Unterstützung für freie Formate in Office 2007

Parwez Farsan
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Der wachsende Druck von Konkurrenz, Öffentlichkeit und wohl nicht zuletzt auch Vertretern der EU scheint sich letztendlich ausgezahlt zu haben. Wie Microsoft heute bekannt gab, wird das für die erste Jahreshälfte 2009 geplante Service Pack 2 für Office 2007 Unterstützung für weitere Dateiformate beinhalten.

Die Liste der dann auch ohne weitere Plugins unterstützten Dateiformate umfasst die XML Paper Specification (XPS), das Portable Document Format (PDF) 1.5, PDF/A und das OpenDocument Format for Office Applications (ODF) v1.1, das den meisten Anwendern vor allem von OpenOffice bekannt sein dürfte. Die Entscheidung gegen OpenDocument und für das zwar ebenfalls offene aber von Microsoft selbst entwickelte Open Office XML hatte seinerzeit für reichlich Kritik gesorgt. Mittlerweile hat jedoch auch das Microsoft-Format eine ISO-Zertifizierung erhalten.

Mit dem SP2 für Microsoft Office 2007 werden Nutzer direkt innerhalb der Anwendungen Dokumente im ODF-Format öffnen, bearbeiten und speichern sowie Dokumente als XPS- oder PDF-Datei sichern können, ohne vorher Zusatzsoftware installieren zu müssen. Es wird – manch einer mag es als Wunder betrachten – sogar möglich sein, ODF als Standard-Datenformat in Office 2007 einzustellen, was wohl eindeutig der wachsenden Bedeutung des Formats bei Behörden und in der Wirtschaft geschuldet sein dürfte. Besitzer älterer Versionen von Microsoft Office (XP und 2003) werden auf eine volle Unterstützung von ODF jedoch auch weiterhin verzichten müssen. Microsoft gibt aber an, auch weiterhin mit der Open-Source-Community bei der laufenden Entwicklung des Open XML-ODF-Translator auf SourceForge.net zusammenzuarbeiten. Zur Unterstützung der Dateiformate in Office 2008 for Mac machte Microsoft keine angaben, eine volle Unterstützung wie in der aktuellen Windows-Version erscheint uns jedoch am wahrscheinlichsten.

Weiterhin hat Microsoft eine Roadmap für die Implementierung des internationalen Standards ISO/IEC29500 (Office Open XML) definiert. Die meisten der in ISO/IEC29500 definierten Vorgaben würden demnach bereits heute von Microsoft Office 2007 unterstützt und sollen vollständig in der nächsten Version von Microsoft Office, Codename Office 14, unterstützt werden.

Im Hinblick auf den riesigen chinesischen Markt mit rund 1,4 Milliarden Menschen will Microsoft weiterhin Chinas Nationales Dokumentenformat „Uniform Office Format“ (UOF) unterstützen, so dass entsprechende Dateien sich öffnen, bearbeiten und speichern lassen. In diesem Zusammenhang unterstützen die Redmonder die fortlaufende Entwicklung des UOF-Open XML-Übersetzungsprojektes auf SourceForge.net. Darüber hinaus wird Microsoft weitere Schritte unternehmen, um die Verbreitung des Translators zu fördern und die Bedienung zu erleichtern. Auch hier dürfte das Motiv weniger im Service am Kunden als vielmehr in der Angst vor einem kompletten Verlust des chinesischen Marktes zu finden sein. Schließlich haben die Oberen in Peking in den letzten paar Jahren mehrfach ihren Unmut über die proprietären und mit höheren Kosten verbundenen Formate westlicher und anderer nicht-chinesischer Firmen geäußert und mit Konkurrenzformaten wie der EVD oder dem eigenen Linux-Betriebssystemen Red Flag Linux reagiert.

Gemäß seiner Interoperabilitätsprinzipien will Microsoft aktiv an der weiteren Entwicklung von ODF, Open XML, XPS und PDF mitarbeiten. Wenn man sich dem Druck von Öffentlichkeit und Regierungen schon nicht entziehen kann, hat man so zumindest die Möglichkeit, auf die weiteren Entwicklungen der Dateiformate Einfluss zu nehmen, was so auch nicht verkehrt ist und schließlich auch von der Konkurrenz praktiziert wird. Das Unternehmen wird dazu unter anderem dem OASIS Technical Committee beitreten, das an der nächsten Version von ODF arbeitet. Es wird auch an der ISO/IEC-Arbeitsgruppe teilnehmen, die zur Verwaltung des ODF-Standards aufgebaut wird. Darüber hinaus werden Mitarbeiter von Microsoft in der neuen ISO/IEC-Arbeitsgruppe vertreten sein, die für die Weiterentwicklung von Open XML zuständig ist, sowie in der neuen ISO/IEC-Arbeitsgruppe, die sich mit Verbesserung der Interoperabilität zwischen von der ISO/IEC anerkannten Dokumentenformaten beschäftigt. Microsoft wird ferner an der laufenden Standardisierung und Aktualisierung von XPS und PDF mitwirken.

Zur Verbesserung der Barrierefreiheit von Software will Microsoft auch weiterhin mit der IT-Community zusammenarbeiten, um die Interoperabilität zwischen Datenformaten wie Open XML und ODF sowie dem Digital Accessible Information System (Daisy XML) zu verbessern. Gemeinsam mit dem Interoperability Executive Customer (IEC) Council und anderen Anwendern sollen die Bereiche identifiziert werden, in denen Dokumenteninteroperabilität höchste Priorität hat, um dann mit anderen Herstellern daran zu arbeiten, die Interoperabilität zwischen ihren Implementierungen der Formate zu verbessern. Diese Zusammenarbeit soll im Rahmen der Interoperability Vendor Alliance, der Document Interoperability Initiative und einer Reihe weiterer Initiativen fortgesetzt werden.

Die Entwicklung zeigt, dass der zunehmende Druck durch immer neue Kartellverfahren und die wachsende Konkurrenz durch freie Software und Internetanwendungen allmählich die harte Haltung des einstmals unangefochtenen Quasi-Monopolisten aufzuweichen beginnt. Dass alleine die heutigen Ankündigungen den Kartellbehörden reichen, darf jedoch bezweifelt werden. Denen geht es primär um die Offenlegung der Softwareschnittstellen für die verschiedenen Produkte aus Redmond. Aber auch in dieser Hinsicht hat Microsoft bereits Besserung versprochen. Im Sinne der Kunden bleibt zu hoffen, dass Microsoft den eingeschlagenen Kurs fortsetzen und in Zukunft noch mehr auf Interoperabilität und die Unterstützung offener Formate setzen wird – die erstarkende Konkurrenz wird es sicher tun.

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