Verfassungsschutz: Mehr Daten an US-Geheimdienste geliefert

Andreas Frischholz
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Auf die Kooperation von deutschen und US-Geheimdiensten haben die NSA-Enthüllungen offenkundig keinen allzu großen Einfluss. Zumindest der Datenaustausch scheint intakt, immerhin hat der Verfassungsschutz im letzten Jahr mehr Daten an US-Dienste verschickt als in den Jahren zuvor.

Das berichtet der Rechercheverbund von Süddeutsche Zeitung (SZ), NDR und WDR, dem geheime Unterlagen der Bundesregierung vorliegen. Demnach hat der Verfassungsschutz im Jahr 2013 vertrauliche Daten in 1.163 Fällen an US-Dienste übermittelt – 2012 waren es noch 864 Fälle. Damit habe sich die Anzahl der Datensätze in den letzten vier Jahren annähernd verfünffacht. Und die Tendenz ist nach wie vor steigend. Zumindest im ersten Quartal dieses Jahres wurden den Dokumenten zufolge bereits Datensätze in rund 400 Fällen übermittelt.

Für den nachrichtendienstlichen Datenaustausch ist auf Seiten der US-Dienste aber offenkundig nicht die NSA zuständig. Stattdessen stammten die meisten Anfragen von der CIA, dem US-Auslandsgeheimdienst. Zudem wurden das FBI sowie die Geheimdienst-Abteilungen der US-Luftwaffe und des Heeres mit Daten beliefert.

Wen die übermittelten Daten betreffen, geht aus den Dokumenten aber nicht hervor, berichtet der Rechercheverbund. Da es sich beim Verfassungsschutz aber um einen Inlandsgeheimdienst handelt, der nur innerhalb deutscher Grenzen aktiv sein darf, sei davon auszugehen, dass die Daten entweder von deutschen Bürgern oder von sich in Deutschland aufhaltenden Ausländern stammen. Bei der Art der Daten handele es sich vermutlich um die üblichen Kommunikationsdaten, hinzu kommen Informationen zur Ein- und Ausreise von Verdächtigen, die von US-Diensten als Ziel anvisiert wurden.

Verfassungsschutz: Ambivalente Rolle als Partner und Aufklärer zugleich

Der Verfassungsschutz wollte sich auf Anfrage von SZ, NDR und WDR zwar nicht konkret äußern, bestätigte aber „eine generelle Zusammenarbeit mit ausländischen Diensten“. Begründet wird dieses Vorgehen wie gehabt mit der allseits bekannten Floskel: Terror-Abwehr – und das ohne auch nur irgendein Detail zu nennen. Es ist die übliche Rhetorik, denn bereits im letzten Jahr betonte der Verfassungsschutz die „enge und vertrauensvolle“ Partnerschaft mit US-Diensten, die ebenfalls Daten an deutsche Behörden übermitteln – wie viele ist allerdings unklar.

Bekannt ist aber, dass deutsche Geheimdienste im Rahmen der Partnerschaft das NSA-Überwachungsprogramm XKeyscore nutzen können. Der Bundesnachrichtendienst (BND) setzt seit 2007 eine – angeblich im Funktionsumfang beschnittene – Variante zur Filterung und Analyse der Datenströme ein. Der Verfassungsschutz will XKeyscore ebenfalls einsetzen, verwende es aber nur zu Testzwecken – und daran soll sich bislang auch nichts verändert haben.

Die enge Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutz und US-Diensten wird jedoch zunehmend problematisch. Trotz zahlreicher NSA-Enthüllungen samt öffentlicher Bloßstellungen der deutschen Dienste ist nach wie vor nicht geklärt, wie die Kooperation mit den US-Geheimdiensten im Einzelnen abläuft. Zumal der deutsche Inlandsgeheimdienst gleichzeitig für die Spionage-Abwehr zuständig ist und als Reaktion auf die NSA-Enthüllungen künftig auch die Aktivitäten von westlichen Geheimdiensten wie der NSA und dem GCHQ kontrollieren soll – bis dato konzentrierte sich die Spionage-Abwehr auf Staaten wie China und Russland.

Die Aktivitäten des Verfassungsschutzes zielen zwar in erster Linie darauf ab, Spionage-Angriffe auf Führungskräfte aus Politik und Wirtschaft zu unterbinden. Dennoch bestehen Zweifel an einer Spionage-Abwehr, die sich gegen Partnerdienste richtet, von denen man sowohl im Bereich der Informationen als auch der Software äußerst abhängig ist.

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