Valve-Chef: Keine Krise bei der Plattform „PC“

Sasan Abdi
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Enthusiastische Spielekonsolen-Verfechter reden schon länger das Ende der Plattform „PC“ im Bereich der Videospiele herbei und sehen sich durch die zunehmend an der Raubkopiererei verzweifelnden Publishern und Spieleschmieden bestätigt. Nicht so der Chef von Valve, Gabe Newell.

„Gibt es eine Krise des PC Gaming?“, fragte Newell jüngst bei einem Treffen mit Journalisten, um sogleich die Antwort zu geben: „Nein. Aber es gibt Wahrnehmungsprobleme.“ Im folgenden legte Newell seine Sicht der Dinge offen, die sich prinzipiell mit einigen Meinungen anderer Branchenvertreter decken. Geht man indes nach nackten Zahlen, so scheint der PC für Publisher zunächst einmal tatsächlich keine allzu attraktive Plattform mehr zu sein: Nach Angaben der renommierten NPD Group sanken die Umsätze der Unternehmen für den PC bis ins Jahr 2007 auf nur noch 910,7 Millionen US-Dollar.

Bei dieser Berechnung wurden allerdings nur tatsächliche Käufe, nicht aber Online-Mitgliedschaften sowie Zahlungen für Online-Inhalte berücksichtigt. Damit blieb also ein Großteil der Produktangebote à la Steam oder auch World of Warcraft unberücksichtigt, was insofern schwer wiegt, als das gerade diese Bereiche in jüngster Zeit ein starkes Wachstum vorweisen können. Diesem Umstand wird die NPD Group neuerdings aber gerecht. So versuchen die Analysten seit diesem Jahr, auch die genannten Zahlen miteinzubeziehen, um ein klareres Bild der Marktstruktur zu liefern. Und schon gestalten sich die Umsätze – zumeist fernab des öffentlichen Interesses – deutlich anders: Für Online-Mitgliedschaften und -Inhalte wurden laut NPD allein im Monat Mai rund eine Milliarde US-Dollar ausgegeben.

Genau hier setzt auch Newell seine weitere Argumentation an, da auch Valve über die erwähnte Plattform Steam von diesem Trend profitiert. So prognostiziert Newell, dass das Online-Geschäft den physischen Verkauf bei Valve binnen der kommenden drei Monate überholen werde. „Erst jetzt beginnen Unternehmen wie NPD damit, Alternative Umsatz-Quellen miteinzubeziehen. Dabei bemerken sie, dass es Milliarden gibt, die bisher unbemerkt in den PC-Spiele-Markt fließen“, erläutert Newell die Wertigkeit der Plattform „PC“ und die falsche Wahrnehmung dieser.

Überdies kritisiert Newell, dass die Marktforscher sich zumeist auf den US- oder UK-Spielemarkt fokussieren würden und dabei die Kunden auf dem europäischen oder auch auf den wachsenden Märkten in China, Korea und Russland, die häufiger am PC denn an Konsolen spielen, völlig vernachlässigen würden. Aus diesem Grund sei gemeinhin die Annahme entstanden, der PC-Spiele-Markt sei am Ende, was allerdings nur auf die mangelnde Verfügbarkeit von aussagekräftigen Daten zurückzuführen sei. Dies, so Newell, sei auch deswegen der Fall, weil die drei Konzerne hinter den aktuellen Next-Gen-Konsolen diese Ansichten über PR- und Marketing-Arbeit gezielt vorangetrieben hätten.

An einer gegenteiligen Darstellung dürfte Newell indes nicht ausschließlich aus aufklärerischen Gründen gelegen sein. So generiert Valve derzeit nahezu ausschließlich Umsätze über (Online-)Angebote für den PC. Auf die Frage, warum Valve denn nicht der PC Gaming Alliance beigetreten wäre, um der Fehlinformation der Konsolenhersteller entgegen zu wirken, hat Newell allerdings ein gutes Argument in petto: „Die Veröffentlichung von Produkten ist wichtiger als ein regelmäßiges Zusammentreffen von Unternehmensvertretern, die alle der Meinung sind, dass es PC Spielen besser gehen sollte.“

Der Verweis auf das Online-Geschäft ist übrigens auch in anderer Hinsicht durchaus angebracht. Nach aktuellen Zahlen der Gartner Group gibt es derzeit weltweit rund 260 Millionen Online-PC-Spieler. Allein im vergangenen Jahr wurden im Konsumentenbereich 255 Millionen neue PCs gekauft.