Star Wars: The Old Republic im Test: BioWare wagt MMORPG

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Sasan Abdi
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SWTor auf einen Blick

„Star Wars: The Old Republic“ ist zu jener Riege von Spielen zu zählen, die schon lange Zeit vor der Veröffentlichung von einem enormen Diskussionsaufkommen eingerahmt werden. Neben inhaltlichen Diskussionen dominierte dabei immer wieder eine sehr kontroverse Betrachtungsperspektive: Der Vergleich mit dem Genre-Giganten „World of Warcraft“, der unter den Spiele-Interessierten regelmäßig zu heftigen verbalen Gefechten führte und weiterhin führt.

Dieser Vergleich ist aufgrund des direkten Konkurrenzverhältnisses prinzipiell sinnvoll und angebracht, führt allerdings zu weit, wenn bis ins Detail auf Biegen und Brechen versucht wird, die Kontrahenten miteinander zu vergleichen. Aus diesem Grund soll dieser wichtige, aber methodisch nicht unproblematische Vergleich gleich zu Beginn in aller Kürze auf einer sehr allgemeinen Ebene behandelt werden: Nein, BioWare erfindet mit „Star Wars: The Old Republic“ das Rad der MMORPG-Spiele nicht neu. Dennoch gehen die Entwickler in vielen kleinen Details und einem sehr großen eigene Wege, weswegen sich ein direkter, andauernder Vergleich in unseren Augen kaum sinnvoll durchführen lässt und im Folgenden deshalb weitgehend ausgeblendet werden soll.

Charaktereditor in SWTor

Dass der Ursprung und das verfolgte Paradigma aus gleichen Wurzeln stammt, macht sich schon beim Einstieg in SWTor bemerkbar. An dieser Stelle steht – ganz gewöhnlich – zunächst die Charaktererstellung, mit der auch die Fraktion- und Klassenwahl einhergeht. Während der Editor nach unserem Geschmack gut und gerne einige weitere Optionen zur Bearbeitung des Äußeren aufweisen könnte (immerhin: die Basis ist mit zehn „Star Wars“-Völkern sehr ordentlich), dürften viele ambitionierte Spieler bei der Fraktion- und Klassenwahl schon zermürbende Hin-und-Her-Erwägungen führen.

Bei der Fraktionswahl stehen sich mit der liberalen, aber irgendwie angestaubten Republik und dem militaristisch-dunklen Imperium der Sith die zwei gängigen Seiten aus dem „Star Wars“-Imperium gegenüber. Innerhalb dieser Fraktionen kann der Spieler aus vier unterschiedlichen Klassen wählen, die ihrem jeweiligen Pendant in der anderen Fraktion durchaus ähneln, im Kern aber tatsächlich mehr oder weniger „einzigartige“ Optionen darstellen. Dem republikanischen Soldaten steht dabei der imperiale Kopfgeldjäger, dem Jedi-Ritter der Sith-Krieger gegenüber. Zu den weiteren Klassen sind der Jedi-Botschafter und Schmuggler (Republik) sowie der Imperiale Agent und Sith-Inquisitor zu zählen.

Auch wenn sich je zwei Klassen eine Start-Welt teilen, findet sich in dieser Vielfalt einer der Gründe dafür, dass SWTor es allein vom Umfang her in sich hat, denn prinzipiell ist mit jeder Klasse ein eigener, mehr oder weniger fein abgestimmter Weg verbunden, was den Spielwert je nach Vorlieben und Einsatz durchaus erhöht und ganz nebenbei potentiell dazu beiträgt, die Spielerschaft über einen langen Zeitraum an ein Abonnement zu binden.

Um die Varianz weiter zu erhöhen, ist es mit der Klassenwahl allerdings noch nicht getan. Stattdessen steht ab Klasse 10 eine weitere Entscheidung an, bei welcher der Charakter innerhalb der jeweiligen Klasse eine von zwei weiteren Subklassen verpasst bekommt. Ein republikanischer Soldat kann dabei beispielsweise zum „Kommando“ (Heiler) oder „Frontkämpfer“ (Tank) weiterentwickelt werden – ein sinnvolles Unterfangen, das beispielsweise mehr Feintuning bei der Gruppenbildung ermöglicht.

