ACTA gehen die Unterstützer aus

Andreas Frischholz
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Allmählich wird es eng für ACTA. Im Laufe dieser Woche haben nach der sozialdemokratischen und der grünen Fraktion auch die Liberalen im EU-Parlament erklärt, gegen das Abkommen zu stimmen. Hinzu kommt ein kritischer Bericht des Europäischen Datenschutzbeauftragten.

Die EU-Datenschützer kritisieren vor allem die vagen Formulierungen von ACTA (ComputerBase-Bericht). Infolge dessen könnten Maßnahmen zum Schutz von geistigen Eigentumsrechten, die aufgrund der unpräzisen Formulierungen im Abkommen nicht korrekt umgesetzt werden, unakzeptable Folgen für die Grundrechte haben – beispielsweise in einer breit angelegten Überwachung des Verhaltens und der Kommunikation von Nutzern.

Der stellvertretende EU-Datenschutzbeauftragte Giovanni Buttarelli erklärt, dass „eine richtige Balance zwischen dem Kampf gegen Verletzungen des Rechts auf geistiges Eigentum und den Rechten auf Schutz der Privatsphäre und Datenschutz“ gewährleistet werden muss. Speziell kritisieren die Datenschützer die nicht ausreichenden Einschränkungen und Schutzmaßnahmen, wie etwa einen wirksamen Rechtsschutz, sowie nicht verhältnismäßige Maßnahmen, zu denen eine unterschiedslose oder breit angelegte Überwachung der Nutzer aufgrund geringfügiger und nicht profitorientierter Verstöße zählt. Die anvisierten Durchsetzungskooperationen zwischen Providern und Rechteverwertern missfallen den Datenschützern ebenfalls.

Bei den Fraktionen im EU-Parlament haben mittlerweile auch die Liberalen angekündigt, gegen ACTA stimmen zu wollen. Das Abkommen habe „die Klarheit und Gewissheit hinsichtlich ihrer praktischen Umsetzung vermissen lassen“, sagte Fraktionschef Guy Verhofstadt. Grundsätzlich sprechen sich die Liberalen aber für einen stärkeren Schutz von geistigem Eigentum aus, jedoch müssen die Maßnahmen konkreter formuliert werden. Als letzte nennenswerte Fraktion auf Seiten der ACTA-Unterstützer verbleiben damit die Konservativen, nachdem Sozialdemokraten und Grüne bereits vor zwei Wochen bekannt gaben, gegen das Abkommen zu stimmen. Allerdings fordern die Konservativen noch Änderungen am Abkommen, beispielsweise soll die EU-Kommission zusichern, dass die Umsetzung in Europa „grundrechtsschonend“ erfolgt.

Nach derzeitigem Stand wird über ACTA Anfang Juli abgestimmt, sicher ist der Termin aber noch nicht, ebenso wie eine Mehrheit gegen das Abkommen – auch wenn man zuletzt den Eindruck bekommen konnte, dass die Abstimmung im EU-Parlament nur noch Formsache ist. Die Netzaktivisten von netzpolitik.org gehen allerdings davon aus, dass die ACTA-Gegner im Parlament derzeit nur über eine knappe Mehrheit verfügen. Aktuell finden noch Debatten in verschiedenen Ausschüssen statt und Interessensgruppen – sowohl auf Seiten der Befürworter als auch der Gegner – versuchen die Entscheidung der Abgeordneten zu beeinflussen. Es ist also durchaus möglich, dass sich die Mehrheitsverhältnisse im EU-Parlament noch verschieben.

25 Jahre ComputerBase!
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