CeBIT 2011: Unser Fazit

Benjamin Marks
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Vor wenigen Stunden ist die CeBIT 2011 in Hannover zu Ende gegangen und auch wir haben bereits unsere Koffer gepackt und befinden uns auf dem Rückweg. Grund genug wie nach dem Mobile World Congress ein paar persönliche Eindrücke zu vermitteln und ein Fazit zu ziehen.

Auch wenn die deutsche Bundeskanzlerin Merkel ihren traditionellen Messerundgang ohne den türkischen Ministerpräsidenten Erdoğan angetreten hat, stand die CeBIT 2011 unter dem Stern des diesjährigen Partnerlandes Türkei. Mit insgesamt rund 4.200 Ausstellern aus 70 Ländern wuchs die CeBIT nach den rückläufiger Besucher- und vor allem Ausstellerzahlen der letzten Jahre erstmals wieder. So fanden nach einem besucherstarken letzten Messetag in diesem Jahr insgesamt 339.000 Besucher aus 90 Nationen den Weg nach Hannover. Für die CeBIT selbst gehörte das oft genannte „Cloud-Computing“ zu einem der Hauptthemen. Doch wie haben unsere Redakteure vor Ort in diesem Jahr die größte Computermesse der Welt erlebt?

Fazit von Wolfgang Andermahr, Redakteur Grafikkarten:
Seit neun Jahren statte ich der IT-Messe nun regelmäßig einen Besuch ab und, um ehrlich zu sein, war es selten so langweilig wie dieses Jahr. Irgendwie kennt man doch schon jedes „neue“ Produkt, was aufgrund der erst vor etwa zwei Monaten in Las Vegas abgehaltenen Konkurrenzmesse CES auch kein Wunder ist. In diesem kurzen Zeitraum lässt sich einfach nichts neues entwickeln. Stattdessen feiern die Hersteller lieber die „Europa-Premiere“, was aus etwas Bekanntem aber nichts Neues macht. Auch der deutlich niedrigere Geräuschpegel in den Messehallen spricht für sich selber, denn selbst die berüchtigten (und bei Fachbesuchern gefürchteten) „Verlosungen“ am Messestand waren kaum zu finden.

Dementsprechend entwickelt sich die CeBIT von Jahr zu Jahr mehr zu einer Veranstaltung, die es einem ermöglicht, Kontakte zu Unternehmen aufzufrischen, neue zu entdecken und die Kollegen wiederzusehen.

Was lässt sich schlussendlich über die CeBIT also sagen? Ganz einfach: Wenn die Messe so weiter macht, wird sie für unsere Publikum bereits in einigen Jahren vollkommen ihren Stellenwert verloren haben. Die CES und die Computex sind für ComputerBase jetzt schon deutlich interessanter, was nicht nur an dem ungünstigen Termin der Hannover-Messe, sondern genauso an dem immer wieder wechselnden Konzept und zu guter Letzt zusätzlich an zu teuren Standgebühren liegt.

Fazit von Patrick Bellmer, Redakteur Smartphones/Notebooks:
Nicht zuletzt durch die „Sandy Bridge“-Probleme gab es gerade im Bereich Notebooks so gut wie keine Neuheiten. Entweder handelte es sich bei den ausgestellten Geräten um Modelle, die schon auf der CES in Las Vegas zu sehen waren, oder sie befanden sich in einem so frühen Stadium, dass die Hersteller nichts zu den technischen Details sagen konnten respektive wollten.

Bei Smartphones und Tablets sah es sogar noch trauriger aus, hier beschränkte sich das Angebot auf das, was schon vor wenigen Tagen in Barcelona, im Rahmen des MWC, gezeigt wurde. Hier und da haben einige Hersteller zwar an der Hard- oder Software gearbeitet, wirklich Nennenswertes ist dabei aber nicht herausgekommen. Das einzig wirklich Neue wurde am Mittwoch in Form des iPad 2 gezeigt wurde – bezeichnender Weise nicht auf der CeBIT.

Letztendlich nur ein weiteres Zeichen dafür, dass die Veranstalter dringend am Konzept oder dem Termin arbeiten müssen. Neben teils erschreckend leeren Hallen und den zahlreichen großen, nicht vertretenen Herstellern fällt das persönliche Fazit deshalb eher negativ aus.

