Bei drohender Todesstrafe keine Auslieferung Assanges

Update 2 Maximilian Schlafer
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Wie die Frankfurter Rundschau berichtet, hat die schwedische Regierung versichert, dass sie den Wikileaks-Mitbegründer Julian Assange keinesfalls ausliefern werde, wenn ihm im Land, das seine Auslieferung begehrt, die Todesstrafe drohen würde.

Dies sagte die stellvertretende Direktorin für Strafsachen und internationale Zusammenarbeit des schwedischen Justizministeriums, Cecilia Riddselius zur Frankfurter Rundschau. Weiterhin betonte sie, dass eine etwaige Auslieferung an die USA nur unter strikten Vorgaben möglich sei. Eine davon wäre, dass die USA versichern müssten, dass Assange unter keinen Umständen hingerichtet werde:

"Wir werden niemals eine Person ausliefern, der die Todesstrafe droht"

Dies ergibt sich aus Artikel 19 Absatz 2 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (PDF), die alle ihre Mitgliedsstaaten unterzeichnet haben und die 2009 gemeinsam mit dem Vertrag von Lissabon wirksam wurde. Zu den unterzeichnenden Ländern gehören somit auch Schweden und Großbritannien.

Artikel 19

Schutz bei Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung

(1) Kollektivausweisungen sind nicht zulässig.

(2) Niemand darf in einen Staat abgeschoben oder ausgewiesen oder an einen Staat ausgeliefert werden, in dem für sie oder ihn das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht.

Zudem führte sie den Verfahrensweg näher aus, den solch ein Auslieferungsantrag durchlaufen muss. Nach der schwedischen Rechtslage könne nur dann eine Auslieferung erfolgen, wenn die angelastete Straftat auch in Schweden selbst mit einer Haftstrafe von über einem Jahr sanktioniert werden würde. Die Prüfung der einzelnen Fälle obliege dann dem Generalstaatsanwalt, der sodann das Verfassungsgericht um eine endgültige Entscheidung bemühe. Aber auch wenn dieses einer Auslieferung zustimmt, habe die schwedische Regierung immer noch die Möglichkeit eine solche abzulehnen.

Frau Riddselius betonte allerdings auch, dass bislang weder Schweden noch Großbritannien aus den USA einen Auslieferungsantrag erhalten hätten.

Assange soll sich seit dem Sommer 2010 einem Ermittlungsverfahren in Schweden bezüglich des Vorwurfes einer Vergewaltigung stellen, hält sich aber bis heute in Großbritannien auf, wo er letztlich erfolglos versuchte mit juristischen Mitteln quer durch den Instanzenzug seine Auslieferung an Schweden zu torpedieren. Daher suchte er vor zwei Monaten die ecuadorianische Botschaft auf, wo er politisches Asyl beantragte. Dieses wurde ihm erst vor kurzem gewährt, was eine kleinere diplomatische Eskalation zur Folge hatte.

Update

Wie Heise berichtet, erwartet Ecuador im Zuge der diplomatischen Auseinandersetzung mit Großbritannien Rückendeckung von der Organisation Amerikanischer Staaten – OAS. Die Organisation, die am kommenden Freitag in der amerikanischen Bundeshauptstadt Washington ihre nächste Zusammenkunft haben wird, soll „eine schlagkräftige Zurückweisung“ der britischen Drohung, die ecuadorianische Botschaft in London notfalls zu stürmen, aussprechen.

Allerdings ist hier um der Vollständigkeit willen anzumerken, dass diese Drohung zwar von einem Sprecher des britischen Außenministeriums getätigt, jedoch noch am selben Tag vom britischen Außenminister Hague relativiert wurde.

Zwischenzeitlich haben auch einige US-Senatoren ihre Meinung zu diesem Disput kundgetan und vorgeschlagen, Ecuador für die Gewährung politischen Asyls an Julian Assange wirtschaftlich zu sanktionieren. Ihnen schwebt dabei ein Ausschluss Ecuadors aus den US-amerikanischen Zollpräferenzen vor. Dieses Abkommen wurde 2002 mit den Staaten Bolivien, Ecuador, Kolumbien und Peru abgeschlossen und firmiert unter dem Namen „Andean Trade Promotion and Drug Eradication Act“ (ATPDEA). Da dieses Abkommen seit seinem Abschluss für einen merklichen Anstieg in der Handelstätigkeit dieser vier Staaten mit den USA sorgte, könnte ein Ausschluss daraus nicht unwesentliche negativen Folgen auf die Ökonomie des betroffenen Landes haben.

Der ecuadorianische Präsident Rafael Correa meinte dazu, dass die Souveränität seines Landes nicht käuflich wäre.

Update

Mittlerweile soll in Ecuador eine diplomatische Note aus Großbritannien eingelangt sein, in welcher Großbritannien sich ausdrücklich zur Wiener Konvention aus 1961 bekennt. Dieser multilaterale Vertrag regelt unter anderem die Unverletzlichkeit diplomatischer Vertretungen.

Präsident Correa verkündete dies in einer Fernsehansprache und fügte hinzu, dass somit der Aufnahme von Verhandlungen über das weitere Vorgehen im Fall Assange nichts mehr im Wege stünde. Man habe diese Note mit Freude registriert.

Die kurz zuvor auf Anregung Ecuadors tagende OAS hatte in einem Beschluss die Unverletzlichkeit diplomatischer Vertretungen ausdrücklich unterstrichen, jedoch von einer expliziten „schlagkräftigen Zurückweisung“ Großbritanniens abgesehen, wie es Ecuador zuvor gefordert hatte.