Linux-Wissen: Wem gehört das offene Betriebssystem?

Ferdinand Thommes
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Linux-Wissen: Wem gehört das offene Betriebssystem?
Bild: Shaddim | CC BY 2.0

Vor 24 Jahren rief Linus Torvalds das Betriebssystem Linux als „kleines Hobby“ ins Leben. Heute ist Linux ein globales Milliardengeschäft. Wem gehört das freie Betriebssystem heute und wer kann den Kurs bestimmen, den der Kernel nimmt? Ein kompakter Überblick.

Die Entwicklung des Kernels schreitet nichts weniger als rasant voran. Alle acht bis zehn Wochen erscheint ein neuer Kernel, mehr als sieben Patches werden pro Stunde angenommen, jeder Kernel der letzten Zeit brachte um die 10.000 Änderungen oder mehr mit sich. Doch wer leistet diese Arbeit?

Der Eindruck, Entwickler programmieren Linux in ihrer Freizeit, ist heute nur noch zu einem kleinen Teil korrekt. Über 80 Prozent der Kernel-Entwicklung wird heute von bezahlten Entwicklern geleistet, die dafür sorgen, dass die Produkte ihres Arbeitgebers Treiberunterstützung und sonstige Einbindung in Linux erfahren.

Der Anteil von unabhängigen Hobby-Programmieren am Kernel sinkt ständig und beträgt derzeit noch etwas über zwölf Prozent. Wer es in seiner Freizeit schafft, eine Änderung in den Kernel zu bekommen, wird in der Regel mit Jobangeboten überschüttet und rückt nicht selten in die gutbezahlte Riege der Kernel-Entwickler in Unternehmen auf.

An der Spitze der Unternehmen, die zum Kernel beitragen, lagen im Jahr 2014 Red Hat und Intel mit jeweils um die 10 Prozent Anteil an den eingebrachten Veränderungen. Red Hat konnte im Jahr 2014 einen Umsatz von 1,79 Milliarden US-Dollar mit dem Betriebssystem erwirtschaften. Auf den weiteren Plätzen folgen Linaro, Samsung, IBM, SUSE, Texas Instruments, Vision Engraving Systems, Google und Renesas. Rund ein Prozent der Kernel-Entwicklung wird derzeit von Huawei geleistet, deren Produkte in den USA, Großbritannien und Australien von den Listen der für Staatsaufträge zugelassenen Hersteller entfernt wurde, da es Vermutungen gibt, der Konzern stehe der chinesischen Regierung nahe und baue Backdoors in ihre Software ein.

Diese Bedenken sind beim Linux Kernel unnötig, denn kein Patch gelangt in den unveränderten Kernel auf kernel.org („Mainline-Kernel“), ohne dass er von mehreren Augenpaaren einer Untersuchung unterzogen wurde. Über die Aufnahme entscheidet noch heute in letzter Instanz Linus Torvalds. Ihm obliegt damit auch 24 Jahre nach der ersten Zeile Code noch immer die Entscheidungshoheit über sein System.

Damit können Unternehmen, egal wie viel Marktmacht sie darstellen oder wie viele Kernel-Entwickler sie beschäftigen, keinen direkten Einfluss auf die Entwicklung von Linux nehmen, wenn es Torvalds nicht gefällt. Sie können den Kernel eigenständig weiterentwickeln, müssen Veränderungen am Mainline-Kernel dann aber ebenfalls separat nachpflegen.

Weitere aktuelle Details und Hintergründe zur Pflege des Betriebssystems sind einem Bericht zu entnehmen, der allerdings erst nach Registrierung bei der Linux Foundation heruntergeladen werden kann.

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