EU-Ministerrat plant Internetsperren

Andreas Frischholz
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Der Rat der EU, besser bekannt als EU-Ministerrat, plant die Einführung von Internetsperren für Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten, wie ein von Bürgerrechtlern veröffentlichtes Strategiepapier darlegt. Der Ansatz ähnelt dem deutschen Gesetz, das zwar rechtskräftig ist, aber in der aktuellen Form nicht angewendet wird.

Die Umsetzung des Zugangserschwerungsgesetzes auf EU-Ebene erfolgt über CIRCAMP („Cospol Internet Related Child Abusive Material Project“), an dem die Polizeibehörden von zwölf EU-Staaten sowie Norwegen beteiligt sind – das BKA ist ebenfalls vertreten. Im Rahmen des Projekts wird die Verbreitung von Kinderpornographie im Internet bekämpft und zu diesem Zweck wurde der „Child Sexual Abuse Anti Distribution Filter“ (CSAADF) entwickelt, um Webseiten mit entsprechenden Inhalten zu sperren. Beim Versuch eine auf der Sperrliste stehende Webseite aufzurufen, erscheint stattdessen eine „Stop“-Seite. In sechs CIRCAMP-Staaten (Norwegen, Finnland, Schweden, Dänemark, Malta und Italien) werden die CSAADF-Sperren bereits eingesetzt, hinzu kommen Neuseeland sowie die Schweiz. Einen Sonderweg geht Großbritannien mit einem separaten Filter, allerdings kooperieren die britischen Behörden mit dem CIRCAMP.

Dem Strategiepapier zufolge empfehlt der Ministerrat einen Aktionsplan, zu dem unter anderem die CSAADF-Sperren zählen, der bis spätestens 2012 umgesetzt werden soll. Veröffentlicht wurde das Dokument vom Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur (AK Zensur), der sich erschrocken darüber zeigt, dass „die Mitgliedsländer nur bei der Erstellung einer Filterliste, nicht aber bei der Entfernung der Dokumentation sexuellen Missbrauchs von Kindern kooperieren wollen“.

In Deutschland ist derzeit noch offen, wie mit dem bereits verabschiedeten Zugangserschwerungsgesetz verfahren wird. Der Bundestag hat noch in der alten Legislaturperiode den Gesetzentwurf mit Stimmen von CDU/CSU und SPD durchgewunken, mittlerweile hat sich aber auch die SPD von dem Vorhaben abgewandt und tritt für das Prinzip „Löschen statt Sperren“ ein. FDP, Grüne und die Linke standen dem Gesetz ohnehin seit jeher kritisch gegenüber. In der aktuellen Bundesregierung haben sich CDU/CSU und FDP darauf verständigt, das Gesetz für ein Jahr auszusetzen und dann zu entscheiden, ob die Internetsperren angewandt werden. Bislang ging man jedoch davon aus, dass unter Führung von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger eine neue Gesetzesreglung geschaffen wird, die dem Prinzip „Löschen statt Sperren“ folgt.