EU-Parlament will Internetdienste unter Druck setzen

Andreas Frischholz
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Die anhaltenden Enthüllungen rund um die US-Überwachungsprogramme durch die NSA versetzen allmählich auch das EU-Parlament in Bewegung, selbst bei der konservativen Fraktion EVP wird der Ton rauer. Wenn US-Internetdienste nicht die hiesigen Datenschutzstandards einhalten, sollen diese nicht mehr in Europa operieren dürfen.

Nach der parlamentarischen Sommerpause will die EVP die geplante EU-Datenschutzreform um einen Passus ergänzen, der nicht-europäische Unternehmen verpflichtet, Anfragen der Geheimdienste nach Daten von EU-Bürgern den europäischen Datenschutzbehörden zu melden. Es wäre nicht akzeptabel, dass es Verbraucher erster und zweiter Klasse gebe, schimpft der stellvertretende EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU) im Gespräch mit Spiegel Online. Die Kritik richtet sich insbesondere an die US-Administration: „Mich ärgert es, wenn sich Präsident Obama in Berlin hinstellt und sagt, die Datenschutzstandards für Amerikaner seien gewährleistet, und die anderen müssten Einschränkungen hinnehmen.

Staaten mit Überwachungsprogrammen wie die der NSA müsse nun klar signalisiert werden, dass es so nicht weitergehen könne. „Ob Google, Facebook oder russische Unternehmen: jede Firma, die in der EU Dienstleistungen im Web anbietet, muss künftig garantieren, dass sie beim Datenschutz die EU-Standards einhält“, so Weber. Sollte keine Erlaubnis von europäischen Datenschützern und kein Gerichtsbeschluss vorliegen, müssten die Internetdienste Anfragen von Geheimdiensten bezüglich Daten von EU-Bürgern ablehnen. Sollte es gesetzgeberisch keine Alternative geben, müsse man sogar über den Zwang zu einer EU-Cloud nachdenken – entweder durch Anreize oder durch Einschränkungen.

Weber äußerte sich allerdings, bevor die Überwachungsprogramme des britischen Geheimdienstes GCHQ publik wurden. Im EU-Parlament dürften diese Berichte für reichlich Wirbel und Zwist sorgen, weil es dieses Mal nicht nur gegen die US-Geheimdienste, sondern um den eines EU-Staates geht – zumal es nach wie vor völlig unklar ist, inwieweit europäische Geheimdienste in die NSA-Überwachungsprogramme verwickelt sind. Einen Vorgeschmack bietet bereits der Grünen-Abgeordnete Jan Phillipp Albrecht, der neben der Bundesregierung auch die EU-Kommission aufgefordert hat, ein Verfahren gegen Großbritannien einzuleiten.

Derweil hat sich EU-Kommissarin Vivian Reding in den Gesprächen mit US-Generalbundesanwalt Eric Holder darauf geeinigt, eine „transatlantische Arbeitsgruppe mit Experten“ einzusetzen, die offene Fragen und Befürchtungen der EU-Staaten aufklären soll. Das kündigte Reding EU-Parlament während einer Sitzung des Innenausschusses an, bei dem sie über das Treffen mit Holder am 14. Juni berichtete. Demnach habe die USA noch nicht alle offenen Fragen beantwortet, Reding setzte sich aber dafür ein, dass die Daten von Eu-Bürgern genauso behandelt werden wie die von US-Bürgern. Das erste Treffen der genannte Arbeitsgruppe soll im Juli stattfinden.

Zudem betonte Reding erneut, die Verhandlungen um die EU-Datenschutzreform nun möglichst rasch abzuschließen, um den geheimdienstlichen Zugriff auf Daten von EU-Bürgern zu erschweren. So dürfte die EU-Datenschutzreform nochmals an Fahrt aufnehmen, nachdem in den letzten Wochen und Monaten nicht zuletzt die konservative EVP und die britische Verhandlungsdelegation sich bemüht hatten, die Reform auf die lange Bank zu schieben und Datenschutzstandards zu durchlöchern.

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