UNO fordert globale Vorratsdatenspeicherung

Nicolas La Rocco
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Die Vorratsdatenspeicherung hat es nicht leicht. Versuche sie zu etablieren scheiterten nicht nur an zahlreichen Bürgerprotesten, sondern im März 2010 dann auch höchst offiziell am Bundesverfassungsgericht, das die Umsetzung als verfassungswidrig ansah. Nun fordert aber sogar die UNO die Einführung dieser Ermittlungsmaßnahme.

Diskussionsthema seit 1996, als der Bundesrat erstmals eine gewisse Mindestfrist für die Speicherung von Verbindungsdaten forderte, hat sich die Vorratsdatenspeicherung zu einem immer wiederkehrenden Anliegen auf deutscher und europäischer Ebene entwickelt. In Deutschland wurde die damalige Umsetzung mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit Urteil vom 2. März 2010 für unzulässig erklärt (ComputerBase-News). Ursache dafür war die EU-Richtlinie 2006/24/EG, die eine Einführung notwendig gemacht hatte. Dementsprechend steht die deutsche Entscheidung mit ihren Folgen im Widerspruch zu der selbst gewählten völkerrechtlichen Verpflichtung Deutschlands, EU-Richtlinien umzusetzen. Heiß diskutiert wird daher darüber, ob eine europäische Richtlinie Inhalte haben darf, die im Konflikt mit dem deutschen Grundgesetz stehen. Durch die strikte Verweigerungshaltung von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger blieb es bislang aber beim Status Quo.

Das oftmals vorgebrachte Begehren nach einem weiteren Mittel zur terroristischen Abwehr wird nun auch von den Vereinten Nationen geteilt. In einem 148-seitigen Bericht (PDF) des U.N. Office on Drugs and Crime (UNODC) geht man im einzelnen auf die Gefahren des Internets und seiner Nutzung durch Terroristen ein, und bietet auch gleich entsprechende Lösungen dafür an. Um ihre Propaganda zu verteilen würden Terroristen auf soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter, YouTube, oder auch Dropbox zurückgreifen, warnt der Bericht. Yury Fedotov, seines Zeichens geschäftsführender Direktor des UNODC, sagt, dass potenzielle Terroristen oftmals fortschrittliche Telekommunikationstechnik benutzen, die auf das Internet zugreife und es so den Verdächtigen ermöglicht, relativ anonym und mit geringen Kosten ihr Publikum zu erreichen. Schlussfolgerung des Berichts ist, dass das größte Problem aller ermittelnden Behörden darin liegt, dass es immer noch an einem internationalen Abkommen zwischen den Internet Service Providern und den Staaten zur Aufbewahrung der Daten mangelt, was einen Zugriff auf diese erschwert.

Laut dem Bericht wäre es wünschenswert, wenn man auf bestimmte Wege der Kommunikation zugreifen könnte. So werden als Beispiel die Speicherung von Nachrichten aus Instant-Messaging-Diensten und VoIP-Gesprächen genannt. Dies ist aber nur der erste Schritt einer mit exzessiven Forderungen versehenen Liste von Forderungen. So sollen öffentliche WLAN-Netzwerke grundsätzlich eine Registrierung benötigen. Dies trifft neben Netzwerk-Cafés auch auf Flughäfen, Bibliotheken und andere öffentliche Hotspots zu. Die Möglichkeit des unregulierten Zugriffs auf diese Netzwerke müsse unterbunden werden. Für Mobilfunknetzwerke soll verstärkt auf die Standortbestimmung im Umfeld eines Tatortes gesetzt werden. Damit könnten Alibis von Verdächtigen bestätigt oder eben entlarvt werden. Außerdem müssten jene Videospiele, die es ermöglichen als virtueller Terrorist zu kämpfen oder terroristische Handlungen auszuführen, in ihrer Verbreitung eingeschränkt werden.

Die endgültig höchste Steigerungsform der vorgebrachten Forderungen ist aber die gewünschte Mitwirkung des privaten Sektors bei der Umsetzung der Vorhaben. Regierungen sollen klare Grundlagen in diesem Bereich schaffen, damit private Firmen eine rechtliche Grundlage für ihre Tätigkeiten besitzen. Außerdem sollen die Kosten für eine Abwicklung durch private Unternehmen geregelt werden. Diese wären dann für die Abwicklung, der durch die Vorratsdatenspeicherung aufkommenden Datenflut, verantwortlich. Der UN-Bericht wurde in Zusammenarbeit mit der United Nations Counter-Terrorism Implementation Task Force erstellt. Mitglieder dieser Task-Force sind die Weltbank, Interpol, die Weltgesundheitsorganisation und der Internationale Währungsfonds.

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