Patente: Motorola schlägt Apple in Deutschland

Sasan Abdi
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Dem im vergangenen Jahr losgetretenen Patentkrieg unter den Smartphone- und Tablet-Herstellern kann ein neues Kapitel hinzugefügt werden: Wie nun bekannt wurde, hat Motorola den Widersacher Apple vor dem Landgericht Mannheim geschlagen und dabei theoretisch ein Verkaufsverbot erwirkt.

Die konkreten Auswirkungen dieses Sieges sind allerdings noch völlig unklar und könnten sich nach Auslegung von Apple gar als minimal herausstellen. Feststeht zunächst nur, dass das Landgericht Mannheim der US-amerikanischen Apple Inc. untersagt, hierzulande mobile Geräte anzubieten, da diese nach Auslegung der zuständigen Richter gegen Motorola-Patente verstoßen. Dies geht aus der Entscheidung hervor, die kürzlich vom Blog Foss Patents veröffentlicht wurde.

Die erste damit zusammenhängende Unklarheit betrifft bereits die davon betroffenen Apple-Geräte, da diese in der vorliegenden, öffentlichen Version des Urteil nicht näher spezifiziert werden. Ein Blick auf die verwendeten Formulierungen und die Homogenität von Apples mobilem Betriebssystem iOS lässt allerdings den Schluss zu, dass sowohl das iPhone, als auch das iPad potentiell betroffen sind. So betrifft die festgestellte Patentverletzung laut der Entscheidung unter anderem ein

Verfahren zur Verwendung in einem drahtlosen Kommunikationssystem zum Senden eines Kommunikationssignals, das eine Vielzahl von Blöcken von Informationen umfasst, wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:

  • Senden der Vielzahl von Blöcken von Informationen über eine vorbestimmte Anzahl von Kanalressourcen;
  • Bestimmen einer Anzahl aus der Vielzahl von Blöcken, die noch gesendet werden müssen;

Dabei handelt es sich offenbar um das Europäische Patent 1010336 (B1), was unterstreicht, dass Google Motorola insbesondere mit Blick auf dessen Patentreichtum übernommen hat. Konkreter ist das Verfahren laut Entscheidung wie folgt gekennzeichnet:

  • basierend auf der vorbestimmten Anzahl von Kanalressourcen, Anpassen der Anzahl aus der Vielzahl von Blöcken, die noch gesendet werden müssen, um eine angepasste Anzahl übrigbleibender Blöcke zu erzeugen; und
  • Senden der angepassten Anzahl von Blöcken, die dem drahtlosen Kommunikationssystem übrigbleiben

Zudem soll Apple das Europäische Patent 0847654 (B1) verletzt haben, bei dem es sich um ein bestimmtes Verfahren zur Status-Synchronisation handelt.

Während damit die Patente und die betroffenen Geräte umrissen wären, herrscht einige Unklarheit zu den Auswirkungen des Urteils. In einem ersten Statement stellt Apple fest, dass es sich hierbei um eine „prozedurale Angelegenheit“ handle, die nichts mit dem eigentlichen Sachverhalt zu tun habe und deswegen vorerst auch keine Auswirkungen haben werde: „Dies wird unsere Geschäftsaktivitäten und den Verkauf von Produkten in Deutschland aktuell nicht einschränken“.

In der Tat betrifft die Entscheidung zunächst nur die Apple Inc., was das Geschäft von Apple hierzulande nur geringfügig berührt, da dieses über Apple Deutschland läuft. Doch schon in dieser Hinsicht existieren unterschiedliche Interpretationen: So wird bereits argumentiert, dass Motorola nicht nur Apple Inc., sondern auch Apple Deutschland verklagt habe, was allerdings nicht aus dem Versäumnis-Urteil des LG Mannheim hervorgeht. Bei dem vorliegenden Dokument handelt es sich allerdings nur um die öffentliche Ausgabe des Urteils, die wohl nicht alle Aspekte enthält, sodass es dieser Interpretationsweise nach möglich ist, dass auch Apple Deutschland betroffen ist.

Doch auch aus weniger diffuser Perspektive scheint eine Interpretation gültig, wonach es sich hierbei nicht ausschließlich um einen symbolischen Sieg von Motorola (bzw. der von Google geführten Android-Fraktion) handelt. So wird, wer die Domain http://www.apple.de besucht, automatisch auf http://www.apple.com/de weitergeleitet, womit die relevante US-amerikanische Apple Inc. durchaus im Spiel wäre – in dieser Hinsicht kann das Urteil auch nach jetzigem Stand der Dinge somit durchaus Auswirkungen haben, da die Apple-Produkte auch über die besagte Webseite vertrieben werden.

Zudem öffnet die Entscheidung die Tür zu unterschiedlichen Auslegungen. So könnte Motorola fortan argumentieren, dass die deutsche Apple GmbH nur formal-juristisch eine eigene Einheit sei, de facto aber direkt dem US-amerikanischen Mutter-Konzern unterstehe, was je nach Auslegung einige Implikationen mit sich bringen kann. Dahinter steht der grundsätzliche Umstand, dass derlei Entscheidungen nicht nur auf das jeweilige Land, sondern in aller Regel auch nur auf bestimmte Teile des beschuldigten Konzerns angewendet werden. So galt das Verkaufsverbot für Samsungs Galaxy 10.1 theoretisch auch nur für Samsung Korea und Samsung Deutschland, was den Verkauf über andere (europäische) Ableger des Herstellers mit Blick auf weitere juristische Schwierigkeiten aber dennoch unterband.

Das ein solcher Verkauf, sozusagen „über Bande“, trotz Verkaufsverbotes eine heikle Angelegenheit darstellt, lässt sich bereits auf rein rhetorischer Basis erkennen, da es sich bei den Länderablegern der Konzerne um bloße Marketing- und Vertriebshubs handelt, die das vom Mutterkonzern verantwortet und gelieferte Produkt in ihren lokalen Märkten vertreten.

Eine weitere Theorie besagt schließlich, dass die Auseinandersetzung vor dem LG Mannheim zu guten Teilen von der anstehenden Untersuchung der sogenannten „FRAND-Patent-Angelegenheit“ durch die Europäische Kommission beeinflusst worden sein könnte. Gegenstand dieser Untersuchung wird sein, inwieweit Samsung bei seinen letzten Patentklagen gegen Apple zu aggressiv vorgegangen ist, da es sich insbesondere bei den thematisierten 3G-Patenten um FRAND-Patente (FRAND: fair, angemessen, nicht diskriminierend) handelt, die anderen Unternehmen vergleichsweise einfach zugänglich gemacht werden müssen. Der Theorie nach hat Apple mit Blick auf diese wichtige Untersuchung ein Versäumnis-Urteil riskiert, um die dahingehende Auseinandersetzung zu verschleppen und eine echte Entscheidung auf die Monate nach der Aufnahme des für Samsung potentiell schmerzhaften Verfahrens durch die Europäische Kommission zu legen.

Welche dieser Sichtweisen und Theorien nun tatsächlich zutreffend ist, lässt sich gegenwärtig kaum objektiv sagen. Unterm Strich gilt für den heutigen Tag, dass das Urteil des LG Mannheim abgesehen von einem symbolischen Sieg konkret nur geringfügige Implikationen mit sich zu bringen scheint. Mittel- und langfristig könnte sich dies aber ändern, sodass abzuwarten bleibt, welche Auswirkungen sich tatsächlich entfalten werden.

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