Oculus Rift DK 2 im Test: Die Zukunft ist hier und sie beeindruckt nachhaltig

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Andreas Schnäpp
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VR im Alltag

Das Potential von Virtual Reality als Massenmedium beschränkt sich keineswegs ausschließlich auf den Computerspielebereich. Schon innerhalb der nächsten Jahre könnten uns VR-Anwendungen öfter im alltäglichen Leben begegnen, als wir es heute zu vermuten wagen. Die Einsatzfelder reichen von Unterhaltung hin zu virtuellem Tourismus, Architektur und Bildung. Sogar therapeutische Anwendungen befinden sich mittlerweile in Entwicklung. Ein exemplarischer Kurzüberblick:

Unterhaltung/VR-Kino

Eine der vorinstallierten Anwendungen, die dem Gear VR von Samsung beiliegt, ist der 360°-Fotografie gewidmet. Im Rahmen der Samsung Developer Conference 2014 präsentierte Samsungs „Think-Tank-Team“-Forschungsabteilung die dafür verwendete Technik zur Aufzeichnung der hochauflösenden 360°-Panoramaaufnahmen in Form eines 3D-Kamera-Konzepts: Project Beyond liefert einen Ausblick darauf, wie entsprechende Geräte zum Aufnehmen und Teilen eigener 360°-Fotos aussehen könnten, sobald die Technik reif für den Massenmarkt wird.

Die Wirkung von Bewegtbildern in der virtuellen Realität demonstriert das Unternehmen JauntVR anhand einer Reihe von VR-Filmen, die in 360° aufgenommen wurden. Der VR-Nutzer wird als Zuschauer selbst Teil der Szene. So steht es dem Zuschauer frei, sich jederzeit umzuschauen und selbst zu bestimmen, welchem Teil der Szene er Aufmerksamkeit schenken möchte. Ohne Frage wird diese Technik Filmemacher vor ähnlich große Herausforderungen wie Spieleentwickler im Umgang mit den neuen Möglichkeiten des Mediums stellen. Aber die dadurch gewonnene Immersion wird es Wert sein, neue Pfade auszuloten.

Im Hinblick auf virtuellen Filmgenuss bieten VR-Brillen gegenüber herkömmlichen Kinos einen entscheidenden Vorteil: Der virtuelle Kinosaal hat immer geöffnet, ist in greifbarer Nähe und kostet keinen Eintritt. Hinter den Projekten Cineveo und maxVR steht im Grunde genommen der gleiche Wunsch: Filme auf großer Leinwand zu sehen, ohne dabei die negativen Seiten des Kinos riskieren zu müssen. Zwar lässt Cineveo die Möglichkeit zum „Multiplayer“ – weitere Zuschauer können in den eigenen Kinosaal eingeladen werden. Von Popcorn-Geraschel oder ähnlicher Lärmbelästigung bleiben die VR-Nutzer jedoch verschont.

Cineveo VR Cinema (Bild: Mindprobe)

Ferner lässt sich mit dem kostenlos erhältlichen Tool „Virtual Desktop“ nicht nur der eigene Desktop auf einer virtuellen Leinwandprojektion anzeigen, sodass zwischen VR-Demos nicht andauernd das DK2 abgesetzt werden muss, sondern auch jeder erdenkliche Inhalt auf die virtuelle Bildfläche übertragen werden kann. Ob das Video lokal auf dem Rechner vorhanden ist oder nur per Stream geschaut werden kann, Virtual Desktop macht daraus einen virtuellen Kinosaal.

Kabellose und dadurch mobile VR-Lösungen sind in dieser Hinsicht ihren kabelgebundenen Vorbildern überlegen: Auf langen Zug- oder Busfahrten wäre der private Kinosaal nur einen Handgriff entfernt – zumindest so lange, wie der Akku unterwegs durchhält.

Virtuelle Besichtigungen

Ausstellungen und Museumsbesuche sind meist mit erheblichen Reisekosten verbunden. In Zukunft könnte es dazu eine virtuelle Alternative geben. So könnten Museen auf ähnliche Weise digitalisiert werden, wie es Google Streetview mit Straßenzügen rund um den Globus schon getan hat. Mit zunehmend erschwinglicher werdenden Lösungen zur digitalen Erfassung und Vermessung von Innenräumen, wie beispielsweise Project Tango, verringert sich der Arbeitsaufwand für Entwickler beim Erstellen von Kartenmodellen erheblich. So hat auch Oculus VR vor kurzem Interesse an „Simultaneous-Localization-and-Mapping“-Technologie gezeigt und verleibte sich das darauf spezialisierte Unternehmen 13th Lab ein.

Die von der Europäischen Union kofinanzierte virtuelle Bibliothek Europeana veröffentlichte Ende 2013 eine Machbarkeitsstudie in Form einer Oculus-Rift-Demo für das DK1 namens „Museum of the Future“. In Zukunft könnten Kunst und Kultur auf diese Weise einem viel größeren Publikum nähergebracht werden, ohne dafür verreisen zu müssen.

Ebenso denkbar auf dem Gebiet der Digitalisierung von Umgebungen wären virtuelle Wohnungsbesichtigungen („Penthouse“-VR-Demo, „Viewport-Architectural-Visualization“-VR-Demo), die dank VR ein grundlegendes Gefühl für die Größe einer Wohnung vermitteln, bevor der eigentliche Besichtigungstermin ansteht.

Weitere Anwendungsfelder

Aktuell befindet sich mit Diplopia ein VR-Spiel in Entwicklung, das Nutzern mit Amblyopie oder Strabismus (Schielen) dabei helfen soll, ihre Sehschwäche zu vermindern. So soll über Manipulation der jeweils für die einzelnen Augen gerenderten Bilder erreicht werden, dass das schwächere Auge vom Gehirn des Nutzers wieder gleichmäßig in die Konstruktion des Gesichtsfelds einbezogen wird oder die Augenmuskeln gestärkt werden. Das Prinzip hinter seiner per Crowdfunding finanzierten VR-Anwendung erklärt James Blaha in einer sehenswerten Kurzdokumentation von The Verge. Unter dem Begriff der virtuellen Rehabilitation ist innerhalb der letzten Jahre ein ganzes Forschungsfeld entstanden.

Schon heute kommt VR in der Industrie unter anderem in Kombination mit CAD-Software beim Rapid Prototyping bei der Erstellung und Visualisierung von 3D-Modellen zum Einsatz. Eine für den Heimbereich gedachte Anwendung zum Erstellen von virtuellen Tonskulpturen, die daraufhin als OBJ-Datei exportiert und mittels 3D-Drucker zum Leben erweckt werden können, befindet sich unter dem Namen VRclay in Entwicklung und ist seit kurzem als Betaversion verfügbar. Die Steuerung des virtuellen Werkzeugs erfolgt via „Razer-Hydra“-Controller mit beiden Händen.

25 Jahre ComputerBase!
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