Konsolen 2013 im Überblick: Alleskönner in exklusiven Ökosystemen

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Max Doll
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x86: Xbox One und PlayStation 4

Mit Streaming schließt sich der Kreis zu den großen Kalibern. Microsoft und Sony bauen keine Spielkonsolen, auch wenn zumindest die PlayStation 4 zuvorderst so beworben wird, sondern Entertainment-Systeme mit einem eigenen Ökosystem aus Diensten. Spätestens die PlayStation 5 soll, so die Vision von Sony, schließlich Leistung primär aus der Cloud abrufen, während Microsoft bereits jetzt die „Power of the cloud“ in der Xbox One bewirbt – welche mit Dedicated Servern als Nebenprodukt klassische Spieler gleichfalls besänftigt. Die langfristige, anbieterübergreifende Vision wird spätestens jetzt deutlich: Minimale und damit günstige Hardware lokal, die über das Internet auf alle benötigten Daten, im Prinzip aber auch auf die benötigte Rechenleistung zugreift. Die wird in jeder Größe stets „on-demand“ mit beliebiger Skalierbarkeit nach oben verfügbar.

Die Xbox One will mit Kinect 2.0 punkten
Die Xbox One will mit Kinect 2.0 punkten

PlayStation 4 und Xbox One als aktuell medial breit auftretende Konsolen-Speerspitze verfolgen ein prinzipiell ähnliches Konzept auf fast identischer Hardware-Basis, das sich vor allem in einzelnen Ausprägungen voneinander unterscheidet. Gegenüber den kleineren Kollegen sind beide als leistungsstarkes Gehirn des Unterhaltungsangebots in heimischen Wohnzimmern konzipiert. Die Basis mit einem SoC samt Radeon-GPU von AMD sowie acht Gigabyte RAM mutet zunächst auch aufgrund der x86-Architektur unscheinbar identisch an, die Unterschiede liegen eher im Detail: Die Xbox One gebietet über eine geringere Rohleistung, im Gegensatz zur PlayStation 4 aber auch über eine ausgefeilteren, fest in das System integrierten Mix aus Sprach- und Bewegungssteuerung. Kinect schlägt, zumindest in der Theorie, die PlayStation Kamera und funktioniert bereits jetzt überraschend gut für jeden Aspekt der Konsole bis hin zum Internet-Browser und der flotten Sprachsuche über Bing.

„Casuals“ werden sich auch am „Resolutiongate“, dem Aufschrei über die Abstriche bei der Auflösung, zugunsten der potentiell intuitiven Steuerung nicht stören. Derzeit werden zwar einige größere Spiele, Call of Duty: Ghosts oder Battlefield 4, auf der Xbox One nur mit einer Auflösung von 720p dargestellt, während die PlayStation 4 kaum Abstriche von der Full-HD-Auflösung machen muss. Schaut man sich den Mobile-Markt an, liegt auf der Grafik für diese – große – Gruppe aber nicht zwingend ein Schwerpunkt. Der O-Ton bei Sony lautet dennoch: „Das leistungsstärkste System der Welt“, was in Anbetracht des Ökosystems die Media-Ambitionen der PlayStation kaum verhüllen kann. Spannend bleibt, ob die vom Start durch hauptsächlich spielefixierte Enthusiasten getragenen, guten Verkaufszahlen anhalten, zumal Microsoft Kinect Sports – definitiv ein Kinect-, aber auch ein Casual-Musterspiel – bereits in einer Demofassung als Schaufenster in die mögliche Kinect-Zukunft anbietet.

Werben um des Spielers Gunst: PlayStation 4
Werben um des Spielers Gunst: PlayStation 4

Die feste Integration sowie der massive Ausbau von Kinect („Xbox Skype!“) zielen nicht nur auf eine intuitivere Bedienung von System und Spielen. Auch die Spielerfahrung soll sich durch den stärkeren Einbezug des Nutzers noch einmal wandeln, selbst wenn dies bisher nur in Ansätzen zu beobachten ist. Insofern bleibt die PlayStation auf dem Papier das konservativere Konzept, das eine ähnliche, aber einfachere Lösung nur optional anbietet und den klassischen, aber längst nicht mehr einzigen Weg gesteigerter Rechenleistung zur Darstellung realistischerer Welten beschreitet. Die tendenziell abnehmenden Bewertungen von immer hübscheren, aber immer „gleicheren“ Spiele unterstreichen dies. Killzone, Call of Duty oder Ryse sehen zwar spektakuläre aus, sind aber spielerisch Monoton.

