Grafikkarten kompakt zu halten.

So oder so würde der R700, je nach Konfiguration, eine ganze Generation von Entry-Level bis High-End abdecken, weshalb es konsequenter Weise bei ATi auch keine Value-Chips in Form eines RV7xx mehr geben dürfte, wie man es bislang beispielsweise vom High-End-Chip R600 und dem Value-Ableger RV670 kennt.

Ein R700 soll aus knapp 300 Millionen Transistoren bestehen, womit eine Grafikkarte mit vier R700 bereits über eine Milliarde Transistoren akkumulieren würde. Während die ATi Radeon HD 3870 mit circa 666 Millionen Transistoren eine Rechenleistung von knapp 500 Gigaflops aufweist, könnten High-End-Modelle einer möglichen Radeon 4000 je nach Takt und Anzahl der Kerne an zwei Teraflops heran reichen.

Wann der ATi R700 Marktreife erlangt und ob es sich dabei tatsächlich um Grafikkarten der Radeon-4000-Familie handeln wird, steht derzeit allerdings noch nicht fest.