„Vorratsdatenspeicherung light“ durch TKG-Novelle?

Andreas Frischholz
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Die im Bundestag beschlossene Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) sorgt in einigen Punkten für erhebliche Kritik. Neben einer wachsweichen Formulierung zur Netzneutralität erlaubt das Gesetz eine zeitlich unbegrenzte Aufzeichnung von Verkehrsdaten, was als „Vorratsdatenspeicherung light“ interpretiert wird.

Durch eine Änderung der Novelle hat die Bundesregierung Netzbetreiber verpflichtet, die zu Abrechnungszwecken benötigten Verkehrs- und Standortsdaten nicht mehr unverzüglich zu löschen. In dem ursprünglichen Gesetzesentwurf war eine Speicherfrist von drei Monaten vorgesehen, die kurzfristig zur Überraschung der Oppositionsparteien gestrichen wurde. Sebastian Nerz, Bundesvorsitzender der Piratenpartei, sagte: „Und natürlich haben die Ermittlungsbehörden Zugriff darauf. Das kommt für diese sogenannten Verkehrsdaten einer unbegrenzten Vorratsdatenspeicherung“. FDP-Netzpolitiker Manuel Höferlin will die Vorwürfe jedoch nicht gelten lassen: „Es gibt auch weiterhin keine staatliche Verpflichtung zur Speicherung von Verkehrsdaten für Telekommunikationsanbieter.“ Die Rechtslage bleibe auf dem 2004 von der rot-grünen Regierung geschaffenen Stand.

Die Reglung der Netzneutralität wurde gegenüber dem ursprünglich Entwurf der TKG-Novelle ausgeweitet, allerdings sind die Vorgaben für potentielle Bestimmungen der Bundesnetzagentur oder Rechtsverordnungen des Parlaments äußerst vage. Linke-Abgeordnete Halina Wawzyniak bezeichnet das Gesetz als Placebo der Regierungsparteien, um der Kritik einer fehlenden gesetzlich Festschreibung der Netzneutralität zu begegnen. Diese verpflichtet die Telekommunikationsanbieter eine „willkürliche Verschlechterung von Diensten und eine ungerechtfertigte Behinderung oder Verlangsamung des Datenverkehrs“ zu verhindern. „Diese Formulierung schließt eine nicht willkürliche Verschlechterung ebenso wenig aus wie eine gerechtfertigte Behinderung“, kommentiert Wawzyniak. Der Verein Digitale Gesellschaft übt ebenfalls Kritik, die festgeschriebene Reglung führe zu nichts. Stattdessen fordern die Netzaktivisten eine strikte Reglung, welche die Netzneutralität garantiert und „der Bundesnetzagentur und der Öffentlichkeit die notwendigen Instrumente an die Hand gibt“, um die Einhaltung zu kontrollieren.

Die Änderungen in der TKG-Novelle umfassen außerdem neue Reglungen für den Ausbau von Breitband-Infrastruktur und den Verbraucherschutz. Unternehmen sollen dazu veranlasst werden, größere Summen in Hochgeschwindigkeitsnetze zu investieren. Um den Ausbau von Glasfasernetzen voranzutreiben, sollen alternative Infrastrukturen wie Abwasserkanäle, Energieleitungen oder bestehende Kabelkanäle in Straßen und an Schienen genutzt werden können.

Nicht einigen konnte man sich auf einen Breitband-Universaldienst, der die Wirtschaft dazu verpflichtet, alle Haushalte mit einem schnellen Internetanschluss zu versorgen. Verantwortlich für diese Entscheidung ist vornehmlich die FDP, auf die den Ausbau dem freien Markt überlassen will. Vor allem diese Entscheidung stießt auf Kritik bei den Oppositionsparteien. „Unverständlich ist vor allem, dass die Koalition sich auch weiterhin einer gesetzlichen Absicherung der Breitband-Grundversorgung verweigert, die inzwischen Teil der Daseinsvorsorge geworden ist“, sagte Martin Dörmann von der SPD-Bundestagsfraktion. Er fordert eine Universalverpflichtung ab 2013, um eine flächendeckende Grundversorgung mit schnellen Internet zu gewährleisten.

Reglungen zur Verbesserung des Verbraucherschutzes sehen vor, dass Warteschleifen bei Telefon-Hotlines künftig weitgehend kostenfrei zur Verfügung stehen. Für die Umsetzung hat man eine einjährigen Übergangszeit eingeräumt. Bei Festnetzanschlüssen soll künftig der Wechsel des Telefonanbieters innerhalb eines Arbeitstages erfolgen. Zieht ein Kunde um, kann er den alten Vertrag mitnehmen, ohne das die Mindestlaufzeit von vorne beginnt.

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