Datenschützer fordern Widerstand gegen NSA-Spionage

Andreas Frischholz
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Nach den jüngsten Enthüllungen steigt der Druck auf die Bundesregierung, die Aufklärung im NSA-Skandal voranzutreiben. Opposition und Bürgerrechtler fordern Konsequenzen, doch letztlich stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten die Bundesregierung hat – und ob sie diese überhaupt nutzen will.

Angesichts der Datensammelwut von Unternehmen und Geheimdiensten warnen etwa die Verbraucherschutz- und Datenschutzverbände vor dem „gläsernen Bürger“. Kommunikation dürfe nicht umfassend und anlasslos überwacht werden, heißt es in einem Forderungspapier (PDF-Datei), das sich an die Abgeordneten des neuen Bundestags sowie die kommende Bundesregierung richtet. „Die neue Bundesregierung sollte sich auf internationaler und europäischer Ebene für verbesserten Datenschutz einsetzen“, sagte Peter Schaar, der Bundesbeauftragte für Datenschutz, der die Forderungen zusammen mit Gerd Billen von den Verbraucherschutzverbänden am Dienstag vorgestellt hat.

Um persönliche Daten besser zu schützen, müsse als erstes die EU-Datenschutzreform zügig verabschiedet werden. Mit der Reform sollen die Nutzer mehr Kontrolle über ihre persönlichen Daten erhalten, etwa ein Recht auf Löschung. Zudem sind striktere Transparenzvorgaben vorgesehen, die Nutzern sollen verständliche und leicht zugängliche Informationen erhalten, um Art und Umfang der Datenverarbeitung nachvollziehen zu können. Allerdings sind sich die Daten- und Verbraucherschützer bewusst, dass deutsche oder europäische Gesetze „angesichts der globalen Architektur des Internets“ nicht ausreichen. Deswegen sollen Vereinbarungen überprüft werden, die die Datenübermittlung in Drittstaaten wie die USA regeln – dazu zählen etwa die umstrittenen Safe-Harbor- und das Swift-Abkommen.

Undurchsichtige Pläne der Bundesregierung

Bis die EU-Datenschutzreform den Weg durch die Gremien schafft, wird allerdings noch einige Zeit vergehen. Das EU-Parlament hatte sich zwar in der letzten Woche auf einen Entwurf geeinigt, dieser muss aber noch von den EU-Staaten abgesegnet werden. Und die Regierungschefs erweckten beim EU-Gipfel am Wochenende nicht den Eindruck, dass ein großes Interesse an einer raschen Umsetzung besteht. In internen Gipfel-Unterlagen, die Spiegel Online vorliegen, ist nicht mehr von einer Verabschiedung im nächsten Jahr die Rede. Stattdessen lautet der aktuelle Status: Verhandlungen werden intensiv fortgeführt.

Als Termin steht nun das Jahr 2015 im Raum. Vor allem Großbritanniens Premier David Cameron soll sich gegen eine rasche Umsetzung gesträubt haben, um die IT-Unternehmen nicht mit zu strengen Richtlinien zu belasten. Zudem verteidigte er die Überwachungs- und Spionage-Programme der Geheimdienste. Laut den Berichten von Gipfel-Teilnehmern wurde Cameron von Kanzlerin Angela Merkel unterstützt, die zur Überraschung mancher Amtskollegen nicht auf die Umsetzung der Datenschutzreform drängte. Trotz der Forderungen nach strikten Datenschutz-Gesetzen und der Empörung über die Handy-Spionage der NSA. So erklärte Merkel auf einer Pressekonferenz im Anschluss an den EU-Gipfel:

Großbritannien und Deutschland kommen aus sehr unterschiedlichen Richtungen. Großbritannien sagt: Wir brauchen einen Datenschutz, der unsere Unternehmen nicht zu sehr beeinträchtigt. Wir sagen: Wir haben einen sehr klaren Datenschutz für die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, und wir wollen davon nichts aufgeben.

Ohnehin soll Merkel wesentlich mehr Interesse am „Five Eyes“-Abkommen gezeigt haben, das die enge Kooperation zwischen den Geheimdiensten von den USA, Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland regelt. Dazu zählt etwa, dass sich die Dienste nicht gegenseitig ausspionieren. Spiegel Online zitiert Merkel mit der Aussage: „Anders als David [Cameron] sind wir ja leider nicht Teil dieser Gruppe.“ Offenbar bemüht sich die Bundesregierung um die Mitgliedsschaft in dem Geheimdienst-Bündnis. Entsprechende Wünsche soll der Bundesnachrichtendienst (BND) bereits geäußert haben, berichtete die New York Times am Wochenende. Obwohl Dokumente aus dem Fundus von Edward Snowden bereits gezeigt haben, dass der BND überraschend eng mit der NSA zusammenarbeitet, wurde der Five-Eyes-Status bislang verweigert. Mit den aktuellen Enthüllungen über die Handy-Spionage gegen Merkel sollen sich die Chancen auf eine Mitgliedschaft jedoch verbessert haben.

In diesem Kontext stellt sich nun die Frage, welche Auswirkung eine potentielle Five-Eyes-Mitgliedschaft auf politische Entscheidungen hat. Dass eine zeitnahe Umsetzung der EU-Datenschutzreform mit Hilfe der Bundesregierung ausgebremst wurde, hinterlässt bereits einen faden Beigeschmack.