Samsung Gear VR im Test: Virtuelle Realität mit Kompromissen und Zwangspausen

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Andreas Schnäpp
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Fazit & Ausblick

Zweifelsfrei merkt man dem Gear VR in Sachen Content an, dass es sich um ein Produkt für Entwickler und Early Adopter handelt. Wer ein dicht gepacktes Unterhaltungsangebot erwartet, wird vorerst von der Anzahl der vollständigen Spiele und VR-Anwendungen enttäuscht werden. Dennoch lässt sich an dieser Stelle festhalten: „Mobile VR“ funktioniert. Vergleichsweise sanfte VR-Erlebnisse sorgen dafür, dass die erste Version des Gear VR als „Appetizer“ für das, was noch kommen wird, gesehen werden kann.

So lässt sich das aktuelle Softwareangebot innerhalb nur weniger Tage komplett erleben, woraufhin das Gear VR voraussichtlich in erster Linie als virtuelles Kino oder zu Demonstrationszwecken für VR-Neulinge genutzt wird. Das geschlossene App-Ökosystem von Oculus erweist sich dabei als zweischneidiges Schwert: Einerseits ist das Ziel gelungen, ausschließlich „komfortable“ VR-Erlebnisse für das Gear VR bereitzustellen. Angesichts der beschränkten Hardwareperformance von Smartphones ist das eine solide Leistung, die der VR-Bewegung auf lange Sicht gut tun wird. Andererseits wird Oculus in Zukunft noch beweisen müssen, wie gut und schnell sie den App-Zertifizierungsprozess aufrecht erhalten können, ohne dabei für lange Wartezeiten zwischen neuen Inhalten zu sorgen.

Die durch das kabellose Design gewonnene Mobilität birgt jedoch auch Nachteile: Als VR-Brille für den Konsum von Videospielen macht sich leider viel zu häufig die Hitzelimitierung des Galaxy Note 4 bemerkbar und sorgt für Zwangspausen. Spielsitzungen von 20 bis 35 Minuten bevor eine Hitzewarnung erscheint, lassen sich selbst bei rechenintensiven VR-Titeln nur zähneknirschend hinnehmen, wenn man als Spieler längere Sessions gewöhnt ist und das eigentliche Konzept von VR dazu einlädt, im Medium zu versinken. Spieleentwickler werden ihre Titel in Zukunft noch stärker optimieren müssen, um mit den strengen Temperaturrahmenbedingungen aktueller Smartphonearchitekturen eine gesunde Balance zwischen Hitzeentwicklung und angemessener Grafik sowie Performance zu gewährleisten.

John Carmack hat den Marktstart des Gear VR auf der GDC 2015 als „Soft-Launch“ beschrieben, andere würden es womöglich zynisch als Beta-Test am Kunden bezeichnen, doch das wäre in der Tat ungerecht: Samsung weist explizit auf die intendierte Zielgruppe für das Produkt hin und dieser Hinweis sollte auch beachtet werden. Wem die Idee des VR-Kinos zusagt, der wird auch auf absehbare Zeit Freude mit dem VR-Accessoire haben. In puncto Spielinhalte und VR-Erlebnisse sollte die „baldige“ Ausweitung des Bezahlangebots im Oculus Store für vielfältige Abwechslung sorgen.

Ansonsten lohnt es sich, abzuwarten. Die optimierte Gear-VR-Version für das Galaxy S6 / S6 Edge verspricht nützliche Detailverbesserungen, in erster Linie jedoch eine größere Nutzergruppe und damit mehr Anreize für Entwickler VR-Anwendungen für das Ökosystem bereitzustellen. Bis der „Mobile VR“-Stein richtig ins Rollen gerät und den Durchschnittsnutzer als Zielgruppe erreicht, müssen sich Interessierte laut Carmack noch bis zu Samsungs nächstem Produktzyklus (nach dem Galaxy S6) gedulden. Erst dann wird die Gear-VR-Plattform laut Carmack voraussichtlich die Bezeichnung der „Innovator Edition“ ablegen und sei bereit für einen breiten Consumer-Launch.

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