Forscher demonstrieren abhörsicheres Netzwerk

Jirko Alex
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Im Rahmen des EU-Projekts SECOQC haben Forscher in Wien ein absolut abhörsicheres Netzwerk demonstriert, das auf Prinzipien aus der Quantenmechanik beruht. Physikalische Gesetzmäßigkeiten sorgen dafür, dass der Datenaustausch per Definition sicher ist.

Genutzt werden für eine solche Datenübertragung Lichtleiter, weshalb der Versuch mit Glasfaserkabeln demonstriert wurde. Alle Eigenschaften der durch die Kabel geschossenen Photonen können dabei nicht zugleich exakt bestimmt werden, weil dies gemäß der Heisenbergschen Unschärferelation unmöglich ist. Überdies kommen in der Quantenkryptografie verschiedene Verfahren zum Einsatz, die sich entweder zu Nutze machen, dass einzelne Photonen nicht kopiert werden können, ohne Veränderungen an diesen herbeizuführen – was den Datenstrom feststellbar manipuliert – oder auf Quantenverschränkungen beruhen, die bei der Abhörung teilweise verloren gehen, was ebenfalls festgestellt werden kann. In jedem Fall kann bei einer zu großen Fehlerrate – die mutmaßlich durch den Eingriff eines Dritten entsteht – die Datenübertragung mit neuem Schlüssel begonnen werden.

Die Datenübertragung selbst kann dabei perfekt verschlüsselt werden, wenn das One-Time-Pad-Verfahren genutzt wird. Bei diesem wird ein Einmal-Schlüssel verwendet, der mindestens die Länge des zu verschlüsselnden Textes besitzt. Ohne Kenntnis dieses Schlüssels kann der Klartext nicht erzeugt werden. Per Glasfaser sind solche beliebig langen Schlüssel ohne deutlichen Mehraufwand nutzbar, weswegen sowohl die Verschlüsselung, als auch die Abhörsicherheit bei dem Versuch perfekt sein soll. Die Forscher in Wien demonstrierten dies mit einem VoIP-Telefonat.

Der Einsatz der Quantenkryptografie ist dabei nicht neu, erstmals wurde jedoch ein Netzwerk mit sechs verschiedenen Endpunkten gezeigt. Bisher war nur eine Direktverbindung zwischen zwei Teilnehmern möglich. Überdies ist die maximale Länge einer solchen Übertragung noch beschränkt, da bisher kein Verstärker für das Datensignal entwickelt wurde. Die höchste bisher realisierte Entfernung zwischen einem Sender und einem Empfänger beträgt etwa 185 Kilometer via Glasfaserleitung. Üblich sind Distanzen von bis zu 100 Kilometern, die zum Zwecke der Übertragung von Wahldaten oder Schecks auch schon unter realen Bedingungen verwirklicht wurden. Bis zum Erreichen der Massentauglichkeit dürften aber noch einige Jahre ins Land ziehen. Unter anderem Siemens ist an einem kommerziellen Vertrieb quantenkryptografisch verschlüsselter Systeme interessiert. Der Konzern rechne mit einer Markteinführung in drei bis vier Jahren. Entsprechende Systeme sollen dann ab 10.000 Euro erhältlich sein – aktuelle Testaufbauten kosten noch etwa das Zehnfache.