NSA-Überwachung beunruhigt Internetwirtschaft

Andreas Frischholz
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Von der kommenden Bundesregierung verlangt der Verband der Internetwirtschaft (eco) einen Kurswechsel bei der digitalen Sicherheitspolitik. Angesichts des NSA-Überwachungsskandals müsste der Staat wieder Vertrauen in die Online-Kommunikation aufbauen.

Um das zu erreichen, sollte sich die Bundesregierung stärker gegen die illegale Überwachung durch amerikanische und britische Geheimdienste engagieren. Ähnlich wie bei der hiesigen Vorratsdatenspeicherung würden die Dienste die „Kommunikationsdaten fast sämtlicher Bürger dauerhaft“ aufzeichnen, ohne dass ein konkreter Tatverdacht bestehe. Ein erster erster Schritt wäre laut eco daher die Ablehnung eines europäischen Überwachungssystems.

Deswegen sollte sich die nächste Bundesregierung endgültig von der Vorratsdatenspeicherung abwenden. „Gerade im Licht der aktuellen Überwachungsdebatte brauchen wir ein starkes Zeichen, dass der Staat seine Bürger nicht nur als potenzielle Kriminelle sieht“, sagte Oliver Süme, bei eco Vorstand für Politik, Recht und Regulierung. Derzeit prüft der Europäische Gerichtshof, ob die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung gegen die europäische Grundrechtecharta verstößt.

Welchen Nutzen die anlasslose Speicherung von Verbindungsdaten für die Strafverfolgung hat, ist nach wie vor umstritten. Studien wie die des Max-Planck-Instituts kommen zu dem Fazit, dass Vorratsdatenspeicherung praktisch keine Auswirkungen auf die Aufklärungsquote habe, während Strafverfolgungsbehörden auf die Notwendigkeit beharren. Der eco verweist darauf, dass die Befürworter selbst bei der Verhandlung vor dem Europäischen Gerichtshof „nur Einzelfälle und das Empfinden von Ermittlern als Argument ins Feld führen“.

Zudem verweist der eco auf die finanziellen Folgen für deutsche Provider, die mit der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung einher gehen. Das Bundesverfassungsgericht hatte im März 2010 die alte Regelung gekippt und eine neue mit hohen Auflagen verbunden, die den Aufbau und Betrieb einer dafür nötigen Infrastruktur laut eco erheblich verteuern würden. „Das würde die Branche hohe dreistellige Millionenbeträge kosten – insbesondere kleine und mittelständische Betriebe wären in ihrer Existenz gefährdet“, sagte Süme.

SAP-Chef fordert „IT-Schengen-Abkommen“

Obwohl die Bundesregierung erklärt hatte, dass es keine Belege für Wirtschaftsspionage der NSA in Deutschland gebe, bleibt insbesondere die IT-Industrie angesichts der Enthüllungen von Edward Snowden beunruhigt. Es sollen Maßnahmen ergriffen werden, um Unternehmensdaten vor staatlichem Zugriff zu schützen. So fordert SAP-Chef Jim Hagemann Snabe mit Blick auf die NSA-Überwachung einheitliche Regeln für den Datenschutz in Europa. „Für den sicheren Datenverkehr brauchen wir so etwas wie ein Schengen-Abkommen für IT“, sagte Hagemann am Dienstag.

Europäische Standards wären also wichtig, um den Datenverkehr innerhalb Europas zu erleichtern. Würde jeder Staat stattdessen eigene Regeln erlassen, würde das vor allem das Geschäftsmodell von Cloud-Anbietern erschweren. Das gilt etwa auch für SAP, der Hersteller von Unternehmens-Software will bis 2015 den Umsatz mit Cloud-Angeboten auf zwei Milliarden Euro verdoppeln. Darüber hinaus spricht Sabe eines der grundsätzlichen Probleme an: „Die NSA-Affäre führt viele zu der Frage: Bleiben die Daten in Europa?

Wie viel europäische Regelungen letztlich wert sind, lässt allein die enge Kooperation zwischen der NSA und dem britischen Geheimdienst GCHQ anzweifeln. Nach dem bisherigen Stand zapft dieser die großen Untersee-Kabel an und kann auf diese Weise praktisch vollständig auf den europäischen Datenverkehr zugreifen. Hinzu kommt, dass die britische Regierung bis dato in erster Linie daran interessiert war, einen einheitlichen europäischen Datenschutz mit strikten Standards auszuhöhlen. Aufgrund dessen hatte EU-Justizkommissarin Viviane Reding vor kurzem erklärt: „Ich kümmere mich nicht mehr um die Briten, das ist verloren.“ Dennoch bleibt abzuwarten, welche Gestalt die EU-Datenschutzreform annimmt, wenn diese im kommenden Jahr beschlossen wird – sofern der Zeitplan dieses Mal eingehalten wird.

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