Metro: Last Light im Test: Ein Lichtblick für Spieler

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Sasan Abdi
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Last Light auf einen Blick

4A schließt mit „Last Light“ inhaltlich nahtlos an die Geschehnisse aus dem Vorgänger an. Dazu konnten sich die Macher aber nur noch bedingt an den Leitlinien der Romanvorlage orientieren, da die von Gluchowski produzierten Inhalte überwiegend bereits im ersten Teil verarbeitet wurden. Da 4A Games an der Geschichte von Artjom festhalten wollte und der Nachfolge-Roman „Metro 2034“ somit nur noch bedingt als Grundlage taugte, musste für den Plot von „Last Light“ eine eigene inhaltliche Fortentwicklung der Geschehnisse erdacht werden, was in puncto Konsistenz und Authentizität einige Untiefen mit sich brachte.

Diese Untiefen umschiffen die Storyschreiber aber zumeist geschickt, sodass sich „Last Light“ alles in allem tatsächlich wie ein legitimer, würdiger Nachfolger anfühlt. Dies liegt insbesondere daran, dass die Meta-Erzählung aus „Metro 2033“ clever weitergesponnen wird: Zwar scheint die Bedrohung durch der „Schwarzen“ dank Artjoms Einsatz gebannt zu sein, doch stellt sich gleich zu Beginn von „Last Light“ heraus, dass mindestens ein Individuum aus der Mutantenrasse den Raketenangriff überlebt hat.

Klar, dass es im Folgenden darum geht, dieses Individuum zu stellen. Dabei spannt der Plot ein ethisches Spannungsfeld auf, das sich zwischen zwei Extremen bewegt: Die potentielle Bedrohung für die Menschheit muss restlos ausgerottet werden, wobei selbst ein einzelnes überlebendes Individuum eine große Gefahr darstellt. Und im Gegenteil: Die „Schwarzen“ sind in Wahrheit freundlich gesinnt, sie sind die natürlichen Verbündeten der Menschen, weswegen ihre Auslöschung allein schon aus strategischen, erst recht aber aus ethischen Gründen ein großer Fehler wäre.

Über kurz oder lang muss sich auch der Spieler irgendwie zu dieser Frage positionieren, wobei die Handlung unterschwellig sehr deutlich macht, dass der „gute“ Spieler sich um die Inter-Arten-Kommunikation sorgen sollte. Doch ganz gleich, welcher Interpretation man für sich letztlich folgt: Artjom ist nach wie vor der Schlüssel zur Kommunikation mit den „Schwarzen“ – da passt es, dass er auf die Suche nach dem letzten Überlebenden geschickt wird, was die Ausgangslage zu neuen Abenteuern in der Metro ist.

Doch nicht nur dieser Aspekt spielt im Plot von „Last Light“ eine wichtige Rolle. Darüber hinaus nehmen sich die Entwickler auch die im ersten Teil nur am Rande relevanten Fraktionen näher vor. Indem Artjom durch die Stationen der Neonazis, der Sowjets und seines eigenen Ordens geschleust wird, wird weitaus mehr zur Ideologie und Lebensweise dieser Überlebenden mit höchst unterschiedlichen Ansichten deutlich. Stellte 4A in „Metro 2033“ also die Dystopie von Gluchowski als solche vor, geht es nun stärker um Details: Wie Leben die Menschen unter der Erde? Und wie unterscheiden sich die Fraktionen? In manchen Momenten wirkt „Last Light“ so fast schon gesellschaftspolitisch.

Dieses Vorgehen hat gleich zwei positive Effekte. Einerseits wird die Handlung aufgepeppt, da man nicht nur den Strang um die mit einer telepathischen Gabe versehenen „Schwarzen“ verfolgt, sondern sich auch den menschlichen Facetten einer postapokalyptischen Welt widmen kann. Dabei wird die Jagd auf das letzte mysteriöse Individuum durch einen aufziehenden Krieg zwischen den Fraktionen überschattet, was die bedrückende Atmosphäre verstärkt und einen weiteren, sehr handfesten Handlungsstrang darstellt, in dem es um sehr menschliche Eigenschaften wie Gier und Macht geht.

Metro: Last Light im Test
Metro: Last Light im Test

Auf der anderen Seite hat man es bei der Fokussierung der Fraktionen auch mit dem Grundstein zu tun, auf den die große Kompetenz von „Last Light“ aufbaut: Selten hat man ein Spiel gesehen, das mit einer derart dichten Atmosphäre zu punkten wusste. Ermöglicht wird dies eben durch die unterschiedlichen Gruppen mit ihren unterschiedlichen Charakteren und Ansichten. Da sind die aufrechten Ordenskämpfer, die sich zwischen den Extremen positionieren und auf Vernunft setzen; da sind die menschenverachtenden, faschistischen Schergen des „Reichs“, die von einer Welt ohne vermeintlich „minderwertigem“ Leben träumen und dazu in den Katakomben der Metro Konzentrationslager eingerichtet haben; und da sind die Kommunisten, die als bunter Haufen gezeichnet werden, der gerne an glorreiche alte Tage anschließen würde.

