Schufa will Facebook und Co. zur Recherche nutzen

Sasan Abdi
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Dieses Vorhaben besitzt Sprengkraft: Die privatwirtschaftliche deutsche Wirtschaftsauskunftei Schufa plant laut übereinstimmenden Medienberichten, bei Prüfungen zur Kreditwürdigkeit zukünftig unter anderem auch Nutzer von Facebook und Twitter zu durchleuchten.

Nach Berichten von Welt Online und NRD Info bestätigte die Schufa kürzlich, dass unter dem Namen „SCHUFALab@HPI“ ein Forschungsprojekt existiert, welches die Möglichkeiten zur Verwendung von Facebook, Twitter und anderen Internetquellen zur Erhebung von Verbraucherdaten ausloten soll. Dabei bewege man sich aber entgegen der von Verbraucherschützern vorgebrachten Kritik in einem legalen Rahmen.

Laut Recherchen von NRD Info plant die Schufa konkreter, im Rahmen des besagten Projekts beispielsweise die Facebook-Kontakte und -Textnachrichten einer Person auszuwerten, um die so gewonnenen Daten in eine Einschätzung der Kreditwürdigkeit einfließen lassen zu können. Dabei stellen soziale Netzwerke allerdings nur eine von mehreren interessanten Datenquellen dar: Auch die Auswertung von Personensuchmaschinen oder Diensten wie Google Streetview könnte Verwendung finden, um ein möglichst umfassendes Bild zu gewinnen.

Bei der Schufa verweist man mit Blick auf die Kritik nicht nur auf die Legalität des Unterfangens, sondern auch auf den Anspruch. Demnach gehe es vornehmlich darum, Grundlagenforschung zu betreiben und die Auswirkungen des Internets auf die wirtschaftliche Existenz zu untersuchen: „Natürlich stellt sich die Schufa selbst die Frage, welche Konsequenzen die technologischen Entwicklungen des Internets für die eigene wirtschaftliche Existenz haben. Die Schufa ist sich aber auch bewusst, dass diese Frage die gesamte Gesellschaft betrifft“, wird ein Schufa-Sprecher von Spiegel Online zitiert.

Verbraucherschützer sehen in diesem Vorhaben dennoch einen gefährlichen Schritt: „Sollte die Schufa die gewonnenen Daten tatsächlich einsetzen, wäre das eine völlig neue Dimension“, erklärte Thilo Weichert, Landesdatenschutzbeauftragter von Schleswig-Holstein, gegenüber NDR Info. Ein solches Forschungsprojekt werde immer von einer bestimmten Absicht getrieben, wobei die Umsetzung in diesem Fall rechtlich kaum haltbar sei.

Auch in der Politik sorgte das Projekt für harsche Reaktionen. So erklärte beispielsweise Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CDU) gegenüber dem Münchner Merkur: „Die Schufa muss die Karten auf den Tisch legen. Ich erwarte vollständige Aufklärung über die Hintergründe und Ziele dieses Forschungsauftrags.“ Die Schufa dürfe nicht zum „Big Brother des Wirtschaftslebens“ werden. Auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) warnte nachdrücklich vor der Durchführung des Vorhabens: „Es darf nicht sein, dass Facebook-Freunde und Vorlieben dazu führen, dass man zum Beispiel keinen Handy-Vertrag abschließen kann,“ so Leutheusser-Schnarrenberger gegenüber Spiegel Online.

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