Xbox 360 und die Ausfälle – ein Insiderinterview

Jirko Alex
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Seit mehr als zwei Jahren ist die Xbox 360 nun schon zu haben und immer noch kreisen viele Meldungen um die Zuverlässigkeit der Konsole. Ein angeblicher Insider hat sich nun gegenüber den Kollegen von 8Bit Joystick über Microsofts Strategie, den Gründen für den „Red Ring of Death“ und die Zukunft der Konsole geäußert.

So geriet Microsoft spätestens Mitte des letzten Jahres in die Kritik, als bekannt wurde, dass die Fehlerrate der Xbox 360 bei über 30 Prozent liegen soll. Der Redmonder Konzern reagierte kurze Zeit später mit einem immens ausgedehnten Garantieprogramm und schob zwischendurch neuere Revisionen der Konsole nach, die unter anderem eine geshrinkte CPU sowie ein neues Kühlsystem mit sich brachten. Der vermutete Hauptwärmeproduzent der Konsole – der Grafikchip – wurde zum Leidwesen vieler hoffnungsvoller Käufer jedoch noch nicht in seiner Struktur verkleinert und sei daher weiterhin ein kritisches Element, das zum Versagen der Konsole führen könnte. Ein auch in dieser Hinsicht erneuertes Design ist wohl erst für dieses Jahr zu erwarten – also für das dritte Jahr des Xbox-360-Lebenszyklus.

Angesichts dieser Eckpunkte verwundert es schon, dass Bill Gates vor kurzem ausrief, die Microsoft-Konsole solle zur zuverlässigsten am Markt werden. Insbesondere steht diese Aussage gegen das Insiderwissen, das eine angeblich zuverlässige Quelle nun gegenüber unseren Kollegen von 8Bit Joystick preisgegeben habe. Demnach ginge es Microsoft nicht zwingend um eine fehlerfreie Konsole. Es gehe nicht einmal nur darum, Gewinne mit der Xbox einzufahren. Doch der Reihe nach:

Die Fehlerrate der Xbox 360 liege tatsächlich bei etwa 30 Prozent, was jedoch bereits länger ziemlich unangetastet feststand. Fehler der Konsole treten zudem ziemlich früh oder aber fast gar nicht auf. Es könne auch keine konkrete Auskunft darüber gegeben werden, ob oder wann eine Konsole ausfällt, die bereits lange ihren Dienst tadellos getan hat. Bestenfalls könnte die Lebenszeit einer Xbox 360 durch bessere Kühlung verlängert werden; der Ausfall hänge jedoch mit derart vielen Komponenten zusammen, dass kaum alle Faktoren ausgeschlossen werden können. So käme es bei jedem erdenklichen Fehler zum „Red Ring of Death“ (RROD): Einem Hardwarefehler des Prozessors, der GPU, des Speichers (oder jedes anderen Chips des Mainboards), bei einem fehlerhaften Kühlsystem, altersschwachen Komponenten oder schlicht Produktionsfehlern, die sich aber meist in den ersten Stunden der Inbetriebnahme der Konsole bemerkbar machen und zu einem Versagen führen.

Viele dieser Fehler ließen sich auf eine überhitzende GPU zurückführen, die derart viel Wärme produziere, dass das Kühlsystem – zumal das der ersten Revisionen – die Wärme nicht mehr abführen könne und sich die Hitze so auch auf die anderen Komponenten im Innenraum auswirkt. Der Prozessor der Xbox 360 überhitze hingegen nicht, wenn dessen Kühler richtig montiert sei. Demnach gäbe es auch durchaus Spiele, die mehr noch als andere das vorzeitige Ende der Konsole herbeiführen könnten. Je mehr die Hardware beansprucht würde und je heißer sie liefe, desto wahrscheinlicher sei der RROD. Microsoft rechne daher allein in diesem Quartal mit eine Million Konsolenrückläufern, so der Insider. Bei den meisten davon handele es sich um die Release-Version der Konsole, also dem „Xenon“ genannten Platinenlayout.