Beide Hersteller tragen dem Trend zum „sozialen Spielen“ mit der Integration einfachen Funktionen zum Teilen von Screenshots und Spielszenen Rechnung, einen Haufen Apps für soziale Netzwerke und Medien-Dienstes gibt es zusammen mit der Integration von Tablets als zweiten Bildschirm obendrein. Auch wenn Sony keine Anwendungen an den Bildschirm andocken lassen kann und bei der Präsentation des User-Interfaces Spiele, Spiele und Spiele im Kontext mit Freunden statt Steuerung und Medien in den Vordergrund stellt, wird das Multitasking-Konzept hinter der Konsole deutlich gemacht.

Trotz Werbung nicht nur für Spieler: Die PlayStation 4
Trotz Werbung nicht nur für Spieler: Die PlayStation 4

Broadcast Yourself“, heißt es bei Sony, die Konsole wird in Verlängerung sozialer Netzwerke als Möglichkeit zur Außendarstellung gedacht. Eher in der zweiten Reihe wird derzeit das Entertainment-Programm beworben. Ausstattung und Anlage der Konsole widersprechen der aktuellen Marketing-Strategie allerdings deutlich, dem Spiele- und Spieler-Feldzug zum Trotz. Microsoft arbeitet anders: „Erlebe eine neue Entertainment-Ära“, schreibt der Hersteller zur Begrüßung auf der Xbox-Homepage. Spiele werden hier offensiv in einem Atemzug mit anderen Unterhaltungsangeboten genannt, die Vielseitigkeit und Gleichzeitigkeit des Angebots zusammen mit einer Kinect-Steuerung hervorgehoben. Dass kleine Entwickler gleich mehrere Spielergruppen von Casual bis Hardcore locken, ist nach Sony nun auch Microsoft aufgegangen.

Wie bisher sind beide Modelle weiterhin in geschlossene Ökosysteme integriert, die gegenwärtig jedoch massiv anwachsen, während die Leine für den Nutzer gleichzeitig massiv gekürzt wird. Bereits die Debatte um das Always-On-DRM der Xbox One war geprägt von Dingen, die künftig nicht mehr funktionieren würden. Geändert hat sich trotz Kehrtwende eher wenig: DLNA, MP3s und Audio-CDs unterstützt zwar die Xbox One, wenngleich letzteres nur auf Umwegen, spielt vorerst aber keine 3D Blu Rays. Die PlayStation verhält sich genau umgekehrt, soll nach massiver Kritik mit entsprechenden Funktionen aber immerhin nachgerüstet werden. Der Fokus, heißt es, habe schlicht auf den Spielen gelegen, man habe diese Funktionen vergessen. Glaube das, wer will: Die FAQ nennen dennoch erstaunlich viele Restriktionen, darunter den Wegfall externer Speichermedien.

Hardware-Übersicht x86-Konsolen

Geht nicht, geht auch nicht – was geht, sind die Dienste von Sony und Microsoft zum Streamen von Musik und Videos für jeweils 10 Euro im Monat respektive der Live- und PSN-Store. Weiteres Geld wird für den Zugang zu Mehrspieler-Gefechten über Live Gold sowie PSN Plus fällig. Abwärtskompatibilität fehlt ebenfalls, lässt sich durch den Wechsel der Hardwarearchitektur jedoch vernünftig erklären; sowohl Sony als auch Microsoft arbeiten am Aufbau eines eigenen Streaming-Dienstes. Die Blockbuster-Konsolen weisen insofern die gleichen Ausstattungsmerkmale wie ihre offeneren Android-Geschwister mit vergleichsweise minimalem Marktanteil auf, realisieren diese aber über engere, herstellereigene Systeme, denen zu entkommen fast unmöglich scheint.

Erstanden wird ein HTPC, der nicht die Medien-Bibliothek des Nutzers verwaltet, sondern den Account des Nutzers bei Sony oder Microsoft. Dass beide Interpretationen einer Konsole im Gegensatz zu den Android-Versuchen mit Blu-Ray-Laufwerk ausgestattet werden, entfernt sie nicht unbedingt weiter vom Digital-Zeitalter, genauer gesagt der Vorstellung des jeweiligen Konzerns von einer virtuellen, cloudbasierten Zukunft ohne physischen Medienbesitz. In Anbetracht des Grundkonzeptes und der vielfältigen Limitierungen erscheint das Laufwerk schon jetzt als Quasi-Alibi. Da andere Geräteklassen bereits drahtlos bestückt werden, wird es die gegenwärtige Generation kaum überleben.

25 Jahre ComputerBase!
Im Podcast erinnern sich Frank, Steffen und Jan daran, wie im Jahr 1999 alles begann.