ATi Radeon HD 3870 X2 im Test: AMDs ersehnter Griff nach den Sternen

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Wolfgang Andermahr
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Beurteilung

Erinnern wir uns kurz zurück an die Radeon X1950 XTX. Warum? Nun, mit dieser Grafikkarte hielt ATi ihr letztes richtiges High-End-Produkt im eigenen Portfolio, das der Konkurrenz das Fürchten lehrte und selbst gegen die GeForce 7950 GX2, vor allem in neueren Spielen, einen guten Eindruck hinterließ. Danach musste ATi eine lange Wartezeit überbrücken, bis mit dem heutigen Tag die nächste wirkliche High-End-Grafikkarte das Licht der Welt erblickt hat. Nvidia dominierte mit der GeForce 8800 Ultra bis dahin nach Belieben. Nun greift ATi mit der Radeon HD 3870 X2 wieder an und schafft es endlich, sich in den meisten Disziplinen vor Nvidias derzeitiges Flaggschiff zu setzen. Und der Preis dafür: Aller Voraussicht nach recht günstige 410 Euro.

Die ATi Radeon HD 3870 X2 weiß bezüglich der Performance also durchweg zu überzeugen. Im Detail: In 1280x1024 kann sich die Grafikkarte ohne Anti-Aliasing sowie der anisotropen Filterung im Schnitt zwölf Prozent vor die GeForce 8800 Ultra setzen. Wenn man bedenkt, dass einige Anwendungen bei dieser Leistungsklasse CPU-limitiert sind und andere Spiele nicht oder nicht optimal von CrossFire profitieren, ist das ein vorzeigbares Ergebnis. Von einer einzelnen Radeon HD 3870 kann man sich um 39 Prozent absetzen. In 1600x1200 kann die ATi-Grafikkarte ihren Vorsprung auf die GeForce 8800 Ultra auf 17 Prozent ausbauen, die Differenz zur Radeon HD 3870 liegt nun genau bei 50 Prozent Mehrleistung.

In 2560x1600 sieht es noch etwas besser für die Dual-GPU-Karte aus. Sie ist in der Lage, sich um 18 Prozent von der GeForce 8800 Ultra und um gute 64 Prozent von der Radeon HD 3870 abzusetzen. Nach dem Hinzuschalten der beiden qualitätssteigernden Features hat es die Radeon HD 3870 X2 hingegen etwas schwerer, sich gegen Nvidias Flaggschiff durchzusetzen, bleibt aber stets an der Spitze. In 1280x1024 liegt das ATi-Produkt vier Prozent vor der Konkurrenz, in 1600x1200 sind es etwas bessere acht Prozent. In 2560x1600 sind es jedoch nur noch zwei Prozent – hier spielt sich der größere Speicher auf der GeForce 8800 Ultra positiv aus. Die Skalierung gegenüber der Radeon HD 3870 beträgt hingegen gute plus 75 Prozent.

ATi Radeon HD 3870 X2
ATi Radeon HD 3870 X2

Die eigentliche Königsdisziplin der ATi Radeon HD 3870 X2 aber scheint das hochwertige, acht-fache Anti-Aliasing zu sein. Dort dreht die Dual-GPU-Karte regelrecht Bahnen um die Nvidia-Beschleuniger, die kein Land mehr sehen. Bereits in 1280x1024 kann sich die Radeon HD 3870 X2 um 31 Prozent von der GeForce 8800 Ultra absetzen und in 1600x1200 sind es schon 54 Prozent. Unter 2560x1600 deklassiert die Radeon HD 3870 X2 die GeForce 8800 Ultra bei acht-fachem Anti-Aliasing. Der Vorsprung beträgt satte 103 Prozent, womit die Radeon HD 3870 X2 doppelt so schnell wie die GeForce-Karte arbeitet – hier liegt noch viel Arbeit vor Nvidia.

Bei Direct3D-10-Spielen muss dagegen ATi noch mehr Zeit investieren. Nach eigenen Aussagen hat der Treiber bei der neuen API schneller mit einer CPU-Limitierung als in Direct3D-9-Spielen zu kämpfen, was sich auch in unseren Benchmarks niederzuschlagen scheint. Zudem sind die CrossFire-Profile noch nicht optimal. Deswegen kann sich die Radeon HD 3870 X2 weder ohne, noch mit Kantenglättung und anisotroper Texturfilterung von der GeForce 8800 Ultra absetzen. Beide Grafikkarten liegen hingegen etwa gleich auf. Einzig in 2560x1600 kann man sich um etwa 15 Prozent vor die GeForce 8800 Ultra setzen. Die Skalierung gegenüber einer Radeon HD 3870 scheint ebenfalls noch verbesserungswürdig.

