Google und die Privatsphäre von Gmail-Nutzern

Andreas Frischholz
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Verbraucherschützer werfen Google vor, die Privatsphäre von Gmail-Nutzern zu verletzen, indem die Inhalte von E-Mails mittels eines Algorithmus analysiert werden, um gezielt Werbung zu schalten. In einem Gerichtsverfahren wehrt sich Google gegen den Vorwurf, tritt dabei aber auch in einige Fettnäpfchen.

So argumentieren die Google-Anwälte in einer Stellungnahme, die von der Verbraucherschutz-Gruppe Consumer Watchdog veröffentlicht wurde (PDF-Datei), Personen hätten „keine legitime Erwartung für den Schutz von Informationen, die freiwillig an Dritte übermittelt werden“. Hinzu kommt der etwas seltsam anmutende Vergleich, dass man bei einem Brief an einen Arbeitskollegen auch nicht überrascht sein könnte, wenn dieser von seinem Assistenten geöffnet werde.

Das Echo fällt erwartungsgemäß aus: Google schere sich nicht um die Privatsphäre der Gmail-Nutzer. Allerdings bezieht sich Google bei der Argumentation nicht auf die eigenen Nutzer, sondern die Nutzer von anderen E-Mail-Anbietern. Wenn diese eine E-Mail an Gmail-Nutzer senden, wird der Inhalt auch von Googles Werbe-Algorithmus erfasst. Zudem stammt das umstrittene Zitat aus einem Urteil vom Supreme Court aus dem Jahr 1979, das sich mit der Speicherung von Telefondaten befasst hatte.

Bei Google empfindet man ohnehin nicht, dass die Privatsphäre von Nutzern verletzt werde. In dem Schreiben der Anwälte heißt es, die E-Mails werden automatisch analysiert, Mitarbeiter wären in diesen Prozess nicht involviert. Dabei handele es sich um ein alltägliches Prozedere, das etwa für den Spam-Filter und die Sortier-Funktionen innerhalb des E-Mail-Kontos benötigt werde. Darüber hinaus sucht ein Algorithmus nach Schlüsselbegriffen, um gezielt Werbung einzublenden („targeted advertising“). Das wäre ein notwendiger Kompromiss, damit Google den E-Mail-Service kostenfrei anbieten könnte. Ähnliche Technologien zur Werbevermarktung würden auch andere E-Mail-Anbieter wie Microsoft, AOL und Yahoo einsetzen.

Auch wenn die konkreten Vorwürfe in diesem Fall nicht zutreffen, generelle Bedenken bleiben bestehen. Einen bitteren Beigeschmack hinterlässt zudem die Aussage, mit der automatisierten Analyse von E-Mail-Inhalten werde nicht die Privatsphäre der Nutzer verletzt. Das gilt insbesondere angesichts der NSA-Enthüllungen über Späh-Programme wie Prism und XKeyscore, unterstrichen durch die Schließung von E-Mail-Diensten wie Lavabit und Silent Circle. Die Betreiber sahen sich nicht in der Lage, die Privatsphäre ihrer Kunden garantieren zu können.

Abschließend noch ein Hinweis auf eine Anmerkung von Netzpolitik.org: Consumer Watchdog zählt seit Jahren zu den schärfsten Google-Kritikern, zudem wird der Verbraucherschutz-Gruppe eine gewisse Nähe zu Microsoft nachgesagt. Sie soll dafür zum Teil von Microsoft bezahlt worden sein.

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