Anti-Piraterie-Abkommen: Provider sollen haften

Benjamin Beckmann
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Hinter verschlossenen Türen verhandeln Regierungsvertreter der USA, der Europäischen Union, Japans und weiterer Nationen über das Anti-Piraterie-Abkommen „ACTA“ (Anti-Counterfeiting Trade Agreement). Neben Mitteln gegen Produktpiraterie im Allgemeinen suchen die Akteure auch nach Wegen, Urheberrechtsverstöße im Internet zu ahnden.

Der neuseeländischen Website Computerworld ist ein Entwurf desjenigen Teils der geplanten Vereinbarung, welcher das Internet betrifft, in die Hände gefallen. In dem PDF-Dokument wird unter anderem auf die Haftung der Internetprovider bei Urheberrechtsverstößen durch ihre Kunden eingegangen. Diese Verantwortung sollen sie nach Ansicht der Verhandelnden nur dann von sich weisen können, wenn sie beispielsweise ein sogenanntes Three-Strikes-Modell etablieren, wie es in Frankreich bereits eingeführt und in Großbritannien intensiv diskutiert wird. Das Papier nennt als konkretes Beispiel für eine solche Strategie, dass „unter geeigneten Umständen“ die Möglichkeit besteht, „die Tarife und Benutzerkonten […] der Wiederholungstäter zu kündigen.“

6) An example of such a policy is providing for the termination in appropriate circumstances of subscriptions and accounts in the service provider's system or network of repeat infringers.

Um dies zu ermöglichen, wären die Provider dazu gezwungen, auch detaillierte Verbindungsdaten ihrer Kunden dauerhaft zu speichern. Das wiederum wird Datenschützer und Gesetzeshüter auf den Plan rufen, schließlich ist schon die Vorratsdatenspeicherung kontrovers diskutiert und mit Verfassungsbeschwerden bekämpft worden – bislang allerdings ohne konkreten Erfolg.

Die Verhandlungen um ACTA finden seit rund zwei Jahren statt – intransparent in Hinterzimmern. Und während beispielsweise US-Unternehmen nach Unterzeichnung eines NDA Einsicht erhalten, werden deutsche Politiker außerhalb der Regierung und NGOs außen vor gelassen. Für die Bundesrepublik ist laut Koalitionsvertrag von Union und FDP ein Three-Strikes-Gesetz nicht vorgesehen, explizit ausgeschlossen wird es jedoch auch nicht. Ob und in welchem Umfang ACTA Einfluss auf die hiesige Gesetzgebung ausüben wird, dürfte vor allem auch vom Druck auf die Bundesregierung abhängen. Innerhalb der EU gibt es sowohl Befürworter als auch Gegner entsprechender Regelungen, für die insbesondere Rechtebesitzer aus den USA massive Lobbyarbeit leisten.