Positiv ist die Lautstärke der Radeon HD 3870 X2 unter Windows zu bewerten. Die Grafikkarte ist sehr leise und aus einem geschlossenen Gehäuse nicht aus den anderen Komponenten heraus zu hören. Kritisieren müssen wir aber den Geräuschpegel unter Last, der dem ein oder anderen potenziellen Käufer sicherlich zu hoch sein wird. Wenigstens hat ATi den Lüfter so verbessern können, dass er trotz schlechterer Messwerte nicht so aufdringlich wie das Pendant auf einer Radeon HD 2900 XT klingt. Nichtsdestotrotz gibt es noch genügend Optimierungsarbeit für die Kanadier.

Loben müssen wir, ebenfalls mit Einschränkung, auch die Leistungsaufnahme der Karte. Dank PowerPlay-Funktion hält sie sich trotz der zwei GPUs angenehm im Rahmen und belastet die Stromrechnung und die Umwelt unter Windows (idle) spürbar weniger als eine GeForce 8800 Ultra. Unter Last dagegen benötigt das ATi-Produkt mehr Watt als die GeForce-Karte. Aufgrund der beiden Rechenkerne ist dies zwar verständlich, trotzdem wünschen wir uns in Zukunft, dass die Leistungsaufnahme auch unter Höchstleistung wieder zurück geht. Loben müssen wir ATi für den neuen Treiber. Mit diesem hat man CrossFire ein gutes Stück weiter nach vorne gebracht und immer häufiger funktioniert die Dual-GPU-Technologie einwandfrei und bringt einen großen Performancezuwachs mit sich. In einigen Titel herrscht aber nichtsdestotrotz weiterhin Verbesserungsbedarf.

Anmerken müssen wir an dieser Stelle noch, dass alle heutigen Dual-GPU-Techniken (sowohl CrossFire als auch SLI) in einigen Spielen mit einem ärgerlichen Problem zu kämpfen haben, sobald die Bildwiederholrate in die Nähe von oder unter 30 Bildern pro Sekunde fällt. In diesem Fall kann es passieren, dass der Spielablauf sehr ungleichmäßig und stockend wirkt, obwohl der 3D-Titel eigentlich noch spielbar sein müsste. Worin genau die Ursache für dieses Phänomen liegt, bleibt weiterhin unbekannt.

Fazit

Nach einer langen Pause greift ATi mit der Radeon HD 3870 X2 endlich wieder das High-End-Segment an – und bringt es ganz schön durcheinander. Die Radeon HD 3870 X2 zeigt eine sehr gute Performance und weist die GeForce 8800 Ultra meistens in die Schranken. Wenn CrossFire in einem Spiel optimal funktioniert, rendert die Dual-GPU-Karte deutlich schneller als Nvidias Flaggschiff. Wird CrossFire nicht unterstützt (wie z.B. in Gothic 3), fällt die Karte allerdings auf das Niveau einer Radeon HD 3870 oder in der Regel noch darunter (der gesenkte Speichertakt sollte den höheren GPU-Takt im Schnitt überkompensieren) zurück.

Vor allem bei acht-fachem Anti-Aliasing ist die ATi Radeon HD 3870 X2 pfeilschnell und allen anderen 3D-Beschleunigern weit voraus. In Direct3D-10-Spielen müssen dagegen die Treiber noch optimiert werden. Unterm Strich gibt es aber derzeit keine schnellere Grafikkarte als die ATi Radeon HD 3870 X2 auf dem Markt. Auch liegt der Preis mit etwa 410 Euro ein gutes Stück unter dem einer GeForce 8800 Ultra, die somit zumindest derzeit nicht mehr empfehlenswert erscheint. Darüber hinaus arbeitet das ATi-Produkt unter Windows sehr leise, wird unter Last aber aufdringlich. Empfindlichen Gemütern wird dies zu viel sein. Der Stromverbrauch ist vor allem unter Windows akzeptabel, unter Last aber ebenfalls mit einem neuen Rekordwert zu hoch.

Falls man sich aktuell eine High-End-Grafikkarte kaufen möchte, führt dennoch eigentlich kein Weg an einer Radeon HD 3870 X2 vorbei. Die Performance, die Direct3D-10.1-Unterstützung und noch einige weitere Features sind positive Argumente für den Kauf. Eine gleichwertige Alternative zur ATi Radeon HD 3870 X2 gibt es zur Zeit nicht. Einzig das Multi-GPU-Problem mit den Mikrorucklern hinterlässt einen etwas faden Beigeschmack. Bei allen Multi-GPU-Lösungen.

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