Recht auf Vergessenwerden: Google soll in Zukunft häufiger löschen

Silvio Werner
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Recht auf Vergessenwerden: Google soll in Zukunft häufiger löschen
Bild: William Brawley | CC BY 2.0

Googles seit sechs Monaten arbeitender „Lösch-Beirat“ empfiehlt dem Internetkonzern in einem Berichtsentwurf zum „Recht auf Vergessenwerden“ von Nutzern gestellte Löschanträge großzügiger zu bewilligen als dies bisher der Fall ist. Die Mehrheit der Anträge wurde in der Vergangenheit abgelehnt.

Der Suchmaschinenanbieter solle sich in Zukunft im Zweifel nicht mehr für ein „angeblichen Interesse auf Information“ und damit gegen die Löschung des Suchergebnisses entscheiden, sondern im Zweifelsfällen das Suchergebnis entfernen. Zudem solle das Formular für Löschanträge verbessert und die Entscheidungen über die Anträge differenzierter fällen.

Google informiert über die Anzahl der Löschersuchen
Google informiert über die Anzahl der Löschersuchen (Bild: Google)

Auf einen klaren Regelkatalog zur Entscheidung über Löschanträge konnte sich der Beirat nicht einigen. In der Abwägung sollte es unter anderem darauf ankommen, ob der Antragsteller eine entsprechende Informationen selber geliefert hat und wie alt diese Information ist. Für Personen des öffentlichen Lebens sollen jedoch generell höhere Ansprüche für die erfolgreiche Begründung eines Löschantrags gelten. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung äußert die ehemalige Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger, dass „der Gedanke des Rechts auf eine zweite Chance“ einen großen Einfluss auf die Beratungen innerhalb des Gremiums gehabt habe. Eine unabhängige Schlichtungsstelle soll zudem strittige Löschanfragen behandeln und somit Klagen vermeiden.

Das umstrittene Vorgehen, dass Betreiber von der Löschung betroffenen Seiten automatisch informiert werden, findet im Expertenrat wenig Anklang. Die umstrittene Frage, ob Löschanträge auf weltweit allen Google-Varianten umgesetzt werden sollen, ist allerdings auch unter den Beratern umstritten: Während die Mehrheit der Experten gegen eine weltweite Umsetzung stimmen, vertritt Ex-Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger die weltweite Löschung und verlangt vom EU-Gesetzgeber eine Klärung des Sachverhaltes.

Jimmy Wales ist gegen das „Recht auf Vergessenwerden“
Jimmy Wales ist gegen das „Recht auf Vergessenwerden“ (Bild: William Brawley, CC BY 2.0)

Der achtköpfige, externe Beirat setzt sich aus Experten aus den Bereichen Medien, Wissenschaft, Datenschutz, Technologie und Zivilgesellschaft zusammen und wurde zwei Monate nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Mai 2014 berufen. In ihm sind unter anderem die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und der Wikipedia-Gründer Jimmy Wales unentgeltlich tätig. Letzterer vertritt im Gremium eine absolute Minderheitsposition: Er kann mit dem „Recht auf Vergessenwerden“ generell wenig anfangen und sprach sich grundsätzlich gegen den, seiner Meinung nach, sehr schlechten europäischen Rechtszustand aus. Das EU-Parlament solle die bestehende Rechtslage so anpassen, dass der Meinungsfreiheit mehr Gewicht gegeben werde.

Seit der Einführung des Löschverfahrens Ende Mai 2014 sind über 210.000 Ersuchen bei Google eingegangen, 35.717 davon aus Deutschland. Europaweit löschte Google gut 40 Prozent aller beanstandeten URLs.

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