Android gegen iOS im Test: Zwei Religionen im Vergleich

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Benjamin Beckmann
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Bedienkomfort

Um herauszufinden, welche Defizite in puncto Handhabung bestehen, haben wir einen elf typische Aufgaben umfassenden Testparcours entwickelt, dem sich drei Probanden – unter anderem der Autor – stellen durften. Hierbei handelte es sich – und das gilt auch für den Autor – um Personen, die mit Android und iOS gleich viel oder gleich wenig Erfahrung haben.

Liste der zu erledigenden Aufgaben

Alle Zeiten wurden mithilfe einer Stoppuhr gemessen. Jede Aufgabe musste vom Home-Screen begonnen werden und galt als abgeschlossen, sobald die letzte Eingabe erfolgt war. Anschließende Ladezeiten, die auch von der Verbindung abhängig wären, flossen also nicht mit ein.

Gesamtzeit aller Aufgaben
  • Alle Probanden:
    • iOS 4.1
      12:29
    • Android 2.2
      14:54
  • Autor:
    • iOS 4.1
      2:06
    • Android 2.2
      2:12
  • Testperson 1:
    • iOS 4.1
      4:24
    • Android 2.2
      4:42
  • Testperson 2:
    • iOS 4.1
      5:59
    • Android 2.2
      8:00
Einheit: Minuten, Sekunden

Man kann anhand der gemessenen Zeiten sehr gut erkennen, wie viel Erfahrungen die Probanden zuvor mit iOS und Android sammeln konnten. Während Testperson 1 bereits einige Male das eine oder andere Spiel auf beiden Plattformen ausprobiert hat und deshalb mit den Menüs ein wenig vertraut war, kam die zweite Testperson bisher noch nie mit Apple- oder Google-Smartphones in Berührung.

Interpretiert man die Zeiten genauer, liegt der Schluss nahe, dass iOS bei jenen, die noch nie ein Android- oder iOS-Gerät benutzt haben, eine steilere Lernkurve verspricht. Android ist hingegen weniger intuitiv zu bedienen.

Gründe dafür gibt es viele – vor allem im Detail. Unter Android sind beispielsweise viele Aktionen erst über die Menü-Taste zu erreichen, während unter iOS mangels Funktionstasten auf den Geräten alles Nötige auf dem Bildschirm untergebracht ist. So wurde Testperson 2 beim manuellen Abruf der E-Mails unter Android vor große Probleme gestellt. Verantwortlich dafür ist allerdings auch das kaum aussagekräftige Symbol der Menü-Taste auf dem Google Nexus One. Andere Geräte bieten hier zumindest einen entsprechenden Schriftzug, sodass man zwar immer einen zusätzlichen Schritt vollziehen, aber nicht lange nach einer geeigneten Taste suchen muss. Abgesehen von den etwas stärker verschachtelten Menüs halten sich Android und iOS aber gut die Waage. Unendlich lange Listen etwa sind zwar stets frustrierend, iOS und Android unterstützen aber das kinetische Scrollen – man kann mit „Schwung“ in Windeseile eine Liste nach unten blättern lassen.

Erfahrene Anwender werden beide Betriebssystemen rasch in vollem Umfang bedienen können. Auch die Zeit des Autors sollte zwar noch ausbaufähig sein, aber einem deutlich höheren Tempo stehen auf diesem Level bereits die Ladezeiten zwischen den Anwendungen und Menüs im Weg.

iOS-Tastatur und Android-Standard-Tastatur

Einen besonders großen Anteil an der Gesamtzeit nahm die Tastatur-Eingabe von Wörtern und Sätzen in Anspruch. Interessanterweise stellte sich Android hier als Sieger heraus, da Ziffern und Sonderzeichen schneller erreichbar sind. Unter iOS erreicht man das Dollar-Zeichen beispielsweise erst nach zwei „Klicks“ auf die zum Wechsel der Tastaturbelegung vorgesehene Schaltfläche. Unter Android gelingt dieser Zugriff etwas schneller – und man kann gelegentlich verwendete Tasten (Ampersand, Zoll-Zeichen usw.) sogar durch das Ziehen des Fingers über den oberen Rand der Tastatur hinaus auswählen. Häufig vorkommende Zeichen wie Punkte, Bindestriche oder Ausrufezeichen lassen in beiden Betriebssystemen ohne Mühe eingeben. Android bietet zudem die Möglichkeit, andere Bildschirmtastaturen zu installieren. Unter iOS ist dies nur mithilfe eines sogenannten Jailbreaks möglich.