Die weitere Charakterentwicklung geht wenig spektakulär und nach altbekanntem Muster vonstatten: Man investiert per Level-Up gesammelte Erfahrungspunkte in drei Talentbäume, wobei nach Pyramiden-Manier alle grundlegenden Fähigkeiten erlernt sein müssen, um in die nächste Stufe vorstoßen zu können.

Bis zu diesem Punkt präsentiert sich SWTor aber – um den Vergleich noch einmal zu bemühen: ähnlich wie „World of Warcraft“ – ein wenig fade. So beginnen zwar alle Klassen wie angedeutet in einer bestimmten, mit einer klassenspezifischen eigenen Handlung verknüpften Umgebungen; in der Summe hat man es aber bis Level 10 vor allem mit einem mehrstündigen, nicht so richtig packenden Tutorial angeht.

Als republikanischer Soldat wird man beispielsweise gemeinsam mit der Klasse der Schmuggler auf den Planeten Ord Mantell verfrachtet, auf dem ein Aufstand von Separatisten tobt, die sich mit allen Mitteln und der Hilfe von dritten Kräften von der Republik lossagen möchten. In den folgenden Stunden besucht man unterschiedliche Schauplätze der kargen Umgebung, um langsam aber sicher einer mittelgroßen Verschwörung auf die Spur zu kommen, die auch nach dem Erreichen von Level 10 und der damit verbundenen Versetzung auf die Hauptwelt einen roten Faden in der Thematik darstellt.

Auch die Spielwelt als solche ist eine Erwähnung wert, denn eine essentielle Kritik ist durchaus zutreffend: SWTor wirkt im Vergleich zu manchem Konkurrenten aufgrund von vielen separaten Schauplätzen ziemlich zerstückelt. Wer also weite, freie Gebiete liebt, dürfte das ein oder andere Mal von den teils eher engen Arealen enttäuscht werden. Diese lassen sich zu guten Teilen aber auch mit dem Setting erklären, in dem kleine Raumgleiter und Stationen nun mal zur Umwelt gehören. Gleichermaßen zu erklären ist, dass die SWTor-Umgebung kaum an die Inszenierung einer guten Offline-Umwelt heranreichen kann: Aufgrund von neu-spawnen, fest positionierten Gegnern wirkt die Spielwelt selbst an belebten Orten wie den vielen Bars häufig ein wenig statisch.

Das der Spielwelt zugrunde liegende Quest-Design variiert stark von eher langweilig bis spannend und wird ab Level 16 sogar ab und an von wenig anspruchsvollen, sehr arcadigen Weltraumgefechten unterbrochen. Gerade in den Nebenmissionen hat man es dabei all zu oft mit ziemlich öden Konserven-Aufträgen zu tun, bei denen man bestimmte Gegenstände einsammeln oder bestimmte Gegner(typen) zur Strecken bringen soll. Auch wenn es sich dabei um eine absolut gängige Konzeption handelt, hätten wir uns gerade in dieser Hinsicht von den Erzähl-Experten von BioWare ein wenig mehr neue Impulse und stärkeren Tiefgang gewünscht. Letzterer wird aber immerhin immer mal wieder bei den Hauptmissionen erreicht, die über mehrere Stufen und einige Wendungen in gewohnter BioWare-Manier und -Qualität eingebettet worden sind.

Gleiches gilt für die Geschichte als solche: Im Großen und Ganzen profitiert diese bei vielen Klassen von einer durchaus spannenden Erzählung, die von den immer mal wieder besonderen Hauptmissionen solide flankiert wird. Dies ist insofern bemerkenswert, als dass sich der Fokus verschiebt: Statt nur das Aufleveln und die besten Items vor Augen zu haben, trägt vor allem auch die Handlung zur Motivation bei, was nicht zuletzt daran liegt, dass sie den Spieler bis zur Level-Obergrenze (50) stetig begleitet. Wenn man danach sucht, findet sich bereits hier ein handfester Unterschied zu „World of Warcraft“.

Dass die Nebenmissionen und -schauplätze nur Beiwerk und vor allem Möglichkeit zum Leveln bieten, lässt sich vor allem ab Level 10 aufwärts immer einfacher verzeihen, auch wenn BioWare bei den Nebenmissionen wie angedeutet durchaus eine etwas innovativere Konzeption – weg von „Suche und Zerstöre“ samt andauernd neu-spawnender Gegnerhorden – hätte präsentieren können.

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