SPD stellt sich gegen Websperren-Gesetz

Andreas Frischholz
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Kehrtwende in der SPD: Nachdem die Partei das Zugangserschwerungsgesetz vor der Bundestagswahl trotz innerparteilicher Kritik noch zusammen mit den Stimmen der CDU beschlossen hatte, übt SPD-Vize Olaf Scholz nun Kritik an dem Vorhaben.

In einem Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel bezeichnete er das Gesetz als „ineffektiv“ und forderte: „Das Gewürge muss ein Ende haben.“ CDU und FDP hatten in den Koalitionsverhandlungen vereinbart, das Gesetz für ein Jahr auszusetzen, was Scholz jedoch als abenteuerlich bezeichnet. Verabschiedete Gesetze müssten befolgt werden, weswegen er den einzigen Weg darin sieht, das Gesetz aufzuheben. Dabei verwendet er die Argumente, die von Netzgegnern seit Beginn der Diskussion vorgebracht werden.

Mit den Internetsperren schaffe man eine Infrastruktur, die „von vielen zu Recht mit Sorge gesehen“ werde, aber „ungenau und ohne Weiteres zu umgehen“ ist. Damit leiste man keinen Beitrag zur Bekämpfung von Kinderpornografie. Stattdessen fordert er, kriminelle Internetangebote, wie es bei Delikten der Wirtschaftskriminalität bereits heute möglich ist, binnen wenigen Stunden oder Tagen zu löschen und strafrechtlich zu verfolgen. Zu diesem Zweck spricht er sich für eine verbesserte Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden auf internationaler Ebene aus.

Die SPD folge nun dem Prinzip „Löschen vor Sperren“, womit die Partei auf die Netzaktivisten zugeht und den vor der Bundestagswahl vertretenen Kurs revidiert. Schon damals gab es Vorbehalte in den eigenen Reihen, beispielsweise den vom hessischen SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel formulierten offenen Brief an Fraktion und Parteispitze, in dem auf den Verlust von Glaubwürdigkeit mit dieser Entscheidung hingewiesen wurde. Für den Sinneswandel der SPD-Führung dürfte unter anderem der Erfolg der Piratenpartei verantwortlich sein, die bei der Bundestagswahl aus dem Stand zwei Prozent der Stimmen erhielt.