Goliath StudiVZ droht David MatheVZ

Jirko Alex
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Der Holtzbrinck-Konzern geht derzeit juristisch gegen das Online-Portal MatheVZ vor, da der Verlag eine Verwechslungsgefahr mit eigenen VZ-Portalen (StudiVZ, SchülerVZ und meinVZ) sieht. Anders als in vorhergehenden Auseinandersetzungen besitzt MatheVZ jedoch keine Community – und den Willen, sich zu wehren.

Die MatheVZ-Gründer, zwei Studenten, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Arbeitsmaterial für dem Mathematikunterricht ins Netz zu stellen, sollen dabei ihr Angebot überarbeiten und unter neuer Adresse ins Internet stellen. Kommen sie zudem der Aufforderung nicht nach, eine Unterlassungserklärung zu unterschreiben, droht die Holtzbrinck-Rechtsabteilung mit weiteren rechtlichen Schritten. In der Erklärung selbst behält sich der Verlag jedoch vor, weitere Ansprüche geltend zu machen, insbesondere Schadensersatz – wohlgemerkt auch und gerade dann, wenn die MatheVZ-Gründer das Schreiben unterzeichnen.

Als Begründung für den Rechtsstreit ziehen die Holtzbrinck-Anwälte die Ähnlichkeit des Namens der Internetadresse heran, die zu Verwechslungen führen könne. Der Verlag ist mit dieser Argumentation bereits in der Vergangenheit erfolgreich gegen andere Firmen vorgegangen, im Fall von MatheVZ könnte die Sachlage jedoch anders liegen: MatheVZ besitzt keine Community und unterscheidet sich deshalb bereits in diesem Punkt deutlich von den reinen Gemeinschaftsplattformen des Holtzbrinck-Konzerns. Zudem ist der Name des Mathematik-Portals seit dem letzten Jahr im Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen, die Einspruchsfrist ist verstrichen.

Andererseits könnte vor Gericht eine andere Argumentation greifen, die für StudiVZ und Co spräche: So könne der Richter auch die sogenannte Verkehrsgeltung einer Marke überprüfen, also die gängige Vorstellung in der Gesellschaft von Begriffen im Zusammenhang mit VZ. Hier könnte es im Zweifelsfall dazu kommen, dass tatsächlich der Großteil der Bevölkerung jedes geartete Verzeichnis im Internet als Holtzbrinck-Ableger identifizieren würde, was dem Verlag zu Gute kommt. In dem Fall entscheidet auch die Anmeldung zur Eintragung der Wortmarke beim Patentamt – hier meldete StudiVZ eine Eintragung bereits 2006 an; MatheVZ zog erst ein Jahr später nach.

Die Namensidentifikation ist zudem noch von anderem Interesse und könnte erklären, welches Interesse Holtzbrinck überhaupt an dem vergleichsweise kleinen MatheVZ hat: Je zerstreuter die Identifikation mit der Marke VZ im Zusammenhang mit Holtzbrinck-Portalen ist, desto schwieriger wird eine Geltendmachung der Verlagsansprüche in Zukunft. Will heißen: Je bekannter MatheVZ ist, desto schwerer wird es für den Konzern, StudiVZ und Co als die mehrheitlich implizierten Portale auszuweisen. Auseinandersetzungen in der Zukunft lassen sich für den Verlag so schwerer zu eigenen Gunsten lösen.

Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Die MatheVZ-Inhaber haben erst einmal in einem eigenen Brief geantwortet. Sie wollen, wenn nötig, einen Richter entscheiden lassen. Nicht nur symbolisch, sondern auch finanziell wäre dies jedoch ein Kampf, der dem Davids gegen Goliath gleicht. Es wäre ein Präzedenzfall, in dem beide Seiten triftige Argumente hätten.