Der Grund für diese hohe Fehlerrate liege in der von Anfang an unterfinanzierten Entwicklung und Qualitätssicherung der Konsole. Es sei weniger darum gegangen, ein fehlerfreies Produkt auf den Markt zu bringen als darum, als erster mit einer Konsole der neuesten Generation zu debütieren. Immerhin stieg Microsoft mit der Ur-Xbox nur in den Konsolenmarkt ein; eine Veröffentlichung der Xbox 360 vor der Playstation 3 wurde seinerzeit jedoch als Garant dafür gesehen, den Konsolenmarkt bereits früh abzugraben. Der zitierte Insider misst den Entscheidungen des Managements ohnehin den größten Anteil an der Unzuverlässigkeit der Konsole bei: Mehr noch als die zu kurz kommende Qualitätssicherung sei nämlich die Überzeugung schädlich gewesen, alle Fehler könnten im Laufe der Zeit in den Griff bekommen werden. Die gefestigte Marktposition im Konsolensegment sollte die Verluste durch die hohen Fehlerraten kompensieren – so die unterstellte Meinung.

Nichtsdestotrotz soll die aktuelle Generation der Xbox 360 jedoch eine geringere Fehlerrate aufweisen. Das aktuelle „Falcon“-Layout (mit 65-nm-CPU und erweitertem Heatsink) habe wohl eine Ausfallrate von unter 10 Prozent. Allerdings befindet sich diese Revision der Konsole auch noch nicht so lange auf dem Markt, als das mit Sicherheit darüber geurteilt werden könnte.

Interessant war auch die Beschreibung des Umtauschprozesses für fehlerhafte Xbox-360-Konsolen: So werde jede defekte Konsole gegen eine funktionierende getauscht. Was für ein Austauschgerät jedoch zurückgesandt wird, kann völlig unterschiedlich sein: Es könnte sich um reparierte Konsolen des gleichen Alters (und auf Basis des gleichen Layouts) handeln, es könnten neue Konsolen sein (was jedoch nur wahrscheinlich erscheint, wenn es keine instandgesetzten Konsolen mehr gibt). Es könnten aber genauso gut Konsolen als Austauschgerät versandt werden, die im Zuge einer neueren Revision vom Markt genommen und bestenfalls mit einem neuen Kühlkörper ausgestattet wurden. Käufer einer Xbox 360 auf „Falcon“-Basis können also theoretisch bei Versagen der selben auch eine alte Xbox 360 mit „Xenon“-Layout zurück bekommen.

Über die weitere Zukunft der Xbox 360 äußerte sich der Insider relativ unspektakulär, stellte dabei jedoch einige Gedankengänge des Interviewpartners richtig: Zum einen gäbe es natürlich auch in Zukunft Weiterentwicklungen an der Xbox 360. Dies sei aber weniger dadurch motiviert, die Fehlerrate der Konsole weiter zu senken. Es ginge eher darum, die Kosten zu minimieren – ein ganz natürliches Unterfangen während der Lebenszeit einer Konsole. Hauptsächlich ließe sich bei der CPU und der GPU sparen, weshalb letztere wohl als nächstes geschrumpft wird. Auch das komplette Mainboard könnte in Zukunft kleiner ausfallen und dadurch vielleicht auch – wie schon oft vermutet – das Netzteil in die Konsole hinein wandern.

Auf die Frage hin, ob Microsoft wohl auch noch in Zukunft auf Konsolen setzen werde oder Musik-Player verkaufen würde gab die namenlose Quelle zu bedenken, dass das natürlich Microsofts Ziel sei. Es sei dabei irrelevant, ob die Xbox 360 je rentabel wird – und dies nicht nur in dem Sinne, dass die Produktionskosten unterhalb des Verkaufspreises liegen, denn das könnte schon seit einiger Zeit der Fall sein. Dennoch habe Microsoft bisher schon Einbußen von 6 Milliarden Dollar gehabt – größtenteils aufgrund der zahlreichen Rückläufer. Diese immensen Kosten können eigentlich gar nicht mehr mit der Konsole eingefahren werden; und das müssen sie auch nicht zwangsweise. Vielmehr sei wichtig, dass die Monopolstellung im Markt der Betriebssysteme ausgeweitet wird – auch und vor allem auf das Wohnzimmer. Zukünftig kann nur das Streben nach einem digitalen Lifestyle-Universum Ziel der Handlungen von Microsoft sein – und unter diesem Gesichtspunkt erscheint auch jedes Problem mit der Xbox 360 nichtig.

Das komplette Interview geht noch auf einige weitere Fragen ein und ist durchaus lesenswert. Für uneingeschränkt bare Münze sollte man es aber prinzipiell nicht halten – allein schon aus dem Grunde, dass weder bekannt ist, wer der Insider ist (und wie viel Einblick er daher in alle Abläufe, die mit der Xbox 360 zusammenhängen, hat) noch ist von einem neutralen Standpunkt auszugehen.