Rösler plant neue Verordnung für Netzneutralität

Andreas Frischholz
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Nachdem das Wirtschaftsministerium mit dem ersten Verordnungsentwurf gescheitert ist, arbeitet Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) nun an einem zweiten, um die Netzneutralität gesetzlich zu verankern. Der derzeitige Stand entspricht in etwa den Vorstellungen der Telekom und würde die „Managed-Service“-Pläne legitimieren.

Das geht aus einem Arbeitspapier hervor, das heise online vorliegt. Demnach hat massive Kritik von Seiten der Netzbetreiber offenbar gewirkt, mit diesem Entwurf würde ein Zwei-Klassen-Netz legitimiert werden. Das besteht aus einem „offenen Internet“, in dem die Netzbetreiber alle Datenpakete gleich behandeln müssen – das Traffic-Management soll also nach „Best-Effort“-Prinzip erfolgen. In diesem Bereich des Internets dürften die Provider eigene Dienste und Inhalte nicht bevorzugt oder günstiger übermitteln. Ebenfalls verboten sind Vereinbarungen mit anderen Internetdiensten, in deren Rahmen die Inhalte dieser Dienste mit einer höheren Qualität an die Nutzer übermittelt werden.

Diese Vorgaben sollen allerdings nicht für „logisch getrennte Netze“ gelten, die Netzbetreiber separat anbieten dürfen. Zu diesen würde etwa das Entertain-Paket der Telekom zählen, für das Kunden eine Extragebühr zahlen müssen und das vom technischen Standpunkt aus mittels einer eigenen IP-Adresse von dem herkömmlichen Internetanschluss getrennt ist. Die Telekom ist indes nicht der einzige Netzbetreiber, der kostenpflichtige „Managed Services“ als zusätzliche Einnahmequelle einplant.

Dementsprechend stand der erste Verordnungsentwurf unter Beschuss der Branchenvertreter, obwohl dieser bereits so schwammig formuliert war, dass Bürgerrechtler und Verbraucherschützer vor der Etablierung eines Zwei-Klassen-Netzes gewarnt hatten – die entsprechenden „Managed-Service“-Pläne der Netzbetreiber sind äußerst umstritten. Zahlreiche Kritiker befürchten, dass damit das Ende des „offenen“ Internets eingeleitet wird. Das Wirtschaftsministerium greift die Warnungen zwar auf, laut dem Entwurf dürften unterschiedliche „Transportklassen“ im offenen Internet und bei den separaten Angeboten „die Fortentwicklung des Best-Effort-Internets nicht behindern“ – wie so etwas in der Praxis kontrolliert werden soll, ist allerdings mehr als fraglich.

Immerhin ein Erfolg für die Verbraucherschützer enthält der Entwurf: Der von einigen Netzbetreibern praktizierte „Routerzwang“ wird untersagt. Die Netzneutralität dürfe nicht über eine vorbestimmte „Telekommunikations-Endeinrichtung“ untergraben werden. Die Wahl des Routers bleibt also künftig den Anschluss-Inhabern überlassen.

Der Entwurf des Wirtschaftsministeriums ist allerdings noch nicht final, derzeit wird dieser mit anderen Ressorts und Verbänden abgestimmt. Die Abstimmung im Bundeskabinett wird aus Zeitgründen nicht mehr vor der Bundestagswahl im September stattfinden, das Thema Netzneutralität wird also auch die – womöglich – neue Bundesregierung beschäftigen.