Fazit von Benjamin Marks, Redakteur Komplettsysteme und Gehäuse:
Der Gehäusemarkt ist generell schon sehr weitläufig abgedeckt und nur die wenigsten Hersteller haben Gehäuse ausgestellt, die wirklich neu waren und nicht schon vorher in schier unzähligen Pressemitteilungen veröffentlicht wurden. Einzig das PC-U6 aus dem Hause Lian Li sowie das noch nicht getaufte mini-ITX-Gehäuse von Zalman, das ich in einer Hotelsuite begutachten durfte, stellten wirkliche Neuheiten dar. In einigen Terminen wurden Prototypen vorgestellt, die durchaus sehenswert waren, über die jedoch leider nicht berichtet werden durfte.

Deutlich interessanter sah es da bei Prozessorkühlern aus. Viele Hersteller boten interessante Konzepte und zeigten damit, dass die Entwicklungen bei der Kühlung noch lange nicht abgeschlossen sind.

Im Bereich der Komplettsysteme war auf der diesjährigen CeBIT deutlich der Einfluss von Intels „Sandy Bridge“ zu merken. Einige Hersteller wagten den Schritt zu einem kleinen und, zumindest von der Rechenleistung her, potenten System und könnten damit in Zukunft auf regen Anklang sowie eine breite Käuferschaft treffen. Letztlich gab es aber auch in diesem Sektor keine wirklichen Neuheiten, da nur die Hardware verbaut wird, die sich ohnehin schon auf dem Markt befindet. Das Rad wird also auch hier nicht neu erfunden.

Mein persönliches Fazit: Die CeBIT war wie in jedem Jahr sehr interessant. Aufgrund des ungünstigen Zeitpunktes – kurz nach der Consumer Electronics Show in Las Vegas sowie dem Mobile World Congress in Barcelona – fehlte jedoch der gewisse „Wow-Effekt“ mit unzähligen Neuheiten, die vorher so noch nicht zu sehen waren. Fernab von Produkten gab es vielerorts Möglichkeiten für ein persönliches Gespräch und den Auf- respektive Ausbau der eigenen Kontakte. Auch das ist im Endeffekt Gold wert!

Fazit von Volker Rißka, Redaktionsleiter:
Altbekannt! Und deshalb „Langweilig!“ Zwei der wohl meistgehörten und auch selbst gepflegten Aussagen dieser CeBIT. Nach der CES vor nicht einmal zwei Monaten und wenige Tage nach dem MWC, auf denen ComputerBase ebenfalls direkt vor Ort war, blieb für die CeBIT erneut nur der Rest von dem, was die Hersteller im ersten Halbjahr vorstellen wollen. Und dies war in 95 Prozent der Fälle schlichtweg gar nichts mehr. So versuchten es einige Hersteller mehr oder weniger geschickt, bestimmte Dinge als „Europa-Premiere“ zu verkaufen – die informierten Herrschaften und selbst normale, sich im Internet informierende Besucher lockt man damit natürlich nicht hinter dem Ofen vor. Und so wurde dann doch auch von den Herstellern schnell eingesehen, dass die eigenen Produkte im Regelfall irgendwie doch schon mal gezeigt wurden.

Am Ende bleibt zudem ein weiterer Punkt festzuhalten, der zumindest mir mehr als kurios vorkommt. Der erste Messetag, früher ein Garant für Staus und hohen Andrang – dieses Jahr Fehlanzeige! Dienstag morgen, kurz nach 9 Uhr auf dem Messeschnellweg und ein Durchrauschen bis zum Parkplatz, der auch noch fast in der ersten Reihe liegt – perfekt und gleichzeitig noch nie erlebt. Liest man dann am Abend des gleichen Tages plötzlich eine Pressemeldung über „volle Hallen“ und „großen Andrang“, die von hunderten Zeitungen ungefragt übernommen wird, kommt man sich persönlich wie in einem falschen Film vor. Denn neben weniger Hallen und oft auch noch großen Raumteilern in den genutzten Örtlichkeiten, vielerorts dazu breiteren Gängen als zuvor und auch mehr Sitzmöglichkeiten, bildet sich im eigenen Kopf doch ein etwas anderes Bild. Und dies fiel nicht nur uns als relativ viel reisenden Redakteuren auf, auch und gerade ortsansässige Journalisten und beispielsweise die Fahrer der Presse-Shuttle-Busse ließen genau die gleichen Erkenntnisse durchblicken.

Für die Messe selbst wird es Zeit, sich endlich zu entscheiden. Alle zwei, drei Jahre ein neues Konzept, das dann wieder über den Haufen geworfen wird, sorgt nicht unbedingt für eine positive Grundstimmung.