Allein diese Konfiguration erlaubt es 4A, den Spieler in unterschiedlichste Situationen zu entlassen: Man genießt im sowjetischen Lager, in der Station des Bolshoi-Theater, ein launiges Abenteuerprogramm, wird im Camp der Neonazis Zeuge von Folter und Mord und bekommt im Ordenslager allerlei Kriegsvorbereitungen und den vielleicht nüchternsten Blick auf den Stand der Dinge mit.

Allerdings stellen die Fraktionen nur die größeren Knotenpunkte in der Spielwelt dar. Zwischendurch verschlägt es einen immer wieder in einen der vielen unsicheren Haupt- und Nebengänge, wo allerlei Mutanten und andere Gefahren lauern und die trotz Schlauchlevel-Design mit ihrer düsteren Optik weiterhin fabelhaft ins Setting passen. Darüber hinaus gelangt man ab und an auch an die Oberfläche, die mit Ruinen, Gasmaskenpflicht, Stürmen und saurem Regen authentisch von der nuklearen Katastrophe gekennzeichnet ist.

Metro: Last Light im Test
Metro: Last Light im Test

Die Spielmechanik ist daran anknüpfend konzipiert, sodass man sich in den Katakomben mit Massen von flinkem, mutiertem Getier wie Ratten und Spinnen herumschlägt, während man auf der Oberfläche beispielsweise mit extrem aggressiven wolfsähnlichen Bestien und großen, fliegenden „Dämonen“ umgehen muss. Dazu kann auf das gewohnte Arsenal an Shotguns, Gewehren, Rohrbomben und Wurfmessern zurückgegriffen werden, wobei viele Waffengattungen beim Händler der Wahl rudimentär (beispielsweise um ein Visier oder einen Schalldämpfer) erweitert werden können.

Die Mutantenkämpfe wechseln sich immer wieder mit menschlichen Gegnern ab, wobei man erneut durchkommen kann, ohne einen solchen zu töten. Dazu bietet auch „Last Light“ wieder umfassende Möglichkeiten, sich per Schleichen und lautlosem temporären Ausschalten der Non-Player-Character (NPC) durch den Untergrund zu schlagen. Die großzügig platzierten Stealth-Möglichkeiten – man kann in aller Regel auch mit der Brechstange an die Arbeit gehen – sind angenehmes Spielelement und ein kleines Ärgernis zugleich. Einerseits macht es nämlich richtig Laune, einen Abschnitt samt Laufwegen der Wachen genau zu analysieren und dann unterschiedliche Varianten auszuprobieren und ungesehen von A nach B zu gelangen. Andererseits ist „Last Light“, was die Gefahr der Entdeckung angeht, viel zu großzügig.

Letzteres rührt daher, dass das über Licht und Schatten funktionierende Tarnsystem tatsächlich in „An / Aus“-Manier funktioniert: Entweder man steht im Schatten und wird von wirklich niemandem gesehen oder man steht im Licht – und die Gegner werden sofort aktiv. Diese strikte Aufteilung nimmt der Schleicherei einen Teil ihres Reizes, weil man sich im Schatten stehend sicher sein kann, dass selbst eine zwei Meter entfernt stehende Wache keinen Alarm schlagen wird. Auch wenn dieser Effekt ab und an durch die Taschenlampen der Wachen etwas relativiert wird: Eine feinere Differenzierung hätte hier gut getan.

Metro: Last Light im Test
Metro: Last Light im Test

Verschärft wird die Entschärfung des Stealth-Schwierigkeitsgrades durch eine Zweiteilung der KI-Kompetenz. Hat man die Wachen nämlich erst einmal misstrauisch gemacht, verstehen sie es durchaus, den Spieler mit cleveren Wegen – und im Kampf: mit allerlei Finessen – unter Druck zu setzen. Zuvor stellen sie aber absolut keine Herausforderung dar: Nicht nur, weil sie nichts sehen können, sondern auch, weil sie offenbar nichts hören, sodass man problemlos eine Glühbirne zerschießen kann, ohne Aufsehen zu erregen. Aus diesem Grund sollten selbst jene, die unregelmäßig Shooter spielen, unbedingt von vornherein den schwierigsten von drei Schwierigkeitsgraden wählen, zumal man jederzeit an fair gesetzten Speicherpunkten einen erneuten Anlauf nehmen kann.

Etwas schade ist, dass die mögliche ultimative Antwort der Entwickler auf diese Kritik, der sogenannte Ranger-Modus, als kostenpflichtiger Downloadinhalt zur Verfügung steht. Bei diesem Modus entfallen die HUD-Elemente, zudem wird das Munitionsaufkommen weiter reduziert, sodass erst recht ein typisches „Metro“-Feeling aufkommen soll. So richtig böse kann man Publisher Deep Silver aber nicht sein, da der Modus immerhin als Vorbestellerbonus gelockt hat und somit nicht nur als DLC nachgeschoben wurde.

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