Obama kündigt NSA-Reformen an

Andreas Frischholz
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US-Präsident Barack Obama hat nun offiziell Reformen für die NSA angekündigt. Wie bereits im Vorfeld erwartet, entsprechen diese eher leichten Kurskorrekturen. Zwar wird dem Schutz der Privatsphäre ein höherer Stellenwert eingeräumt, doch die Datensammlungen und Überwachungsprogramme bleiben im Kern bestehen.

In erster Linie nutzte Obama die 45-minütige Rede (Manuskript), um die NSA zu verteidigen. Die Argumente sind bekannt: Die Datensammlungen wären notwendig für den Schutz der nationalen Sicherheit, zudem würden sich NSA-Mitarbeiter im Rahmen der Gesetze bewegen, die bereits zwischen Sicherheit und Privatsphäre abwägen. Dass die NSA-Programme ein massives Risiko für die Privatsphäre darstellen und Bürgerrechte untergraben, formuliert Obama eher als abstrakte Kritik, die sich allein durch das Ausmaß der Überwachungsinfrastruktur ergebe.

Doch zahlreiche kritische Punkte bleiben außen vor: Dass die NSA weltweit Datenströme anzapft, um die Internet-Kommunikation möglichst vollständig zu erfassen, auszuwerten und bei Bedarf zu speichern, deutet Obama bestenfalls in Nebensätzen an. Das Unterwandern von Krypto-Technologie oder der Handel mit Sicherheitslücken werden ausgeklammert, obwohl selbst die von Obama beauftragte Expertenkommission forderte, diese Programme aufgrund der Gefährdung sicherer Kommunikation vollständig zu beenden. Ebenso wenig erwähnt Obama, dass die NSA – mit Hilfe des britischen Partnerdienstes GCHQ – die privaten Cloud-Netzwerke von US-Internetdiensten wie Google und Yahoo anzapft.

Beispielhaft für Obamas Rede ist die Ankündigung, künftig werde man keine Regierungschefs von verbündeten Staaten überwachen – es sei denn, das wäre aufgrund der nationalen Sicherheit erforderlich. Dagegen macht Obama keinen Hehl aus dem NSA-Auftrag, Informationen über die Absichten von Regierungen zu beschaffen, wozu vermutlich das Ausspähen von Botschaften und Uno-Gebäuden zählt. Das wäre allerdings übliche Geheimdienst-Arbeit, die andere Staaten ebenso betreiben. Und die US-Regierung „wird sich nicht entschuldigen, weil [die NSA] effektiver arbeitet“.

Dementsprechend verfolgen die von Obama vorgestellten Maßnahmen nicht das Ziel, die Überwachung einzuschränken. Stattdessen will er inner- und außerhalb der USA wieder für Vertrauen in die NSA werben, das infolge der Enthüllungen von Edward Snowden verloren gegangen ist. Die umfassende Datensammlung bleibt also weitestgehend bestehen, dem Schutz der Privatsphäre wird aber ein höherer Stellenwert eingeräumt.

Überschaubarer Maßnahmenkatalog

Immerhin: Obama formuliert das Credo, dass – unabhängig von der Nationalität – auch außerhalb der USA keine Personen ausspioniert werden, sofern diese keine Bedrohung für die nationale Sicherheit darstellen. Kritik und abweichende Meinungen sollen die US-Geheimdienste nicht unterdrücken, ebenso wenig soll eine Überwachung aufgrund von Herkunft, Ethnie, Geschlecht, Sexualität oder Religion erfolgen. Dennoch bleiben die angekündigten Maßnahmen äußerst vage formuliert: Ab wann jemand die nationale Sicherheit der USA gefährdet, ist nicht klar definiert. Ebenso wenig bedeutet „nicht überwachen“, dass keine Daten von einer Person gesammelt werden.

Konkret wird Obama lediglich bei einigen Rechten, die bislang nur die persönlichen Daten von US-Bürgern geschützt haben und künftig auch für Personen außerhalb der USA gelten sollen. Diese begrenzen etwa den Zeitraum, in dem diese gespeichert werden und beinhalten Vorschriften für die Weitergabe zwischen den US-Behörden. Die Vorgaben sind aber noch nicht final, für die konkrete Ausarbeitung ist nun die US-Geheimdienstdirektion zuständig.

Am weitesten reichen die Einschnitte noch bei der massenhaften Sammlung US-Telefondaten. Die ist vergleichbar mit der hiesigen Vorratsdatenspeicherung und hat innerhalb der USA den stärksten Protest hervorgerufen – selbst US-Bundesrichter erklärten zuletzt, die flächendeckende Telefondaten-Sammlung wäre vermutlich illegal. Darauf reagiert Obama, indem die Telefondaten künftig nicht mehr in NSA-Datenbanken gespeichert werden, sondern an einer externen Stelle außerhalb der Regierungsbehörden – also einer „dritten Partei“ oder direkt bei den Providern. Zugang zu den Daten soll die NSA dann nur noch mit einem richterlichen Beschluss erhalten. Bislang sträuben sich aber die Provider, entsprechende Datenbanken für die NSA zu betreiben. Von daher bleibt ungeklärt, wo die Telefon-Verbindungsdaten letztlich landen werden. Der Geheimdienstdirektion hat Obama nun die Aufgabe erteilt, bis zum 28. März eine Alternative zu entwickeln – dann muss das bestehende Programm erneut von den Kontrollgremien autorisiert werden.

Außerdem soll bei den Anhörungen über NSA-Programme vor dem umstrittenen Geheimdienstgerichtshof FISC ein „Anwalt für Bürgerrechte“ teilnehmen. Mehr Transparenz verspricht Obama zudem bei den „National Security Letter“, die Internetdienste wie Google, Facebook, Microsoft und Yahoo zwingen, der NSA auf Anfrage die Daten von Nutzer zu übermitteln. Das wurde zwar oft gefordert, mit Blick auf das Anzapfen der privaten Cloud-Netzwerke wird sich im Silicon Valley die Dankbarkeit für dieses Zugeständnis jedoch in eher engen Grenzen halten.

Darüber hinaus erhält ein Mitarbeiter im Weißen Haus die Aufgabe, die Einhaltung von Privatsphäre-Vorschriften zu kontrollieren. Im Außenministerium soll zudem eine Stelle geschaffen, die diplomatische Anfragen aufgrund von Datensammlungen und Geheimdienst-Technologie koordiniert.