Titanfall im Test: Der Casual-Multiplayer-Shooter

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Sasan Abdi
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Titanfall auf einen Blick

Falls es noch nicht bekannt sein sollte, muss man sich eines klar machen: „Titanfall“ ist ein waschechtes Multiplayer-Spiel. Um Einzelspieler-Inhalte wird deswegen kein großes Gewese macht. Statt einer opulenten, vielschichtigen Story verwurstet Respawn einfach große Teile des vorhandenen Kartenmaterials mit einer eher diffusen Erzählung.

Die geht so: In einer fernen Zukunft ist die Menschheit in entfernte Teile des Universums aufgebrochen, um an der sogenannten „Grenze“ ein neues Leben voller Abenteuer und Möglichkeiten zu beginnen. Dabei entspinnt sich schnell ein Konflikt zwischen einem raffgierigen, mächtigen Konzern und einer unabhängigen Siedlergemeinschaft.

Titanfall im Test
Titanfall im Test 

Viel mehr muss der Spieler über die sogenannte Kampagne nicht wissen – und viel mehr wird er im wenige Stunden kurzen Plot auch tatsächlich nicht erfahren. Dies liegt zu großen Teilen daran, dass Respawn keinen Wert darauf legt, das Setting großartig auszuerzählen: Gespickt mit immer mal wieder eingestreuten kleinen Erklärungsschnipseln, wird der Spieler kurzerhand durch die ohnehin vorhandenen Multiplayer-Karten geschleust, sodass sich die Kampagne als solider Trainingsparcours mit minimaler Story gestaltet.

Für diese klare Multiplayer-Fokussierung gibt es keine objektive Einordnung. So lässt sich auf der einen Seite argumentieren, dass es immer schade ist, wenn ein Titel mehr oder weniger ausschließlich auf den Mehrspielermodus setzt. Auf der anderen Seite müssen wir uns bei „Titanfall“ anders als bei einem „Call of Duty“ und insbesondere anders als bei einem „Battlefield 4“ nicht über eine plumpe Kampagne ärgern. Ansichtssache.

Jedenfalls gilt für „Titanfall“ eine alte Weisheit erst recht, die schon für die genannten Konkurrenten zutreffend war: Auf den Multiplayer kommt es an. Wie also schlägt sich das Respawn-Werk in dieser Hinsicht?

Für die Masse gemachter Mehrspieler

Hierzu lässt sich zunächst grundsätzlich festhalten, dass die Entwickler ihrem bisherigen („Call of Duty“)-Ansatz treu bleiben und ein extrem leicht zugängliches Spiel konzipiert haben. Auch wenn der Spieler in „Titanfall“ mächtige Kampfroboter steuert und die Partien ein hohes Tempo aufweisen: Wer auch nur ein wenig Erfahrung mit dem Genre hat, wird sich binnen weniger Minuten sofort heimisch fühlen.

Auch diese Eigenschaft lässt sich objektiv kaum seriös einordnen. Während sich Freunde des „serious gaming“ nicht ohne Grund über die extrem einfache und völlig kantenlose Bedienung ärgern werden, werden Befürworter die Steuerung „reibungslos“ und den wunderbar flüssigen Wechsel zwischen Roboter-Cockpit und Umgebung „fließend“ nennen. Hardcore-Spieler werden darüber hinaus monieren, dass sich viele Waffen ähnlich anfühlen und ohne große Übung von der ersten Minute an für zünftige Abschüsse verwendet werden können – ein Umstand, den man aber auch der herausragenden Zugänglichkeit des Spiels zuschreiben kann. Es ist also alles eine Sache des Standpunktes.

Damit wären wir beim zweiten Aspekt, den man sich klar machen muss und der zuvor weniger offensichtlich war, als die klare Multiplayer-Orientierung: „Titanfall“ will auf keinen Fall als ultimativer neuer eSport-Shooter die Hardcore-Gemeinde ansprechen. Stattdessen geht es in Anlehnung an den Zeitgeist vielmehr um kurzweilige, leicht zugängliche aber doch spaßige Action für die breite Masse. Es handelt sich also im neutralen Sinne um einem „Casual-Multiplayer-Shooter“.

Packendes, zugängliches Gameplay

Wir haben mit dieser Konzeption schon während der Beta gehadert. Natürlich sind die erwähnten Pro-Argumente legitim und natürlich wäre es weltfremd, zu erwarten, dass Respawn für Electronic Arts einen potentiellen Verkaufsschlager zum geekigen eSport-Shooter für die Nische hin entwickelt.

Es ist deswegen nicht per se so, dass wir mit der beschriebenen Konzeption von „Titanfall“ ein Problem hätten. Denn tatsächlich hat sie ihren Charme: Für eine actionreiche, packende Zwischendurch-Ballerei gibt es derzeit kaum bessere Alternativen.

Dabei basiert das Gameplay grundsätzlich auf folgenden Grundfesten: Auf einer von fünfzehn Karten treffen zwei Teams mit nur maximal sechs Spielern aufeinander, wobei diese Spieler als sogenannte Piloten in regelmäßigen Abständen Kampfroboter aus dem Orbit ordern können. Die sogenannten Titanen können vom Spieler entweder höchstselbst bestiegen und gesteuert oder aber per Autopilot angewiesen werden, einen Bereich zu bewachen oder ihren Piloten zu folgen.

Der „Titanfall“ – der Moment also, in dem ein Roboter vom Himmel fällt – ändert die Spielmechanik grundsätzlich: Beweglichkeit und Verwundbarkeit wechseln gegen Behäbigkeit und Feuerkraft, sobald der Titan bestiegen wird. Plötzlich zählen zwischen den KI-gesteuerten Fußsoldaten nicht mehr so sehr die frei herumlaufenden Piloten zu den gefährlichsten Gegnern, sondern die gegnerischen Titanen, denn diese können binnen weniger Sekunden tödlich sein.

Geglückt ist dabei, dass ein potentieller Fallstrick für den Spielspaß durch diese Verschiebung der Gefahr umgangen wird: Die Kampfroboter sind zwar stark, haben aufgrund des relativ einfachen Zugangs zu Nachschub-Titanen aber genug mit ihresgleichen zu tun, sodass das Gameplay insgesamt eine sehr gute Balance aufweist.