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„X Rebirth“ will das Weltraumspiel neu erfinden

Sasan Abdi
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Die von der deutschen Spieleschmiede Egosoft verantwortete Weltraumspiel-Serie „X“ hat eine lange Tradition – und ist trotzdem nicht gerade weitläufig bekannt. Dies soll sich mit der „X Rebirth“ genannten Neuauflage ändern: „Wir wollen das Weltraumspiel neu erfinden“, erklärte uns Egosoft-Chef Bernd Lehahn auf der Gamescom 2013.

Sieben Jahre lang hat man sich bei Egosoft Zeit genommen, um an „X Rebirth“ zu feilen. Kein Wunder, denn immerhin soll der Titel eine Art „Reboot“ für die komplexe, eher in der Nische platzierte Marke sein. Ziel der Neuaufstellung ist laut Lehahn, ein breites Publikum zu erreichen: „Komplexität ist gut, Kompliziertheit nicht. Das hat viele Leute von den bisherigen „X“-Titeln abgeschreckt“, erklärt der Videospiel-Veteran.

Bei der anvisierten Erweiterung der Zielgruppe hat man es dann auch gleich mit einem von zwei großen Spannungsfeldern zu tun, mit denen „X Rebirth“ umgehen muss. Zum einen will die eingeschweißte Fangemeinde der Marke bedient und bloß nicht vergrault werden; zum anderen sollen durch sinnvolle Vereinfachungen, einen stimmigen Plot und Missionen sowie den Faktor Action neue Spielertypen gewonnen werden.

Droht also, negativ interpretiert, die „Casualisierung“ einer Bastion des „Serious Gaming“? Lehahn wiegelt auf diese Frage hin ab – und hat gute Beispiele parat: Bisher mussten die vielfältigen Aufgaben, allen voran die Handhabung der Wirtschaft, in den „X“-Titeln stets über Menüs organisiert werden. Bei „X Rebirth“ wird diese Tätigkeit dagegen über Dialoge mit Beratern von statten gehen, was einfacher und intuitiver von der Hand geht, aber keine unzulässige Vereinfachung darstellt. Darüber hinaus soll der Spieler Stück für Stück an das Universum und die Möglichkeiten herangeführt und nicht einfach mit allen Optionen zugleich konfrontiert werden.

Auch bei den Spielmechaniken hat Egosoft Hand angelegt. Große Weltraumkreuzer wird man in „X Rebirth“ nicht mehr steuern können. Dafür wird man natürlich wieder an Bord des eigenen, mittelgroßen Schiffes Platz nehmen dürfen. Diese zentrale Perspektive, aus der Kämpfe geführt und Erkundungsmissionen durchgeführt werden, wird erstmals um eine externe Perspektive erweitert: In „X Rebirth“ wird man auch an Bord der Raumstationen gehen können, um in First-Person-Perspektive beispielsweise Handel zu treiben oder neue Mitarbeiter zu rekrutieren. Und auch an Bord des eigenen Schiffes lockt Abwechslung, da man immer mal wieder auf kurze Außensequenzen wechselt, in denen man zu Aufklärungs- oder Sabotagezwecken eine Drohne steuert.

Der Faktor Wirtschaft ist – Stichwort Handel – ohnehin eines der entscheidenden Merkmale von „X Rebirth“: „Wir täuschen das Wirtschaftssystem nicht vor, sondern simulieren es detailliert“, fasst der Egosoft-Mann den Ansatz zusammen. Angebot und Nachfrage seien fein aufeinander abgestimmt, was eine erhebliche Aufgabe für die Entwicklung dargestellt habe. Ausdruck hiervon ist, dass der Spieler direkten Einfluss auf das wirtschaftliche Gefüge nehmen kann, indem er beispielsweise ein bestimmtes Schiff zerstört oder eine bestimmte Basis angreift.

Die Story als Kitt

Das zweite Spannungsfeld betrifft das Verhältnis von Freiheit und Story. Letztere dient in „X Rebirth“ als Kitt der die vielen spielerischen Möglichkeiten zusammenhalten und, sozusagen, den Sinn stiften soll. Dabei ist es aber stets dem Spieler überlassen, ob er sich einer Nebenaufgabe widmet, das Universum erkundet, seinen Geschäften nachgeht – oder aber über die Hauptmissionen in der Handlung voranschreitet.

Hier hat man es im Kern mit den zwei Medaillen von „X Rebirth“ zu tun: Während alte Hasen die freien Optionen ausgiebig nutzen werden, werden neue Spieler sich vor allem von der Story treiben lassen: „Der Plot belohnt den Spieler“, fasst Lehahn die Aufgabe der Handlung zusammen.

Liebe zum Detail

Insgesamt wird im Gespräch mit Lehahn und beim Blick auf das erste Material deutlich, dass sich Egosoft tatsächlich viele Gedanken zum „Reboot“ der „X“-Serie gemacht hat. Dies äußert sich in vielen weiteren kleinen und mittelgroßen Details. Großen Wert legen die Entwickler beispielsweise auch auf die Raumstationen, die die Knotenpunkte des Universums darstellen und einem umfassenden Leveldesign unterliegen, sodass eine große Station nun aus vielen kleinen Teilen wie Docks und Geschützen besteht, mit denen man jeweils separat auf unterschiedliche Weise interagieren kann.

Unter dem Stichwort „Realismus“ läuft auch das Fraktionensystem, das ein geschicktes Vorgehen mit Freund und Feind erfordern und die Interaktionsmöglichkeiten erweitern soll. Gleiches gilt schließlich auch für kleine Details wie das Reisen: Wurde in früheren „X“-Titeln zur Darstellung der Reisezeit und Entfernung einfach die Zeit beschleunigt, existieren nun zwischen den Knotenpunkten so etwas wie Autobahnen, auf denen der Spieler mit seinem Schiff reisen kann, die aber auch jeder Zeit für Erkundungstouren verlassen werden können.

Ersteindruck zusammengefasst

Die Versprechungen, die Egosoft mit „X Rebirth“ macht, sind fulminant. Sollten sich die geschilderten Elemente und Möglichkeiten bewahrheiten und sollte der Titel die genannten Spagate tatsächlich meistern, könnte man es hier mit einer echten Perle zu tun haben, die trotz fehlender Multiplayer-Elemente für zig Dutzende Stunden bestens unterhalten könnte.

Voraussetzung dafür ist abseits der genannten Spannungsfelder, dass es den Entwicklern gelingt, die Weite des Universums darzustellen, ohne dass es für die Spieler abseits der Haupthandlung langweilig wird. Das tatsächliche Funktionieren von Wirtschaft, Administration, Politik und Erkundung wird also darüber entscheiden, ob die Spielwelt authentisch und vielschichtig wirkt.

Ansatz und Anspruch wissen in Zeiten des großen Videospiele-Allerleis in jedem Fall zu gefallen, sodass man nur hoffen kann, dass „X Rebirth“ all das leisten wird. Für den Moment sind wir guter Dinge – ein umfassendes Bild wird man sich ab dem 15. November machen, wenn „X Rebirth“ zunächst exklusiv für den PC erscheinen wird.

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