E-Book: Börsenverein sieht DRM als großes Hindernis

Michael Schäfer
42 Kommentare
E-Book: Börsenverein sieht DRM als großes Hindernis

Der Vorsteher des Branchenverbandes Börsenverein, Heinrich Riethmüller, hat sich bei der Jahrestagung der Publikumsverlage deutlich für eine Abkehr vom harten Kopierschutz ausgesprochen. Seiner Meinung nach würde dieser nur Amazon in die Hände spielen.

So sieht Riethmüller das größte Hindernis beim Vertrieb von E-Books nach wie vor in dem von vielen Verlagen immer noch verwendeten sogenannten „harten Kopierschutz“. Dieser spiegele zudem weiterhin „das alte überkommene Kundenbild“ wider, „dass jeder ein potentieller digitaler Dieb ist“, wird Riethmüller auf lesen.net zitiert. Von diesem Verhalten soll vor allem Amazon profitieren, das von Beginn an vieles richtig gemacht habe. Auch wenn Börsenverein-Geschäftsführer Alexander Skipis im Mai des letzten Jahres noch eine Regulierung des Online-Händlers forderte, nahm Riethmüller nun die Buchhändler in die Pflicht, welche, anstatt nur auf Amazon zu schimpfen und das Unternehmen schlechtzureden, selbst „ein überzeugendes, bequemes Angebot bieten“ sollen.

Dabei stattet auch Amazon die verkauften Bücher mit einem Kopierschutz aus, welcher von Kindle-Nutzern jedoch als weniger störend empfunden wird – solange sie sich im Kindle-Universum bewegen. Erst bei einem Wechsel auf E-Book-Reader anderer Hersteller zeigen sich mit dem proprietären Format die Tücken des Systems. Lösungen anderer Hersteller setzen meist auf den DRM-Anbieter Adobe, der aber ein Adobe-Konto zwingend voraussetzt. Damit können digitale Bücher im E-Pub-Format auf allen anderen unterstützten Lesegeräten dargestellt werden, jedoch bleiben diese in den meisten Fällen hinter der Funktionsvielfalt von Amazon zurück. So bietet Amazon unter anderem über die Familienbibliothek die Möglichkeit, Geräte von zwei Erwachsenen und vier Kindern miteinander zu verknüpfen und darüber Inhalte zu teilen. Über Adobe-DRM geschützte Inhalte sind hingegen immer an das eine Adobe-Konto gebunden, auch wenn diese auf bis zu sechs mobile Geräte geladen werden können. Durch die steigende Anzahl von E-Books mit weichem DRM, bei dem lediglich ein Wasserzeichen zum Einsatz kommt, ist wiederum indirekt das Teilen innerhalb der Familie theoretisch möglich, auch wenn dies nur selten von den Lizenzvorgaben gedeckt ist. Darüber hinaus lassen sich diese Bücher einfach in ein anderes Format wandeln, um so auch einen Kindle-Reader füllen zu können.

Weiter forderte Riethmüller die anwesenden Verlagsvertreter auf, die neue Verkaufsplattform des Börsenvereins buchhandel.de zu unterstützen. Auf diesem können Kunden unter Beteiligung unabhängiger Buchhändler sowohl gedruckte wie auch digitale Bücher erstehen. Noch lieber wäre es Riethmüller jedoch, wenn nicht mehr online, sondern nur noch im stationären Buchhandel gekauft werden würde. Wer online kaufe trage seiner Meinung nach dazu bei, nicht nur qualifizierte Arbeitsplätze abzubauen und Innenstädte ausbluten zu lassen, sondern unterstütze damit auch Umweltverschmutzung sowie den digitalen Kapitalismus. Ein Argument wurde jedoch bereits widerlegt: Laut WDR-Markencheck ist ein Kauf bei Amazon deutlich umweltbewusster als ein Einkauf in der Stadt.