Falsche Netzteil-Zertifikate: Diese Rechte hat der Käufer

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Maximilian Schlafer (+1)
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Die Rechtslage

Für die nachfolgende rechtliche Bewertung standen uns die Experten der Verbraucherzentrale Berlin und insbesondere Rechtsanwalt Dirk Streifler beratend zur Seite.

Zivilrecht

Kunden, die ein zertifiziertes Netzteil erworben haben, das nicht den Zertifikatsanforderungen entspricht, können grundsätzlich Gewährleistung nach § 437 BGB geltend machen. Das ist ab dem gültigen Abschluss des Kaufvertrages zwei Jahre lang möglich. Mit diesem Begehren muss sich der Kunde an seinen unmittelbaren Vertragspartner wenden, also an jenen Händler, bei dem er gekauft hat. Laut der Rechtsordnung ist es egal, ob der Händler etwas dafür kann oder nicht (falls nicht, hat dieser ohnehin Rückgriffsrechte auf seine Lieferanten).

Zu beweisen ist dabei, dass der Mangel – in diesem Fall ein Sachmangel in Form des nicht erfüllten Zertifikates – schon im Zeitpunkt der Übergabe des gekauften Netzteiles bestand. Hierbei ist die sogenannte Beweislastumkehr zu berücksichtigen. Diese besagt, dass innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt des Kaufes der Händler die Mangelfreiheit – konkret: die Erfüllung der Zertifikatsanforderungen zum Übergabezeitpunkt – des verkauften Netzteiles beweisen muss, wenn ihm der Verbraucher die reine Existenz des Mangels darlegen kann. Innerhalb der restlichen 18 Monate liegt es dann beim Kunden, den Mangel zu dokumentieren und dessen Existenz (oder Veranlagung) zum Zeitpunkt der Übergabe nachzuweisen.

Kann nun entweder der Händler die Mangelfreiheit in den ersten sechs Monaten nicht nachweisen beziehungsweise der Kunde die Mangelhaftigkeit in den Monaten sechs bis vierundzwanzig beweisen, so kann der Kunde Nacherfüllung verlangen. Das bedeutet, dass der Händler entweder das mangelhafte Netzteil repariert (Nachbesserung) oder ein neues, mangelfreies liefert (Nachlieferung). Beides dürfte sich allerdings gerade bei Netzteilen mit besagtem Manko als schwierig erweisen.

Stehen beide Optionen nicht zur Verfügung, dann kann der Käufer zwischen einer Kaufpreisminderung oder einem Rücktritt vom Vertrag wählen. Bei der Kaufpreisminderung wird der Kaufpreis auf ein Niveau abgesenkt, das direkt proportional zu dem Wertunterschied zwischen mangelfreiem und mangelhaftem Netzteil ist. Beim Rücktritt vom Vertrag wird dieser aufgelöst, der Kunde muss das Netzteil zurückgeben und erhält dafür gleichzeitig seinen Kaufpreis wieder. Für die, die in der Zwischenzeit bereits ein Ersatzgerät beschafft haben, stellt §437 BGB Absatz 3 auch noch eine Kaskade an schadenersatzrechtlichen Anspruchsgrundlagen bereit - aber das nur am Rande.

Problematisch für beide Seiten ist bei der Inanspruchnahme der Gewährleistung, dass der Mangel prinzipiell am konkreten Gerät nachgewiesen werden muss. D.h. der Händler hat dem Kunden innerhalb der ersten sechs Monate zu belegen, dass die versprochene Effizienz bei diesem Gerät – innerhalb „fachlich gerechter Toleranzen“ – erreicht wird, danach hat der Kunde nachzuweisen, dass sie nicht erreicht wird. Das ist aber jeweils nur mit einem hohen technischen Aufwand möglich.

Da für Betroffene im Fall der Fälle der Händler der erste Ansprechpartner ist, haben wir auch bei mehreren Branchengrößen nachgefragt. Wir wollten wissen, ob die Händler nach dem Ablauf von sechs Monaten dazu bereit wären, betroffenen Kunden die Reklamation zu erleichtern, indem sie nicht einen vollumfänglichen und nur sehr aufwendig erbringbaren konkreten Beweis fordern, sonder beispielsweise auch mehrfaches Versagen in Pressetests als ausreichend akzeptieren würden.

Auf die Frage hin, wie Sie mit diesem Problem umzugehen gedenken, wollten sich nicht alle konkret äußern, einige nicht namentlich genannt werden. Konkretes gab es vom Online-Händler Alternate.de. Der Händler gibt an, Netzteile mit falschem Zertifikat innerhalb der ersten 24 Monate ab Kauf mit Verweis auf einen entsprechend qualifiziert ausgeführten Produkttest auszutauschen. In dasselbe Horn bläst GetGoods und will , sofern Tests „fehlerhafte Zertifizierungen“ bestätigen sollten, betroffene Geräte „im Rahmen der Mängelhaftung/Gewährleistung innerhalb von 24 Monaten austauschen bzw. den Kaufbetrag erstatten“. Im Klartext: Ein Verweis auf einen Artikel von ComputerBase genügt bei beiden Händlern, der Nachweis am konkreten Gerät ist nicht erforderlich.

Interessant am Rande: Noch keiner der Händler wurde mit einer solchen Forderung von Kunden konfrontiert. Kunden, die ein Netzteil mit nachweislich falschem Zertifikat erworben haben, haben sich demnach noch nie um eine Ausbesserung dieses Mangels bemüht.

Abseits der Möglichkeit der Gewährleistung könnten Kunden unter bestimmten Voraussetzungen übrigens auch noch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach §123 BGB vornehmen. Diese ist dann erfolgreich, wenn man dem Vertragspartner unterstellen kann, dass das Netzteil absichtlich und systematisch mit Zertifikaten beworben wird, die es gar nicht erfüllt, um so Verbraucher zum Kauf zu bewegen. Da allerdings die Netzteilhersteller selbst so gut wie nie der Vertragspartner des Verbrauchers wird, müssen zusätzlich die Anforderungen des §123 Absatz 2 BGB vorliegen. Diese Gesetzesstelle fordert in solchen Fällen vom anderen Vertragspartner – konkret: dem Händler –, dass er diese Täuschung entweder kannte oder aber aus Fahrlässigkeit – also aufgrund mangelnder Sorgfalt – nichts davon wusste. Die Erfolgsaussichten dürften hier gering sein.