Wer etwa aus beruflichen Gründen häufiger die Sprache wechselt, ist mit beiden Systemen gut bedient. Sowohl Android als auch iOS bieten einen schnellen Wechsel zwischen verschiedenen Eingabesprachen; auch die Tippvorschläge werden entsprechend angepasst.

Automodus in Android, Spracheingabe unter iOS 4.1

Apropos Sprache: Wer im Auto nicht auf sein Smartphone verzichten will, bekommt von beiden Plattformen die Möglichkeit, Eingaben auch per Stimme zu übermitteln. Unter Android beschränkt sich dies leider auf Ziele beim Navigieren per GPS und die integrierte Google-Suche. Anrufe oder Apps lassen sich damit nicht steuern. Unter iOS besteht immerhin die Möglichkeit, Telefonate durch gezielte Ansagen zu beginnen. Außerdem lässt sich der iTunes-Player damit steuern. Darüber hinaus gibt es bei beiden Betriebssystemen einige Programme, die sich per Stimme bedienen lassen.

Zumindest beim Bedienkomfort liegen Android und iOS in etwa gleichauf. Wer noch nie ein Smartphone besessen hat und Frust vermeiden will, sollte von Android jedoch Abstand nehmen. Alle anderen können die Wahl in erster Linie von anderen Kriterien abhängig machen.

Ein besonderes Lob hat sich Apple für die Implementierung von „VoiceOver“ verdient. Wie der SPIEGEL jüngst festgestellt hat, brach das Unternehmen aus Cupertino damit eine Lanze für Sehbehinderte. Mit Ansagen, was gerade unter dem Finger liegt und dem Aufruf per Doppeltipp ist Apple hier etwas gelungen, wovon Google sich durchaus inspirieren lassen sollte.

Multi-Tasking-Leiste in iOS 4.1

Lange gefordert und mit iOS 4 nachgeliefert worden ist das Multi-Tasking auf dem Apple-Betriebssystem. Zwar ist es technisch gesehen eine Kompromisslösung, bei entsprechender Implementierung durch die App-Entwickler ergibt sich allerdings kein Unterschied zu Android, wo Multi-Tasking tatsächlich beim Wort genommen wird. Ein Nachteil ergibt sich beim Google-Betriebssystem aufgrund der oft etwas intransparenten Hintergrundprozesse. Zwar liefert Android einen Task-Manager mit, dieser ist jedoch erst in der dritten Menü-Ebene zu finden. „Schlafende“ Anwendungen verbrauchen tatsächlich kaum Energie, leider wachen viele von ihnen gelegentlich auf oder schlummern gar nicht erst ein. In vielen Internetforen häufen sich daher die Beschwerden über kurze Akkulaufzeiten – Schuld daran ist in den meisten Fällen ein schwarzes Schaf unter den laufenden Hintergrundanwendungen.

Was bei Inaktivität oder während der Nutzung anderer Apps geschieht, wird von iOS gewöhnungsbedürftig gehandhabt. Entwickler haben die Möglichkeit, Benachrichtigungen per Push-Methode auf den Bildschirm zu senden. Dies geschieht in Form eines Popups, das gelegentlich auch mal stören kann. Android gibt hier besser Bescheid: in der Statusleiste am oberen Rand wird im Moment der Benachrichtigung ein Text ausgegeben. Anschließend verbleibt ein Symbol, das auf ungelesene Ereignisse hinweist. Sobald man die Statusleiste nach unten zieht, werden detaillierte Informationen angezeigt.

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