Obama verteidigt NSA-Programm „Prism“

Andreas Frischholz
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US-Präsident Barack Obama verteidigt die NSA-Programme für die rigorose Überwachung von Internet- und Telekommunikationsdiensten. Auf einer Pressekonferenz am Freitag begründete er die Abhör-Maßnahmen mit dem Kampf gegen den Terror, betonte aber rechtliche Grenzen zum Schutz der Privatsphäre – vor allem der von US-Bürgern.

Demnach überwacht die NSA mit „Prism“ nicht die Internet-Kommunikation von US-Bürgern im In- und Ausland und von Personen innerhalb der USA, auch die Telefongespräche von US-Bürgern würden nicht belauscht werden – zumindest nicht ohne richterliche Genehmigung. Die Geheimdienst-Analyse der Internetkommunikation beschränkt sich also auf „ausländische Nutzer“ der großen US-Internetdienste von Microsoft, Facebook, Google oder Apple. Inwiefern deutsche Nutzer der Dienste betroffen sind, ist immer noch unklar – zumal die nach wie vor bestreiten, mit der NSA kooperiert zu haben.

Trotz der massiven Kritik aus allen politischen und gesellschaftlichen Richtungen an der Internet-Spionage rechtfertigte Obama den Überwachungsapparat – wie üblich mit dem Kampf gegen Terrorismus. Er betonte aber mehrmals, dass die US-Administration juristisch korrekt vorgeht. Der Kongress sei eingebunden, die für Geheimdienste zuständigen Ausschüsse haben die NSA-Programme regelmäßig mit den Stimmen beider Parteien abgesegnet. Zudem kontrolliert der für die Überwachung der Auslandsgeheimdienste zuständige Bundesgerichtshof Fisc („Foreign Intelligence Surveillance Court“) die einzelnen Maßnahmen.

Dazu zählt auch der geheime Gerichtsbeschluss, mit die US-Administration den Telekommunikations-Anbieter Verzion verpflichtet, täglich die Verbindungsdaten aller Kunden an die NSA weiterzugeben. Die entsprechenden Dokumente hatte der Guardian bereits am Mittwoch lanciert. Das Programm ist vergleichbar mit der hiesigen Vorratsdatenspeicherung, laut Obama erhalte die NSA aber lediglich anonymisierte Verbindungsdaten. Gesprächsinhalte oder Namen werden nicht übermittelt, weswegen er das Programm als „moderaten“ Eingriff in die Privatsphäre der Bürger bezeichnet. Den begründet er aber genauso wie die Internetüberwachung durch Prism: „Beide Programme machen einen Unterschied für unsere Fähigkeit, potentielle terroristische Aktivitäten zu antizipieren und zu verhindern.

Die Veröffentlichung der Geheimdokumente durch den Guardian und die Washington Post interpretiert Obama nun als Chance für eine Debatte um die Abwägung zwischen Sicherheit und Freiheit. Man könne nicht „100 Prozent Sicherheit und gleichzeitig 100 Prozent Privatsphäre haben“, ohne in Schwierigkeiten zu geraten. Gleichzeitig folgte aber die Ankündigung, nach wie vor rigoros gegen Whistleblower vorzugehen. Zudem beharrt Obama auf der Geheimhaltung von vermeintlichen Anti-Terror-Maßnahmen wie der Telefon- und Internetüberwachung, Terroristen könnten ansonsten die Sicherheitsmaßnahmen gezielt umgehen.

Allerdings steht dann die grundsätzliche Frage im Raum, wie eine gesellschaftliche Debatte überhaupt entstehen soll, wenn nicht durch Whistleblower. So wurde bereits seit Jahren über die NSA-Programme zur umfassenden Telefon- und Internetüberwachung spekuliert, entsprechende Anfragen aber sowohl von der Bush- als auch der Obama-Regierung stets bestritten.