FIFA 12 im Test: Eine ballrunde Sache, auch auf dem PC

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Sasan Abdi
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FIFA 12 auf einen Blick

Man kann das Kind gleich beim Namen nennen: „FIFA 12“ verdient sich den Zahlensprung im Titel und ist ohne Zweifel das beste „FIFA“, das man auf dem PC derzeit spielen kann. Der Grund für dieses satte Vorab-Lob ist eine solide Kombination aus neuen Aspekten und einer – für PC-Spieler nicht selbstverständlichen – ordentlichen technischen Umsetzung. Doch der Reihe nach.

Die wichtigste der genannten Neuerungen betrifft das Defensivverhalten. In dieser Hinsicht verdiente sich „FIFA“ bisher das nicht ganz wertfrei besetzte Prädikat „arcadig“: Statt umfassender Koordination galt es vielmehr, stumpf eine Taste gedrückt zu halten oder gleich zur riskanten Grätsche anzusetzen. In „FIFA 12“ kommt es dagegen mehr denn je auf das richtige Timing und das geschickte Zusammenspiel von neuen Möglichkeiten an.

Über die „Ablaufen“-Taste nähert man sich beispielsweise zunächst einem über den Flügel stürmenden Gegner an, um ihn dann im Laufduell abzuschirmen und über ein im richtigen Moment gesetztes Tackling den Ball abzuluchsen. Alternativ lässt sich in einer solchen Situation in Abhängigkeit vom Vorgehen des Spielers auch ein kartenfreies Foul provozieren, was den Geschicklichkeitsfaktor nur unterstreicht.

Kurzer Video-Eindruck aus einer „FIFA 12“-Partie

Diese neue Konzeption hat satte Auswirkungen auf die Spielmechanik: Die Defensivarbeit erfordert nun ein deutliches Mehr an taktischer Übersicht, da die bisher gültige Haudrauf-Vorgehensweise nicht mehr zieht und es so nicht mehr nur auf das eins-gegen-eins-Duell, sondern auf ein umsichtiges Stellungsspiel und Raumdeckung ankommt. Dabei büßt „FIFA 12“ zwar durchaus an Tempo ein, gewinnt aber an Authentizität und Spieltiefe hinzu, was der Reihe gerade im Vergleich zum vermeintlich stets realistischeren Konami-Konkurrenten „Pro Evolution Soccer“, zu dessen 2012er-Ausgabe wir demnächst einen Test nachreichen werden, gut tut.

Zusammengefasst kann sich das neue Defensivsystem aufgrund einer stärkeren taktischen Ausrichtung durchaus sehen lassen, auch wenn das Ablaufen in manchen Fällen zu einem undynamischen Nebeneinanderherlaufen verkommt. Für „FIFA“-Enthusiasten bedeutet die Veränderung trotz eines extra Tutorials in jedem Fall eine nicht zu unterschätzende Umstellung, die in den ersten Stunden ab und an für lange Gesichter sorgen kann – ein mit Blick auf die Güte des Features zu verkraftender Nebeneffekt, den wir gerne verzeihen.

Mit der neuen Defensive korrespondiert auch die „Player Impact Engine“ genannte Überarbeitung der Physik: Zusammenstöße wirken im Vergleich zu den Vorgängern tatsächlich differenzierter und lebensnaher, was ebenfalls die Spieltiefe erhöht und im Vergleich zu den einförmigen Bewegungsabläufen aus einem „FIFA 10“ wie die Präsentation aus einem anderen Jahrhundert wirkt.

Trotz dieser durchweg positiven Eigenschaften hat die Physik aber auch mit ein paar Problemen zu kämpfen. Neben kleineren, aber durchaus häufiger vorkommenden Clippingfehlern wird der gute Eindruck vor allem von – immerhin selten – auftretenden Bugs getrübt, bei denen leichter Körperkontakt beim Gegner fast schon flummyähnliche Effekte auslöst. Da sich diese Ungereimtheiten allerdings in engsten Grenzen bewegen, kann auch für die Engine-Überarbeitung ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt werden.

Auch in Sachen Grafik hat sich etwas getan, obwohl man im Vergleich zu „FIFA 11“ keine allzu großen Sprünge erwarten darf. Immerhin wird man mit nochmals überarbeiteten, feineren Spielergesichtern, mehr Details und weiterhin sehr ansehnlichen Stadion-Kulissen beglückt. Einziger Wehrmutstropfen sind die nach wie vor ziemlich lieblos in Szene gesetzten Zuschauer – seltsam, dass EA Sports an dieser Stelle auch für die 12. Version im neuen Jahrtausend nicht richtig nachgebessert hat.

Einige Eindrücke zur Grafik von „FIFA 12“

Getrübt wird die gelungene visuelle Umsetzung einzig – und wieder einmal – durch eine mangelhafte Optimierung. Während wir von dieser letztes Jahr im Unterschied zu vielen anderen Spielern verschont blieben, hatten wir im Rahmen von diesem Test dieses Mal genauso wie viele andere ebenfalls mit niedrigen Bilderraten zu kämpfen. Auf unserem praxisnahen Testsystem kam es dabei zu folgendem Phänomen: „FIFA 12“ lief bei 4 x AA, maximalen Details und einer Auflösung von 1680 x 1050 bei aktiviertem VSync unter Catalyst 11.9 zunächst erwartungsgemäß mit stabilen 60 Bildern pro Sekunde (FPS). Allerdings brach die Rate immer wieder für Minuten auf zusätzlich von Mikrorucklern verunstaltete 40 FPS ein – ein unschönes Gemenge, das nahe an der Unspielbarkeit liegt.

Die Lösung für dieses Problem dürfte auf vielen Systemen mit AMD-Grafikkarten immerhin ziemlich einfach sein, da von „FIFA 11“ bereits bestens bekannt. Diese sorgte auf unserem Testsystem für durchgängig stabile 60 FPS, allerdings berichten andere AMD-Karten-Besitzer, dass auch dies nicht half:

  • RivaTuner herunterladen und installieren.
  • D3DOverrider ausführen (im RivaTuner-Ordner unter „Tools“).
  • Über das „Plus“-Symbol die „fifa12.exe“ hinzufügen und sowohl VSync als auch Tripple Buffering auf „On“ belassen.
  • In der fifasetup.ini den Eintrag „SCREEN_SLEEP=X“ auf „0“ setzen (zu finden unter Nutzer -> Eigene Dokumente -> FIFA 12).

Im Config-Dialog von „FIFA 12“ muss VSync deaktiviert werden; auch im Treiber müssen VSync und Tripple Buffering deaktiviert werden.

Trotz dieses und anderer möglicher Workarounds muss festgehalten werden: In dieser Hinsicht präsentiert sich „FIFA“ auch im Jahr 2011 als nicht konsequent entwickeltes Produkt.