Android gegen iOS im Test: Zwei Religionen im Vergleich

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Benjamin Beckmann
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Anpassung und Erweiterbarkeit

Hier hat Android die Nase (weit) vorne: Während Apple offenbar sehr genau weiß, was der Kunde mag, gewährt Google dem Nutzer große Freiheit in der Anpassung von Gestaltung und Funktionen.

Dies macht sich bereits auf den ersten Blick bemerkbar: Während man unter Android nach dem ersten Start eine aufgeräumte Oberfläche mit zwei Widgets und einigen Symbolen zum Aufruf der wichtigsten Funktionen aufwartet, wirkt iOS dank bloßer Aneinanderreihung von Icons trotz bunter Farben recht eintönig und langweilig. Zwar lassen sich die Symbole dort beliebig anordnen und auf mehrere virtuelle Bildschirme verteilen, nützliche Informationen sind abgesehen von der Anzahl neuer Benachrichtigungen in gewissen Apps jedoch nicht vorhanden. Immerhin ist es seit iOS 4 möglich, das Hintergrundbild selbst zu bestimmen.

Home-Screen von iOS 4.1 und Android 2.2, Live-Ordner

Dennoch gleicht ein iPhone nicht nur Hardware-seitig sondern auch bei der Benutzeroberfläche dem anderen. Was von Apple so gewollt ist, wird nicht jedem Anwender gefallen. Selbst die Möglichkeit, die Icons in Ordnern zu organisieren, wurde halbherzig auf eine reine Gruppierung beschränkt. Android bietet hingegen seit Version 1.5 Ordner mit Live-Inhalten, sodass der Nutzer beispielsweise eine Liste aller Facebook-Kontakte einsehen kann, ohne die entsprechende Anwendung starten zu müssen.

Apple gibt im Rahmen des eigenen Konzepts für mobile Geräte eine vergleichsweise restriktive Linie vor. Eigene Tastaturen? Alternative E-Mail- oder SMS-Anwendungen? Fehlanzeige. Solche und viele weitere Dinge sind auf der iOS-Plattform leider nicht ohne sogenannten Jailbreak möglich. Da man hier einen Garantieverlust riskiert, klammern wir die Möglichkeit bei unserer Betrachtung aus. Wer sich daran nicht stören würde, kann sich über die Vor- und Nachteile eines solchen Eingriffs informieren.

Unter Android kommt man auch ohne das Jailbreak-Äquivalent (genannt „Rooting“) schon deutlich weiter. Zwar lassen sich die Google-Dienste sonst nicht deinstallieren, aber nahezu jede vorinstallierte Anwendung kann durch eine neue ersetzt werden. Die überflüssige App ist dann zwar weiterhin installiert und aufrufbar, man kann die Alternative aber als Standard festlegen. So ist es ohne Weiteres möglich, eine verbesserte SMS-App, eine alternative Tastatur wie Swype oder eine komplett andere Home-Screen-Anwendung zu installieren. Wer unbedingt Google-Apps loswerden oder Zugriff auf tiefer ins System eingreifende Apps (etwa für Cisco-VPN) benötigt, kann sich über das Erlangen von Root-Rechten unter Android und dessen Für und Wider schlau machen.

Android 2.2: Android Market
Android 2.2: Android Market
iOS 4.1: App Store
iOS 4.1: App Store
iOS 4.1: App Store (Genius-Funktion)
iOS 4.1: App Store (Genius-Funktion)

Offenes System hin oder her – Apps bieten beide Plattformen in Hülle und Fülle. Zwar sind es im Android Market „nur“ rund die Hälfte, aber inzwischen hat der Marktplatz von Google den sechsstelligen Bereich betreten. Im App Store unter iOS sind es deutlich mehr, was wohl auch an der lukrativeren Zielgruppe und den entsprechend höheren finanziellen Anreizen für Entwickler liegt. Doch egal, was man sucht: Eine App gibt es, wie ein inzwischen geflügeltes Wort mit langem Bart besagt, für alles – nicht nur bei Apple. Dank der Besinnung auf Design-Vorgaben sind die iPhone-Apps in der Regel etwas hochwertiger gestaltet. Populäre Apps stehen unter Android den iOS-Versionen aber in nichts nach. Hier entscheidet letztendlich der Geschmack.

Ein weiterer Grund für die größere Auswahl im App Store stellen wohl die Bezahlmöglichkeiten dar. Kreditkarten sind in Mitteleuropa nicht so stark verbreitet wie in den USA, daher bleibt der Android Market vielen Kunden vorenthalten – denn das Stück Kunststoff ist die einzige Option beim Google-Dienst „Checkout“. Im App Store hingegen kann man auch bequem per Lastschrift bezahlen.

In beiden Märkten findet man sich nach ein paar Minuten gut zurecht. Apple hat die Aufgabe, trotz Apps in Hülle und Fülle eine gute Übersicht zu gewährleisten, allerdings besser bewältigt. Der Android Market schwächelt vor allem dann, wenn man gute Apps in einer bestimmten Kategorie sucht. Obwohl man verschiedene Möglichkeiten zur Sortierung hat („Top kostenlos“, „Top kostenpflichtig“ und „Neu“), kann die Suche sehr lange dauern, da das vertikale Scrollen auf Dauer sehr unbequem ist. Im App Store war die Suche hingegen schneller erfolgreich, obwohl auch dort vertikal geblättert werden muss. Offenbar sind die Listen dort besser sortiert.

Grundsätzlich gilt: Wer Freiheit großzügig definiert und Herstellergarantie mag, ist mit Android besser beraten. Wer das Risiko nicht scheut, kann auf beiden Betriebssystemen nahezu alles verändern. In Sachen Auswahl und Qualität ist der iPhone-Store dem Android Market leicht überlegen. Wer Spiele mag, ist mit iOS derzeit besser bedient – hier holt das freie Betriebssystem allerdings rasant auf.